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Packwise: Millionen Augen überwachen die globalen Lieferströme

Packwise-Gründer und -Vertriebschef Felix Weger zeigt eine "Smartcap"-Sensorbox fürs Container-Tracking. Foto: Heiko Weckbrodt

Packwise-Gründer und -Vertriebschef Felix Weger zeigt eine „Smartcap“-Sensorbox fürs Container-Tracking. Foto: Heiko Weckbrodt

In Europa ist das Dresdner IoT-Unternehmen mit seinen Sensorboxen schon Marktführer – bald geht’s nach Amerika

Dresden, 6. Oktober 2023. Weil die Nachfrage für Fracht-Ortungstechnik aus Sachsen international wächst, expandiert das Dresdner Unternehmen „Packwise“ (Eigenschreibweise: „Pack:wise“) im Jahr 2024 nach Nordamerika. Das hat Packwise-Mitgründer und Produktmanager-Chef Felix Weger angekündigt. „In Europa sind wir mit unserer Technik Marktführer“, sagt er. „Nun machen wir den nächsten Schritt.“ Wenn das Geschäft in den USA und in Kanada gut anlaufe, stehe danach der Weg nach Südamerika und später auch nach Asien offen.

Nachrüst-Sensorik für IBC-Behälter

Dazu muss man wissen: Das noch junge Unternehmen stellt Aufsteck-Sensorboxen her. Mit diesen „Smartcaps“ können Chemiefabriken, Lebensmittelproduzenten und Pharmariesen den Weg ihrer flüssigen Produkte um die Welt, den Zu- und Füllstand sowie viele weitere Daten rund um die Uhr per Funk überwachen. Das funktioniert mittlerweile so gut, dass viele namhafte Branchengrößen zu den Kunden der Dresdner gehören: das Marmeladen-Imperium Zentis beispielsweise, BASF Schwarzheide, Hakle und viele andere.

Packwise macht mit seinen Smartcaps solche IBC-Behälter nachträglich fit fürs Internet der Dinge: Die Sensoren überwachen Füllstand, Temperatur und Bewegungen, die Funkmodul senden die Daten dann zur Auswertung in die Rechnerwolken. Foto: Heiko Weckbrodt

Packwise macht mit seinen Smartcaps solche IBC-Behälter nachträglich fit fürs Internet der Dinge: Die Sensoren überwachen Füllstand, Temperatur und Bewegungen, die Funkmodul senden die Daten dann zur Auswertung in die Rechnerwolken. Foto: Heiko Weckbrodt

Millionen IBC-Behälter europaweit unterwegs

Das Konzept dahinter haben die drei Gründer Gesche und Felix Weger sowie Rene Bernhardt gemeinsam ertüftelt und das kam so: Seit Dekaden bereits transportiert die Industrie gerne allerlei Öle, Farben, Chemiegrundstoffe, Lösungsmittel, aber auch Säfte und andere Flüssigkeiten in sogenannten „Intermediate Bulk Containern“. Diese IBCs mag der eine oder andere vielleicht schon einmal an Verladerampen gesehen haben: Sie sind quaderförmig, 1,20 Meter hoch, haben einen Gittermantel und passen genau auf eine Euro-Palette. Nun kommt Felix Weger ins Spiel: Der Volkswirt arbeitete jahrelang bei einem etablierten IBC-Hersteller. Schnell merkte er, wieviel Mehrwert und Ersparnisse da noch schlummern, wenn man Produktion und Transport über das digitale „Internet der Dinge“ (IoT) vernetzt. „Und da sprechen wir nicht von kleinen Mengen: Jedes Jahr werden in Europa mindestens 20 Millionen IBCs befüllt.“

Die Packwise-Gründer Gesche Weger, Felix Weger (re) und Entwickler René Bernhardt (l.) mit einem Container, der mit ihrer Ortungstechnik aufgerüstet werden kann. Foto: Ronald Bonss für Packwise

Das Archivfoto zeigt die Packwise-Gründer Gesche Weger, Felix Weger (re) und Entwickler René Bernhardt (l.) mit einem Container, der mit ihrer Ortungstechnik aufgerüstet werden kann. Foto: Ronald Bonss für Packwise

BWLer und Informatiker taten sich als Gründer zusammen

2017 zogen er und seine Frau Gesche nach Sachsen, trafen hier den Informatiker Rene Bernhardt von der TU Dresden – und gründeten Packwise. Zusammen konstruierten sie eine kleine Aufsatzbox mit Sensoren, Funkmodul und Akku darin, die Füllstände und Positionen der Container sowie andere Informationen zur Auswertung an eine Rechnerwolke („Cloud“) schickt, in der eine Spezialsoftware die Daten für den jeweiligen Kunden statistisch aufbereitet.

Packwise-Mitgründer Rene Bernhardt misst die Spannung an einer Sensorbox aus. Foto: Heiko Weckbrodt

Smartcaps berichten, wo der Nachschub zur Neige geht und halten den Container-Kreislauf in Schwung

Dadurch können zum Beispiel Spezial-Chemielieferanten von Chipfabriken fortlaufend sehen, ob die Flüssigkeit zur Neige geht, wann sie leere Container wieder einsammeln können und dergleichen mehr. Letztlich spart dies nicht nur Kosten, sondern schont auch ein Stück weit die Umwelt. Denn mit Smartcaps ausgerüstete leere IBCs stehen kaum noch sinnlos in der Gegend herum, sondern werden gleich wiederverwendet. Diese bessere Auslastung senkt wiederum den Bedarf, neue Container aus Kunststoff herzustellen.

Nachrüst-Sensorik ermöglicht neue Geschäftsmodelle

„Auch neue Geschäftsmodelle wie ,pay per use’ sind damit möglich“, erklärt Weger. Gemeint ist: Chemie-, Pharma- oder Lebensmittel-Betriebe bieten an, ein eigenes Materiallager beim Kunden einzurichten. Die Packwise-Boxen messen und melden die Mengen, die die Arbeiter vom Kundenbetrieb entnommen haben – und der Klient muss nur genau so viel bezahlen, wie er tatsächlich verbraucht hat. Zudem lassen sich verbummelte Container durch die Ortungs-Boxen schnell wiederfinden.

„Wir waren die ersten“

„Wir waren damals die ersten, die mit so etwas auf den Markt kamen“, erinnert sich Weger. Inzwischen seien zwar auch Wettbewerber auf diesen Zug aufgesprungen – ohne allerdings den Abstand der Dresdner einzuholen, wie der Packwise-Produktmanager beteuert. Denn seit der Gründung vor sechs Jahren hat das wachsende Team die Smartcaps immer weiter verbessert: In den etwa seifendosen-großen Boxen stecken unter anderem Radarsensoren, die den Füllstand der Flüssigkeit genau messen können, ohne den Container zu öffnen. Andere Fühler messen Temperatur, Erschütterungen und andere Bewegungen.

Die "Smart Cap"-Funkelektronik von Packwise auf sogenannten "Intermediate Bulk Containern". Foto: Tobias Ritz für Packwise

Die „Smart Cap“-Funkelektronik von Packwise auf „Intermediate Bulk Containern“. Foto: Tobias Ritz für Packwise

Auch kombiniert Packwise in den Smartcaps das Satelliten-Navi-System GPS mit WLAN-Sender- und Funkmast-Ortung, damit sich der Container-Standort jederzeit genau ermitteln lässt. Die Auswerte-Elektronik in der Box haben die Konstrukteure auf ein Minimum beschränkt. Die meiste Rechenarbeit übernimmt die Packwise-Software in der Cloud. Die wiederum kann die Box über allerlei Frequenzen von LTE über „Narrowband IoT“ bis hin zum alten GSM-Handystandard anfunken – je nachdem, was gerade verfügbar ist. Und all diese Aufgaben haben die Entwickler auf sparsamen Betrieb getrimmt, so dass die Akkus in den Smartcaps mittlerweile fünf Jahre ohne Wechseln durchhalten.

„Haben uns in Sachsen sehr gut unterstützt gefühlt“

Ihre Führungsposition in Europa führen die Dresdner darauf zurück, dass sie Hard- wie Software selber entwickeln und produzieren. Dabei verlassen sie sich auch – wenn auch nicht ausschließlich – auf regionale Partner wie den Auftragsfertiger „Electronic Components Dresden“ (ECD). „Überhaupt haben wir uns hier in Sachsen sehr gut unterstützt gefühlt“, betont Weger. Dazu trugen Wagniskapital-Investitionen des Technologiegründerfonds Sachsen (TGFS) bei, auch staatliche Zuschüsse und „eine sehr motivierende und fördernde Atmosphäre hier im Land“, sagt Weger. „Dafür sind wir Sachsen sehr dankbar.“

In einer besonderen Weise will das Unternehmen dafür auch etwas zurückgeben: Durch jetzt anlaufende direkte Kooperationen mit der Verpackungsindustrie rechnet das Unternehmen mit einigen Wachstumsschüben – und die dürften Wertschöpfung und Technologiehoheit im Freistaat sichern: „In der Verpackungsindustrie ist das, was wir hier machen, die nächste große Innovationsstufe“, ist der Produktmanager überzeugt. „Da ist Dresden führend.“

Kurzüberblick

  • Firmenname: Packwise GmbH
  • Geschäftsfelder: Fracht-Ortungssysteme, Sensorboxen für das Internet der Container
  • Gründung: 2017
  • Belegschaft: 20 Beschäftigte
  • Mehr Infos im Netz: packwise.de

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Auskünfte Felix Weger, Packwise, Oiger-Archiv, DNN

Hinweis: Dieser Bericht ist ursprünglich in den Dresdner Neuesten Nachrichten erschienen.

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt