Alle Artikel in: Geschichte

Wirtschaftsgeschichte & Co.

Die Pestmasken der christlichen Nachbarn erinnern in "Golem Wiedergeburt" ein wenig an die Masken der Weltkriege oder aus "Starwars". Abb.: Sony

Wie hat der Schwarze Tod Europas Gen-Pool verändert?

Eva-Forscher Ringbauer aus Leipzig will durch Gen-Analysen von 500 Skeletten ermitteln, welche Erbanlagen das Wüten der Pest erleichterten Leipzig, 7. September 2024. Warum raffte die Pest im Spätmittelalter zwar Millionen in Europa dahin, „verschonte“ aber andere Menschen? Weshalb wütete sie in Europa im 14. Jahrhundert derart verheerend, während in Indien manchmal in Pestzeiten die Bevölkerungszahl sogar stieg? Antworten darauf kann womöglich die Genetik liefern, indem sie Zusammenhänge aus altem Erbgut und besonders hoher Sterblichkeit offenbart. Dr. Harald Ringbauer vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie (Eva) in Leipzig, der sich auf die Analyse alter Erbgutmoleküle („aDNS“) spezialisiert hat, will nun beispielhaft die Genome von 500 österreichischen Opfern des „Schwarzen Todes“ entschlüsseln und analysieren.

Titelbild: Eulenspiegel/ Rene Meyer: "Von Robotron bis Poly-Play"

„Robotron war größer als Apple, Commodore und Atari zusammen“

„Von Robotron bis Poly-Play“: René Meyer legt eine Computerkultur-Geschichte der DDR vor Über Jahre hinweg hat der Leipziger Journalist René Meyer zur Geschichte der Computertechnologien in der DDR recherchiert. Nun publiziert er die daraus gewonnenen Befunde unter dem Titel „Von Robotron bis Poly-Play“ als reich illustriertes Sachbuch. Meyer beschreibt darin Technik und Hintergründe von Rechnern und Software aus dem DDR-Computerkombinat Robotron, aber auch anderen Staatsbetrieben, die teils ebenfalls solche Technik gebaut haben. Zudem wirft er einen Blick über die „ernsthaften“ und staatstragenden Anwendungen dieser Technologien hinaus auf Videospiele, Heimcomputer-Clubs und Science Fiction in der DDR.

Rolf Heinemann: „Eine Lebensgeschichte zwischen Sport und Robotron“, Umschlagfoto von Robotron / Rohnstock-Verlag

„Aus dem Osten nehmen wir nichts“

In seiner „Lebensgeschichte zwischen Sport und Robotron“ verrät Rolf Heinemann seine Erfolgsrezepte in der DDR und als sächsischer Software-Unternehmer nach der Wende Dresden. Was haben Software-Entwicklung, Sport und Unternehmertum gemein? „Durchhaltevermögen beweisen, wie beim Bergsteigen“, ist sich Rolf Heinemann sicher – und er muss es wissen: Jahrelang baute er gemeinsam mit Kollegen im DDR-Computerkombinat „Robotron“ eine Software-Sparte auf, war gleichzeitig Orientierungsläufer, Bergsteiger und Ski-Fahrer, gründete nach der Wende eine eigene Datenbank-Firma, die er zusammen mit seinen Söhnen bis auf rund 500 Beschäftigte und 64 Millionen Euro Umsatz hochpäppelte. Nun hat der mittlerweile 87-jährige Senior-Unternehmer „Eine Lebensgeschichte zwischen Sport und Robotron“ als Autobiografie publiziert.

Auch das Kombinat Carl Zeiss Jena spezialisierte sich zunehmend auf Ausrüstungen für die Chipproduktion. Hier ein Blick auf ein Exponat der "CoolX"-Ausstellung in Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Zeiss-Kombinat wollte zum Anbieter ganzer Chipfabriken aufsteigen

Aufträge kamen aus Schwellenländern und Ostblock – doch im Westen konnte Staatsbetrieb nicht gegen Meißner + Wurst punkten Jena/Dresden, 5. Juli 2024. Obwohl das DDR-Technologiekombinat Carl Zeiss Jena ohnehin Mühe hatte, auch nur die Pilotfabrik für 1-Megabit-Speicherchips in Dresden mit den nötigen Hightech-Fertigungsanlagen auszurüsten, wollte Generaldirektor Wolfgang Biermann 1987 gleich am ganz großen Rad drehen: Der staatliche Optikbetrieb sollte ein globaler Anbieter von schlüsselfertigen kompletten Chipfabriken werden – und damit Branchenriesen wie dem westdeutschen Ausrüster „Meißner + Wurst“ (heute: „Exyte“ genannt) Konkurrenz machen.

Benno B. Thorsch 1921 in Dresden-Pillnitz. Foto: TSD, Schenkung Thorsch, Santa Barbara

Kamerapionier Benno Thorsch wieder im Gedächtnis von Dresden verankern

Technische Sammlungen zeigen Ausstellung über fast vergessenen Innovator Dresden, 22. Juni 2024. Mit einer neuen Ausstellung wollen die „Technischen Sammlungen Dresden“ (TSD) ein fast vergessenes Kapitel der Dresdner Kameraindustrie wieder ins kollektive Bewusstsein der Stadt zurückholen: „Dresden – Los Angeles“ erzählt die Geschichte von Benno B. Thorsch (1898 – 2003), der die hiesige Branche jahrelang mitprägte, dann aber wegen seiner jüdischen Wurzeln Deutschland verlassen musste. Möglich wurde die Exposition, weil die Familie Thorsch dem Striesener Technikmuseum den unternehmerischen Nachlass des Gründers vermacht hat. Darunter sind Dokumente, Fotografien, persönliche Erinnerungsstücke, originale Filme und eine von Fritz Maskos 1934 geschaffene Bronzebüste.

Einst war er hier Brikett-Stanzer, nun Museumserklärer: Frank Arnold in der Energiefabrik Knappenrode. Foto: David Brandt via LHD/TSD

Wie aus dem Brikett-Stanzer ein Museumsführer wurde

Sonderschau „Industriegeschichten“ über ein zweites Leben in abgewickelten DDR-Betrieben Dresden, 23. Mai 2024. Über zwei Jahrzehnte rackerte Frank Arnold in der Brikettfabrik Knappenrode, stand Tag und Nacht an der Brikettpresse, im Drei-Schicht-Betrieb. Die Arbeit war sein Leben. Dann, eines Tages nach der Wende, kam er zur Schicht – und da wurde ihm eröffnet: Du wirst nicht mehr gebraucht, die Anlage wird stillgelegt. „Da bin ich zusammengeklappt, geheult… Auf einen Schlag war Schluss.“ So wie Frank Arnold ging es Hunderttausenden in der ehemaligen DDR: Erst die Freude über die errungene Freiheit von den Kommunisten – und dann schlossen die Betriebe reihenweise. Was dieser Transformationsprozess im Zeitraffer für den einzelnen Menschen bedeutete, haben die Kulturwissenschaftlerin Cornelia Munzinger-Brandt und der Fotograf David Brandt in zwei Dutzend biografischen Foto-Filmen aufgenommen, komprimiert – und präsentieren das Ergebnis nun als Sonderausstellung „Industriegeschichten“ in den Technischen Sammlungen Dresden (TSD).

Die Grafik veranschaulicht die Methode, mit der sich per Protonenstrahl Silizium-Karbid-Wafer auf Jahrhunderte mit Daten kodieren lassen. ie Informationen werden mit einem fokussierten Ionenstrahl in optisch aktive atomare Defekte geschrieben (links) und mit Hilfe der Kathodolumineszenz oder Photolumineszenz (rechts) gelesen. Grafik: M. Hollenbach und H. Schultheiß via HZDR

Daten sichern für Jahrhunderte: Helmholtz Dresden entwickelt neue Speichermethode

Protonenstrahlen kodieren Daten über Generationen hinweg in Siliziumkarbid-Wafer Dresden, 4. April 2024. Ein internationales Forscherteam um Dr. Georgy Astakhov vom Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) entwickelt derzeit eine neue Langzeit-Datenspeichertechnologie auf Siliziumkarbid-Basis, die das Zeug hat, wichtige digitale Aufzeichnungen unserer Zeit über Jahrhunderte hinweg sicher aufzubewahren – und nicht nur für wenige Dekaden oder gar nur Jahre wie heutige Festplatten oder CDs. „Unsere Beobachtungen deuten auf eine Mindest-Archivierzeit von einigen Generationen hin“, informiert Astakhov.

Heimcomputer von Commodore. Foto: Heiko Weckbrodt

IF Vergangenheit$ = „Basic“ THEN GOTO Gottkomplex?

Olde Hansen untersucht in „Von BASIC zur IT-Crowd“ die Nachwirkungen der Heimcomputer-Ära in Ost und West Haben Heimcomputer und die darin integrierte Anfänger-Programmiersprache „Basic“ den Boden für die digitale Transformation bereitet, die wir jetzt gerade beschleunigt beobachten? Oder vertiefte womöglich der – gerade in der DDR – sehr selektive Zugang zu Heimcomputern eher die „digitale Kluft“, von der später so oft die Rede waren? War der Heimcomputer doch nur ein Spielzeug für dilettantische Digital-Heimwerker oder waren die Basic-Auskenner der 1980er die Hacker-Könige der Nuller Jahre? Mit diesen und verwandten Fragen setzt sich der Berliner Historiker und Programmierer Olde Hansen in seinem neuen Buch „Von BASIC zur IT-Crowd. Eine kleine Geschichte des Programmierens mit BASIC in Deutschland“ auseinander, das er nun im Eigenverlag veröffentlicht hat.

Archivaufnahme mit dem Grabstein der "152"-Besatzungsmitglieder. Foto: IG Luftfahrt 152

Vor 65 Jahren zerschmetterte DDR-Traum vom Fliegen

IG und Friedhof erinnern mit Kranz und Stele an den Absturz der „152“ Dresden, 4. März 2024. 65 Jahre nach dem Absturz des DDR-Düsenflugzeugs 152 legt die „Interessengemeinschaft Luftfahrt Dresden 152“ heute auf dem Klotzscher Friedhof einen Kranz für die damals tödlich verunglückten Besatzungsmitglieder nieder. Das hat die IG mitgeteilt. Der Absturz des Versuchsflugzeugs „152/ I V1“ am 4. März 1959 läutete das Ende der ambitionierten DDR-Pläne ein, eine eigene Flugzeugbau-Industrie zu etablieren.

Zwei der Fotos von Breslauer Deportationen, die nun wiedergefunden worden sind. Repro: Landesverband Sachsen der Jüdischen Gemeinden; Collage: Freie Universität Berlin

Breslauer Deportations-Fotos in Dresden wiedergefunden

Aufnahmen zeigen jüdische Männer, Frauen und Kinder kurz vor der Ermordung Breslau/Dresden/Berlin, 26. Januar 2024. Forscher aus Sachsen und Berlin haben in Dresden bisher unbekannte Fotos von der Deportation Breslauer Juden während der Nazi-Zeit wiederentdeckt. Das geht aus einer Mitteilung der FU Berlin und des Forschungsverbundes „#LastSeen. Bilder der NS-Deportationen“ hervor.

Zeitzeugen-Wissen als „tragende Säulen der Industriekultur“ sichern

Landesverband Industriekultur Sachsen plädiert für weitere Befragungen Chemnitz/Dresden, 14. Januar 2024. Zeitzeugenberichte aus DDR-Betrieben sollten noch stärker als bisher erfragt und für die Nachwelt dokumentiert werden. Dafür plädiert der „Landesverband Industriekultur Sachsen“ (IKU) in seinem Ausblick für das Jahr 2024.

Zeitzeuge Ngoc Hanh Dao besucht mit seinem Sohn die Pentacon-Ausstellung "Bis zum bitteren Ende" in den Technischen Sammlungen Dresden. Foto: Anja Schneider für die TSD

Das Ende von Pentacon und der Blick auf Lebensbrüche

Ausstellung „Bitteres Ende“ in den Technischen Sammlungen Dresden wartet mit Interviews und Geschichten zum VEB Pentacon um 1989 auf Dresden, 5. Januar 2024. Wer heute mehr will als nur die eingebauten Bildsensoren im omnipräsenten Smartphone und sich eine „richtige“ Kamera kauft, landet eher oder später meist bei den Japanern: bei Canon, Nikon, Sony & Co. Für Liebhaber besonderer Qualitätsfotografie gibt es noch Leica aus Wetzlar – aber das war es dann auch schon mit den deutschen Herstellern, wenn man einmal die Industriekameratechnik beiseite lässt. Dies war vor dem Aufbruch ins Digitalzeitalter ganz anders, da gehörten deutsche Unternehmen zu den führenden Kameraproduzenten weltweit. Dazu zählten die Ernemannwerke und Zeiss Ikon in Dresden, aus denen zu DDR-Zeiten die für ihre Spiegelreflex-Kameras berühmten Pentacon-Werke wurden. Eine Sonderausstellung in der Striesener Pentacon-Betriebsstätte – den heutigen Technischen Sammlungen Dresden – erzählt nun in Zeitzeugen-Berichten vom „Bitteren Ende“ der lange Zeit strukturprägenden Kameraindustrie in Dresden.

Eine Rechenanlage "Robotron 300" in den Technischen Sammlungen Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Bezirksrechenzentren sollten in DDR für Digitalisierungs-Schub sorgen

Leitbeschluss vor 60 Jahren – später wurde aus dem VEB Maschinelles Rechnen das „Kombinat Datenverarbeitung“ Berlin/Dresden, 3. Januar 2024. Vor 60 Jahren starteten die ostdeutschen Wirtschaftslenker in Berlin einen wichtigen Anlauf, um die weltweiten Umwälzungen hin zu elektronischen Computern und digitalen Lösungen auch in der DDR systematisch anzugehen: Zum Jahreswechsel 1963/64 beschloss der SED-geführte Ministerrat ein Bündel aus „Sofortmaßnahmen zur Entwicklung der Datenverarbeitung“. Einige davon wurden in den Folgejahren realisiert. Andere scheiterten an Ressourcenmangel, wegen des Machtwechsels von Ulbricht zu Honecker, teils aber auch in Reaktion auf neue Trends.

So oder so ähnlich könnten die Befestigungen von Siedlungen wie Amnya ausgesehen haben. Visualisierung: Dall-E

8000 Jahre alt: Älteste Festung der Welt entdeckt

Sibirische Fischer legten in Amnya bereits vor den ersten Bauern komplex befestigte Siedlungen an Amnya/Berlin, 6. Dezember 2023. Deutsche und russische Archäologen haben in Sibirien die älteste bisher bekannte Festung der Welt entdeckt: Die Siedlung Amnya wurde anscheinend bereits vor rund 8000 Jahren von Jägern und Sammlern befestigt. Es handele sich um eine „bahnbrechende archäologische Entdeckung“, schätzen Forscher und Forscherinnen der Freien Universität (FU) Berlin ein, die die Ausgrabungen geleitet hatte.