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Vor 65 Jahren zerschmetterte DDR-Traum vom Fliegen

Archivaufnahme mit dem Grabstein der "152"-Besatzungsmitglieder. Foto: IG Luftfahrt 152

Archivaufnahme mit dem Grabstein der „152“-Besatzungsmitglieder. Foto: IG Luftfahrt 152

IG und Friedhof erinnern mit Kranz und Stele an den Absturz der „152“

Dresden, 4. März 2024. 65 Jahre nach dem Absturz des DDR-Düsenflugzeugs 152 legt die „Interessengemeinschaft Luftfahrt Dresden 152“ heute auf dem Klotzscher Friedhof einen Kranz für die damals tödlich verunglückten Besatzungsmitglieder nieder. Das hat die IG mitgeteilt. Der Absturz des Versuchsflugzeugs „152/ I V1“ am 4. März 1959 läutete das Ende der ambitionierten DDR-Pläne ein, eine eigene Flugzeugbau-Industrie zu etablieren.

Neuer QR-Code führt zur Historie der DDR-Luftfahrtindustrie

„Das Motto auf dem Gedenkstein des Ehrengrabes ,Ihr Leben diente dem technischen Fortschritt’ erinnert an die Wurzeln der modernen Luftfahrtindustrie in Sachsen“, betonen die IG-Vertreter. Daher werde das Grab nun durch eine Stele ergänzt, von der aus ein durch Mobiltelefone lesbarer QR-Code zu Internetseiten über die Historie der Dresdner Flugzeuglegende ‘152‘ führe.

Ehemalige Junkers-Ingenieure bauten erstes deutsches Strahl-Verkehrsflugzeug in Dresden

Die DDR-Staatspartei SED unter Walter Ulbricht hatte ehemalige Junkers-Ingenieure angeheuert, die in der Nachkriegszeit zunächst Flugzeuge für die Sowjetunion konstruieren mussten und danach ein erstes deutsches strahlgetriebenes Verkehrsflugzeug in Dresden-Klotzsche entwickeln und bauen sollten. Das Kollektiv um Brunolf Baade brachte mit der 152 zwar ein solches Flugzeug in die Luft. Aber es blieb bei fehlerbehafteten und kommerziell wenig sinnvoll konstruierten Einzelanfertigungen, die wohl noch Jahre gebraucht hatten, bis sie für den Linienbetrieb reif gewesen wären. Zudem verlor der potenzielle Hauptabnehmer neben der DDR selbst, eben die Sowjetunion, zunehmend das Interesse an dem ostdeutschen Jet. Auch offenbarte sich für die Berliner Wirtschaftslenker immer mehr, welche komplexen Zulieferketten für den Düsenflieger-Bau aufzubauen waren, der Triebwerkbau in Pirna verzögerte sich ebenfalls. Der Absturz löste daher schließlich – mit einigen Verzögerungen – die Entscheidung der SED-Spitze aus, die eben erst aufgebaute DDR-Luftfahrtindustrie zu großen Teilen wieder einzustampfen.

Trotz Misserfolg: Nachwirkungen bis heute

Dennoch hatte das Großprojekt 152 langfristig positive Auswirkungen für die Industriestruktur im Raum Dresden: Einerseits begünstigten die Weichenstellungen nach dem Aus für den Flugzeugbau wiederum den Aufbau der Mikroelektronikindustrie in Sachsen, die heute zu den strukturbestimmenden Branchen im Freistaat gehört. Außerdem wickelten die sozialistischen Wirtschaftsplaner die Flugzeugwerke in Dresden nicht vollends ab, sondern beauftragte sie unter anderem mit Instandhaltungen. Aus dieser Traditionslinie entstand nach der Wende eine Vielzahl kleinerer und mittlerer Luftfahrtbetriebe in Sachsen.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: IG Luftfahrt Dresden 152, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt