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Sachsens Umweltminister will nun auch für Solarindustrie mehr Subventionen

Solaranlage. Foto: Heiko Weckbrodt

Solaranlage. Foto: Heiko Weckbrodt

Milliarden-Zuschüsse für Chipfabriken wecken auch Begehrlichkeiten für andere Branchen

Dresden, 17. Juni 2023. Nach den Milliarden-Subventionen für Mikroelektronik, Akkubranche und Wasserstoffwirtschaft wachsen nun auch die Begehrlichkeiten für weitere Industriezweige. So fordert Sachsens grüner Umweltminister Wolfram Günther nun eigene staatliche Förderprogramme für die mitteldeutsche Solarindustrie. Das geht aus einer Mitteilung seines Ministeriums hervor.

Nachdem indirekte Subventionen wegfielen, kollabierte deutsche Solarindustrie

Hintergrund: Deutschland hatte die eigene Solarindustrie bereits jahrelang durch das Erneuerbare-Energie-Gesetz (EEG), verpflichtende Einspeise-Vergütungen und Ökostromumlage indirekt subventioniert. Dies trieb die deutschen Strompreise, die heute zu den höchsten weltweit zählen, immer mehr nach oben. Schließlich befand der Bund, es sei Zeit für die Solarbranche, auch aus eigener Kraft überlebensfähig zu werden – und kürzte die Umlagen schrittweise. Daraufhin kollabierte die deutsche Photovoltaik-Industrie, die es anders als die chinesische Konkurrenz versäumt hatte, ihre Produktion ausreichend zu automatisieren, hoch zu skalieren und selbst Kosten zu senken. In der Folge ging 2012 bis 2018 ein Großteil der Solarzellen- und -modulfabriken in Sachsen und Mitteldeutschland pleite.

Wolfram Günther. Foto: Pawel Sosnowski für die Sächsische Staatskanzlei

Wolfram Günther. Foto: Pawel Sosnowski für die Sächsische Staatskanzlei

Günther: Frühere Regierungen haben Solarindustrie abgewürgt

Umweltminister Günther sieht die damalige Solarkrise in der Bundesrepublik freilich ganz anders: „In den 2010er Jahren gab es einen beispiellosen, völlig unnützen Kahlschlag der hiesigen Solarindustrie“, erklärt er. „Die Verantwortung dafür tragen die damaligen Bundesregierungen. Sie haben eine Zukunftstechnologie ohne Not abgewürgt und uns in eine fatale einseitige Abhängigkeit von Herstellern aus Ostasien gebracht.“

Blick in die Solarmodul-Produktion bei Solarwatt Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Blick in die Solarmodul-Produktion bei Solarwatt Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Eine kleine, selbsttragende Renaissance

Inzwischen gibt es leichte Erholungstendenzen in der mitteldeutschen Photovoltaik-Industrie: Unternehmen wie „Solarwatt“, die damals durch den BMW-Milliardär Stefan Quandt gerettet worden sind, haben sich inzwischen spezialisiert und umprofiliert. Innovatoren wie die Dresdner Uni-Ausgründung „Heliatek“ nähern sich mit ihren organischen Solarfolien endlich der Massenproduktion. Zudem sorgen die starke nationale und internationale Nachfrage für Solartechnik, technologische Fortschritte, höhere Energieausbeute und damit auch niedrige Stromproduktions-Kosten dafür, dass sich Photovoltaik auch ohne Subventionen wieder lohnt, wenn das betriebswirtschaftliche Konzept der Hersteller, Installateure und Anwender durchdacht ist.

Ein letzter prüfender Blick, bevor die Serienproduktion in der neuen Solarmodul-Fabrik von Meyer Burger in Freiberg startet. Foto: Meyer Burger

Ein prüfender Blick in der Solarmodul-Fabrik von Meyer Burger in Freiberg. Foto: Meyer Burger

Panik nach Brief an Bundesfinanzminister

Hinzu ist nun aber eine besondere Entwicklungslinie in Mitteldeutschland gekommen. Denn „Meyer Burger“ ist 2021 in die massenhafte Zell- und Modulproduktion eingestiegen. Der Schweizer Anlagenbauer reaktivierte dafür stillgelegte Fabriken von Q-Cells in Thalheim und Solarworld in Freiberg. Ursprünglich wollen die Eidgenossen die Kapazitäten recht rasch im Gigawatt-Maßstab ausbauen. Seit die Amerikaner aber über ihr Konjunkturpaket „Inflation Reduction Act“ (IRA) mit hohen Subventionen locken, liebäugelt „Meyer Burger“ nun damit, seine Produktionskapazitäten lieber in den USA auszubauen. Und laut einem ZDF-Bericht sollen die Schweizer in einem Brief an Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sogar gedroht haben, eigentlich für Mitteldeutschland geplante Fabrikausbauten lieber in den USA zu tätigen, wenn sie von Berlin nicht ähnlich hohe Zuschüsse wie aus Washington bekommen.

Der sächsische Umwelt- und Energieminister Wolfram Günther (rechts) und "Meyer Burger"-Chef Gunter Erfurt zeigen im Werk Freiberg Proben der neuen, hocheffizienten Heterojunction“-Solarzellen. Foto: Heiko Weckbrodt

Das Archivfoto von 2021 zeigt den sächsischen Umwelt- und Energieminister Wolfram Günther (rechts) und „Meyer Burger“-Chef Gunter Erfurt im Werk Freiberg. Foto: Heiko Weckbrodt

Sachsen verhandeln mit EU, um Solar zur Schlüsseltechnologie hoch zu stufen

Das hat nun auch den sächsischen Umweltminister aufgeschreckt, der die „Meyer Burger“-Ansiedlung im Freistaat beizeiten begleitet hatte. „Wir brauchen jetzt schnell die passenden Förderinstrumente, einen Schub, damit unsere Solarindustrie richtig skalieren kann, richtig wachsen kann“, argumentiert Günther. „Das ist wichtig, weil wir die Energiewende schaffen müssen und weil Europa energiesouverän werden muss. Das Ökosystem, das es in Sachsen gibt, ist europaweit einzigartig. Es wäre eine völlig vertane Chance, das nicht zu nutzen.“ Sachsen verhandele seit Monaten mit Brüssel, die mitteldeutsche Solarbranche als Schlüsselindustrie ähnlich der Mikroelektronik einzustufen. Dann könnten Bund und Land solche PV-Unternehmen wie eben „Meyer Burger“ künftig hoch bezuschussen.

Der Minister stellt sich dabei Ähnliches vor, wie es die Trump-Regierung („America First“) und dann auch die Biden-Administration auf die Beine gestellt hatten, um Industrien aus Asien, Europa und anderen Weltgegenden zu Gunsten der USA abzuwerben. „Wir brauchen für die sächsische und mitteldeutsche Solarindustrie eine adäquate und vor allem schnelle Antwort auf den Inflation Reduction Act der US-Regierung“, fordert nun Günther.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: SMEKUL, Oiger-Archiv, Verivox, ZDF, Meyer Burger

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt