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IDTechEx: Elektrolyseure wachsen zum Multi-Milliarden-Markt

Der klassische Weg, Wasserstoff zu erzeugen, ist die Zerlegung von Wasser in Wasser- und Sauertoff. Hier zu sehen ist eine vom Fraunhofer-Institut ISE nachgebaute Wasserelektrolyse-Messzelle (Nachbau) aus transparentem Kunststoff. In Görlitz soll nun ein Labor für Wasserstofftechnologien auf dem Siemens-Campus entstehen. Foto: Fraunhofer ISE

Der klassische Weg, Wasserstoff zu erzeugen, ist die Zerlegung von Wasser in Wasser- und Sauertoff. Hier zu sehen ist eine vom Fraunhofer-Institut ISE nachgebaute Wasserelektrolyse-Messzelle (Nachbau) aus transparentem Kunststoff. Foto: Fraunhofer ISE

Analysten rechnet mit 48 Prozent Umsatzplus pro Jahr

Cambridge, 5. April 2021. Der Weltmarkt für Elektrolyseure wird in dieser Dekade stark wachsen und dann mehrere Milliarden Euro Umsatz pro Jahr generieren. Das hat das Marktforschungsunternehmen „IDTechEx“ aus Cambridge prognostiziert. Demnach ist damit zu rechnen, dass die Umsätze mit solchen Anlagen, die aus Wasser und Strom Wasserstoff und Sauerstoff erzeugen, jährlich um durchschnittlich 48 Prozent zulegen.

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IDTechEx rechnet mit einem steilen Wachstum der Elektrolyseur-Neuinstallationen (rosa Balken) und des damit erzielten Marktvolumens (hellblaue Linie). Die Werte hat das Unternehmen in dieser Grafik nicht eingetragen, damit jemand ihren Report kauft. Grafik: IDTechEx

IDTechEx rechnet mit einem steilen Wachstum der Elektrolyseur-Neuinstallationen (rosa Balken) und des damit erzielten Marktvolumens (hellblaue Linie). Die Werte hat das Unternehmen in dieser Grafik nicht eingetragen, damit am Ende noch jemand ihren Report kauft. Grafik: IDTechEx

Industrie lassen sich einfach kaum elektrifizieren

Die starke Nachfrage für Wasserstoff werde „durch die Tatsache angetrieben, dass es unmöglich ist, einige der umweltschädlichsten Sektoren, einschließlich der Stahl-, Ammoniak- und Glasindustrie, zu elektrifizieren“, erklären die Analysten die Hintergründe. Zwar könne Wasserstoff wie bisher auch relativ preiswert durch das sogenannte „Steam Methane Reforming“ (SMR, deutsch: Dampfreformierung) gewonnen werden. Allerdings sei diese Methode alles andere als klimafreundlich: Bei Dampfreformierung aus Methan entstehen rund zehn Kilogramm Kohlendioxid für jedes erzeugte Kilogramm Wasserstoff.

Impulse durch „Green Deal“ der EU erwartet

Daher gehe der Trend klar in Richtung der Wasserstoff-Erzeugung durch Elektrolyseure, die ihren Strom aus Solar- oder Windkraftwerken beziehen. Auch das Klimaschutzprogramm „Green Deal“ der EU ziele in diese Richtung, betonen die IDTechEx-Analysten Luke Gear, Dr. Michael Dent, Dr. David Wyatt und Daniele Gatti in ihrem Branchenbericht „Green Hydrogen Production: Electrolyzer Markets 2021-2031“.

Das Herzstück eines Elektrolysators ist - ähnlich wie bei der Brennstoffzelle - ein Plattenstapel, auch "Stack" genannt. Foto: ITM Power

Das Herzstück eines Elektrolysators ist – ähnlich wie bei der Brennstoffzelle – ein Plattenstapel, auch „Stack“ genannt. Foto: ITM Power

3 Elektrolyseur-Technologien konkurrieren

Innerhalb des Elektrolyseur-Marktes gibt es drei konkurrierende technologische Ansätze: Die stromgespeiste Wasserspaltung durch alkalische Elektrolyseure, Protonenaustauschmembran-Systeme (PEM) und Festkörper-Elektrolyseure (SOEL). Alkali-Elektrolyseure gibt es bereits seit den 1920er Jahren, sie sind vergleichsweise günstig in der Anschaffung, allerdings auch nicht besonders effizient. Bessere Wirkungsgrade erreichen die PEM-Systeme und noch höhere die SOFC-Systeme. Weil letztere aber bei hohen Temperaturen zwischen 600 und 850 Grad arbeiten statt nur 50 bis 90 Grad wie die anderen Systeme, sind die teurer in der Herstellung, brauchen hitzebeständige Materialien und müssen auch vorgeheizt werden. Daher sind SOEC-Systeme noch nicht im breiten kommerziellen Einsatz. PEM und Alkali-Technologie teilen sich derzeit noch den Markt. Die jüngst angekündigten neueren Großelektrolyseure wie beispielsweise das System von Linde Dresden in Leuna basieren bereits meist auf der PEM-Technologie.

Der Großelektrolysator in Leuna soll mit 24 Watt Leistung das weltweit größte Wasserzerlegungssystem auf PEM-Basis sein. Die Anlage misst laut Projektkoordinator Holger Kittelmann 50 mal 75 Meter. Blau sind in dieser Visualisierung die je 2 Megawatt starken und gekoppelten Elektrolyse-Module zu sehen. Daran werden Trafos und Gleichrichter (organge) angedockt. Rechts daneben sind Wasser-Aufbereitung, Kühlwasser-Versorgung, Sauerstoff-Ableitung, und Wasserstoff_entfeuchter zu sehen. Visualisierung: ITM Linde ( Linmde Engineering

Der Linde-Großelektrolysator in Leuna soll mit 24 Watt Leistung das weltweit größte Wasserzerlegungssystem auf PEM-Basis sein. Die Anlage misst laut Projektkoordinator Holger Kittelmann 50 mal 75 Meter. Blau sind in dieser Visualisierung die je 2 Megawatt starken und gekoppelten Elektrolyse-Module zu sehen. Daran werden Trafos und Gleichrichter (organge) angedockt. Rechts daneben sind Wasser-Aufbereitung, Kühlwasser-Versorgung, Sauerstoff-Ableitung, und Wasserstoffentfeuchter zu sehen. Visualisierung: ITM Linde ( Linmde Engineering

Trend geht weg von Dampfreforming und Alkali hin zu PEM- und Hochtemperatur-Elektrolyse

Auch IDTechEx rechnet damit, dass sich PEM- und Hochtemperatur-Elektrolyseure in den nächsten Jahren immer mehr durchsetzen werden. Das liegt nicht zuletzt an den ehrgeizigen Ausbau-Plänen der EU, die effizientere und umweltfreundlichere Lösungen als das Dampfreforming oder die energetisch ungünstigen Alkali-Systeme befördern dürften. Laut den Plänen aus Brüssel sollen die EU-Staaten bis 2024 Elektrolyseure mit einer Gesamtleistung von mindestens sechs Gigawatt installieren, 2030 sollen es bereits mindestens 40 Gigawatt sein. Hochfliegende politische Ansagen und die Niederungen der Praxis sind zwar nicht unbedingt das gleiche, wie beispielsweise die unerfüllten Mikroelektronik-Ziele der EU oder die Elektroauto-Ziele von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in den vergangenen Jahren erneut gezeigt haben. Zudem dürften gerade in Deutschland die hohen Strompreise den Ausbau der Elektrolyse-Kapazitäten deutlich ausbremsen.

Viele Länder interessiert an neuer Wasserstoffwirtschaft

Das „Green Deal“-Programm wird aber wahrscheinlich dennoch für Fördermittel-Flüsse sorgen und genug Nachfrage erzeugen, damit die Elektrolyseur-Hersteller mehr Kapazitäten aufbauen und die noch jungen Technologiestränge wie SOEL verbessern können. Zudem sind in diesem Sektor nicht allein die EU-Staaten aktiv, sondern auch Länder wie Australien, Chile, Japan, Südkorea, Kanada, Saudi-Arabien und Norwegen. Einige davon haben dank großer Wasser- und Solarkraftwerke weit günstigere Strompreise als Deutschland, was wiederum den Aufbau großer Elektrolyseur-Kapazitäten lukrativer macht.

Garniert mit vielen Schlagworten zeigt diese Visualisierung den entstehenden Wasserstoff-Innovationscampus von Fraunhofer und Siemens in Görlitz. Ein wichtiger Baustein dafür soll das "Hydrogen Lab Görlitz" werden. Visualisierung: Siemens/FHG

Garniert mit vielen Schlagworten zeigt diese Visualisierung den entstehenden Wasserstoff-Innovationscampus von Fraunhofer und Siemens in Görlitz. Ein wichtiger Baustein dafür soll das „Hydrogen Lab Görlitz“ werden. Visualisierung: Siemens/FHG

Auch Sachsen will in der 1. Liga mitspielen

In der Bundesrepublik erstarkt allerdings – auch dank staatlicher Förderung – die Forschung, Entwicklung und Herstellung neuer Elektrolyseur und anderer Wasserstoffsysteme. In jüngere Zeit etablieren sich hier insbesondere mitteldeutsche Netzwerke wie „Hypos“ und „HZwo“, entstehen aber auch neue Forschungseinrichtungen zum Beispiel in der Lausitz.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: IDTechEx, EU, Oiger-Archiv

Zum Weiterlesen:

Linde Dresden baut Großelektrolyseur in Leuna

Mehr Schutz für Wasserstoff-Autos

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt