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Taiwan richtet Chipdesign-Ausbildung in Prag ein

Schaltkreis-Kontrolle im Namlab Dresden. Foto (bearbeitet): Heiko Weckbrodt

Schaltkreis-Kontrolle im Namlab Dresden. Foto (bearbeitet): Heiko Weckbrodt

Wächst „Silicon Saxony“ zum „Silicon Middle Europe“?

Prag/Taipeh/Dresden, 16. April 2024. Wächst „Silicon Saxony“ bald zu einer mitteleuropäischen Mikroelektronik-Region, die von Erfurt bis Breslau und Prag reicht? Die Indizien mehren sich: Nach den jüngsten Investitions-Entscheidungen von Intel und TSMC für Sachsen-Anhalt, Schlesien und Sachsen hat nun die Halbleiter-Supermacht Taiwan nun auch Pläne für die tschechische Hauptstadt avisiert. Demnach will der nationale Wissenschafts- und Technologierat („National Science and Technology Council“, kurz: NSTC) des Inselstaats angekündigt, in Prag ein ein Ausbildungszentrum für Schaltkreis-Design einzurichten. Damit würden die Taiwanesen erstmals solch eine Ausbildungsstätte im Ausland etablieren. Das geht aus einer Meldung der Nachrichtenagentur „Focus Taiwan“ hervor.

Zentrum soll zunächst 100 Chipdesigner für Aktivitäten von TSMC & Co. in Europa ausbilden

Das Zentrum soll demnach bereits im September betriebsbereit sein und in der Anfangsphase rund 100 internationale Fachkräfte für Chipdesign ausbilden. Gedacht ist die Ausbildungsbasis anscheinend vor allem als Schützenhilfe für den taiwanesischen Halbleiterkonzern TSMC, der in Dresden demnächst eine Mega-Fab baut. Laut dem Bericht hat NSTC-Minister Wu Tsung-Tsong erklärt, dass „dieser und weitere zukünftige Ausbildungsstützpunkte im Ausland taiwanesischen Halbleiterherstellern, die in Europa tätig sind, dabei helfen sollen, lokale IC-Talente auszubilden“.

Andocken will Wu Tsung Tsong seine Chipdesign-Ausbildungsschmiede an die Technische Universität Prag. Übermorgen wollen beide Seiten eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnen.

Fab-Kette von Thüringen bis Schlesien

Relevant ist diese Weichenstellung gerade auch für Sachsen: Einerseits dürfte die neue TSMC-Fab in Dresden wohl viele der in Prag ausgebildeten Chipdesigner aufsaugen. Anderseits zeichnet sich immer mehr ab, dass ein ganzer Chipindustrie-Gürtel in Mitteleuropa entsteht. Dazu gehört das Dreieck Dresden-Freiberg-Chemnitz, das schon zu DDR-Zeiten eine wichtige Mikroelektronik-Region war und nach der Wende als „Silicon Saxony“ zum wichtigsten Chipindustrie-Standort in Europa aufgestiegen ist. Ebenfalls lange zurück reicht die Verbindung nach Thüringen zurück: Die Chipwerke Erfurt waren der wichtigste Prozessor-Produzent der DDR, nach der Wende entstand daraus der X-Fab-Verbund. Eine Brücke könnten die künftigen Chipfabriken von Intel in Magdeburg schlagen.

Intel plant Backend in Breslau

Zudem plant Intel neben der Großinvestition in Sachsen-Anhalt auch eine Chipendmontage-Fabrik in Breslau. Solch ein „Backend“ würde die sächsische Wertschöpfungskette gut ergänzen, die bisher meist mit der fertig prozessierten, aber noch nicht zerteilten und nicht durchkontaktierten Siliziumscheibe („Wafer“) endet. Parallel dazu wächst derzeit auch in Portugal ein wichtiger Endmontage-Standort für Europas Chipindustrie – Porto und Breslau könnten sich da durchaus sinnvoll ergänzen. Und: Breslau ist von Dresden nur 270 Kilometer entfernt, beide Städte verbinden zahlreiche Bande. Außerdem zimmert die sächsische Staatsregierung bereits seit geraumer Zeit an einem Wirtschafts- und Forschungsbündnis zwischen dem Freistaat, dem polnischen Teil Schlesiens und Böhmen.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Fokus Taiwan, Oiger-Archiv, Wikipedia, Golem 

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt