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Leag plant „H2UB“-Zentrum für neue Energiekreisläufe in Boxberg

Das Fraunhofer-Keramikinstitut IKTS hat in Dresden solche Keramik-Stapel für Hochtemperatur-Brennstoffzellen entwickelt. Diese Mini-Kraftwerke sollen nun zum Beispiel in Indien eine dezentrale Stromversorgung sichern. Foto: Heiko Weckbrodt

So sieht ein Reaktorstapel (Stack) für Brennstoffzellen aus (hier im Foto: eine Keramikvariante aus dem Fraunhofer-Keramikinstitut IKTS in Dresden). Entsprechend vergrößerte Stacks können zu Wasserstoff-Kraftwerken zusammengeschaltet werden, wie sie die Leag in der Lausitz plant. Foto: Heiko Weckbrodt

Am ehemaligen Braunkohle-Kraftwerk will der Konzern Elektrolyseure, Akkus und große Brennstoffzellen installieren

Boxberg, 13. April 2024. Um eine neue Energiewirtschaft für die Zeit nach dem Braunkohleausstieg in der Lausitz vorzubereiten, baut die Leag in Boxberg ein Wasserstoff- und Stromspeicherzentrum. Dieses „H2UB“ („Hydrogen Unit and Battery“) genannte Vorhaben hat der ostdeutsche Energiekonzern nun angekündigt, es aber auch von Subventionen abhängig gemacht: „Wichtige Voraussetzung für die Realisierung des Projekts H2UB ist die Unterstützung durch Fördermittel, die das Unternehmen beantragt hat“, betonen die Leag-Manager.

Im Umfeld des Kraftwerks Boxberg soll die neue Laborfabrik für Carbonfasern entstehen. Foto: Andreas Franke für die Leag

Kraftwerk Boxberg. Foto: Andreas Franke für die Leag

Kühltürme werden gesprengt

Im Zuge ihres „Gigafactory“-Programms will der Konzern demnach auf dem Gelände der bereits in den 1990er Jahren stillgelegten Kraftwerke I und II vier alte Kühltürme sprengen. Das soll für mehrere Teilprojekte Platz schaffen: erstens einen Elektrolyseur, der Wasser mit Hilfe von Ökostrom in Sauer- und Wasserstoff zerlegt und dabei pro Stunde bis zu 2,1 Tonnen Wasserstoff bereitstellt. Daran soll sich zweites ein Röhrenspeicher anschließen, der Wasserstoff im Energie-Gegenwert von zwei Gigawattstunden fassen kann.

Das Archivfoto zeigt das Herzstück eines PEM-Elektrolyseurs, den Siemens im Jahr 2015 an die Salzgitter AG geliefert hatte. Foto: Siemens

Das Archivfoto zeigt das Herzstück eines PEM-Elektrolyseurs von Siemens. Foto: Siemens

Wasserstoff-Kraftwerk soll mit 10 MW starten

Drittens plant der Konzern ein Wasserstoff-Kraftwerk, in der große Brennstoffzellen den Wasserstoff mehr oder minder „kalt“ verbrennen und daraus wieder elektrische Energie gewinnen. „Das H2-Kraftwerk soll im ersten Schritt mit einer Leistung von zehn Megawatt ausgelegt sein, kann aber durch den Zubau weiterer Brennstoffzellen und H2-Turbinen bis auf 500 Megawatt wachsen“, kündigte die Leag an. Dann käme die Anlage an ein klassisches Großkraftwerk zumindest heran.

Redox-Flussbatterie-Technikum im Fraunhofer ICT. In den Tanks sind die Elektrolyte gebunkert. Foto: Fraunhofer ICT

Redox-Flussbatterie-Technikum im Fraunhofer ICT. In den Tanks sind die Elektrolyte gebunkert. Foto: Fraunhofer ICT

Leag setzt bei Stromspeicher auf Lithium-Akkus und Flussbatterien

Viertes lässt der Konzern einen Groß-Akkumulator in Boxberg bauen, der maximal eine Gigawattstunde elektrische Energie zwischenspeichern kann. Dies werde „damit der größte Batteriespeicher Deutschlands“, hieß es vom Unternehmen. „Die Energiemenge, die innerhalb von zehn Stunden ein- und ausgespeichert werden kann, entspricht dem jährlichen Energiebedarf von knapp 300 Haushalten.“

Im Übrigen will die Leag hier eine alte, neuentdeckte Technologie nutzen: Neben den marktbeherrschenden Lithium-Akkus wollen die Ingenieure in Boxberg auch Flussbatterien („Redox Flow“) nutzen. Diese Flussbatterien wurden in Deutschland erfunden, kamen dann aber wieder aus der Mode – auch, weil neue Akkus wie eben die Lithium-basierten eine viel höhere Energiedichte erreichen. Für stationäre Speicher, die große Mengen elektrischer Energie speichern und lange halten sollen, eignen sich aber Flussbatterien sehr gut: Sie sind durch größere Chemietanks leicht erweiterbar und lassen sich durch einen Austausch der Elektrolyt-Flüssigkeiten leicht erneuern. Daher zeichnet sich für sie seit einiger Zeit eine „Renaissance“ ab, daher auch die Leag-Entscheidung in Boxberg.

Baustart für neue Schaltanlage für 2025 avisiert

Eine weitere Investition soll schon recht rasch beginnen: „Bereits 2025 soll Baustart für eine neue gasisolierte 380-kV-Schaltanlage (GIS) sein“, informiert die Leag. „Sie verbindet zum einen die erneuerbare Stromerzeugung im Umfeld des Kraftwerksstandortes Boxberg, die Gigabattery und das Wasserstoffkraftwerk und stellt zum anderen den Anschluss an das Übertragungsnetz von 50 Hertz her.“

Die Visualisierung zeigt den inneren Aufbau eines "Rotationskinetischen Speichers" (RKS) auf Schwungrad-Basis mit einem Menschen zum Größenvergleich. Foto: Stiftungsprofessur für Baumaschinen, TUD

Die Visualisierung zeigt den inneren Aufbau eines „Rotationskinetischen Speichers“ (RKS) auf Schwungrad-Basis mit einem Menschen zum Größenvergleich. Foto: Stiftungsprofessur für Baumaschinen, TUD

Zudem hatte sich die Leag mit dem Freistaat Sachsen, der TU Chemnitz und weiteren Akteuren bereits auf ein „Inno-Carb-Energy“-Zentrum für Leichtbau-Forschung und Carbonfaser-Produktion in Boxdorf geeinigt. Außerdem experimentiert die TU Dresden in Boxdorf mit Riesen-Schwungrädern. Diese „rotationskinetischen Speicher“ (RKS) sind als Alternative zu Großakkus gedacht, wenn es darum geht, schnell Ökostrom-Spitzen – zum Beispiel von Windkraftanlagen – zu puffern.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Leag, Wikipedia, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt