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KI-Datenanalyse-Chips aus Sachsen sollen Fabriken überwachen

Techifab bestückt Chipträger mit Memristor-Bauelementen. Foto: Frische Fische / Technifab

Techifab bestückt Chipträger mit Memristor-Bauelementen. Foto: Frische Fische / Technifab

Techifab Radeberg bittet Internetschwarm um Geld für Memristor-Projekt

Dresden/Radeberg, 14. März 2024. Um großen Datenmengen in Fabriken schneller und besser zu auszuwerten, hat das Radeberger Unternehmen „Techifab“ ein neues elektronisches Bauelement entwickelt – und daraus inzwischen ein Analysegerät für die „Industrie 4.0“ gebaut. Um ihren „Corristor“ (Eigenschreibweise: „Cor-ristor“) in die Serienproduktion zu überführen, sammeln die Dresdner Helmholtz-Wissenschaftler über die Netzplattform „Kickstarter“ nun Geld vom Internetschwarm ein.

Firma basiert auf Forschungsprojekt von Helmholtz Dresden

Ihr „Corristor“ basiert auf einem Forschungsprojekt, an dem Prof. Heidemarie Schmidt – damals noch als Nachwuchs-Gruppenleiterin – ab 2007 am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) gearbeitet hatte: stromsparsame und schnelle „Memristoren“, die sich ähnlich wie menschliche Neuronen merken können, welche elektrische Signale sie früher bereits verarbeitet haben. Viele Wissenschaftler weltweit forschen an solchen elektronischen Bauelementen, die Speicher (englisch: Memory) und Widerstand (Resistor) kombinieren. Die Hoffnung dabei: Mit dieser und anderer neuartiger Spezialelektronik lassen sich künftig womöglich „Künstliche Intelligenzen“ enorm beschleunigen und mit der „Bauweise“ menschlicher Nervennetze kombinieren.

Corristor findet Korrelationen zwischen den Sensor-Datenströmen

2011 entdeckte das Schmidt-Team in den HZDR-Laboren schließlich ein geeignetes, eisen-basiertes Material für solche Memristor-Bausteine. Zehn Jahre war es dann soweit: Heidemarie Schmidt und der HZDR-Transferexperte Stephan Krüger gründeten mit „Techifab“ ein eigenes Unternehmen. Das entwickelt in Radeberg die Dresdner Memristoren weiter und konstruiert auch konkrete Geräte wie den „Corristor“ daraus. Dieser besondere Memristor hat seinen Namen daher, weil er Korrelationen – also logische Beziehungen – zwischen mehreren Daten-Quellen rasch und ohne großen Energieaufwand direkt an den Sensoren einer Maschine oder größeren Anlage erkennen kann. Dabei soll der Corristor auch nicht-lineare Zusammenhänge entdecken, wenn also zum Beispiel ein Temperatur-Messdaten und ein Ausbeute-Datenstrom zusammenhängen, ohne dass das auf den ersten Blick als 1-zu-1-Beziehung erkennbar ist. Zudem speichert und verarbeitet das System die eingesammelten Daten in jeweils einer Zelle – anders als klassische Computerchips, die Rechenwerk und Speicher strikt trennen.

Stephan Krüger ist einer der Technifab-Gründer. Foto: Frische Fische / Technifab

Stephan Krüger ist einer der Technifab-Gründer. Foto: Frische Fische / Technifab

Analyse-Gerät soll vorausschauende Wartung erleichtern

Als mögliche Einsatz-Szenarien für ihre Corristor-Datenanalysegeräte sehen Schmidt und Krüger die ressourcensparende „vorausschauende Wartung“ („Predictive Maintenance“) von Fabrikanlagen, aber auch die Infrastruktur-Überwachung. Um das System zur Serienreife zu bringen und in größeren Stückzahlen zu fertigen, benötigt das junge Unternehmen aber noch Geld und will einen Teil der benötigten Summe nun vom Internetschwarm einsammeln. Dabei geht es nicht allein um Geld, sondern auch darum, die Nachfrage und mögliche Anwendungen auszuloten: „Nach dem Durchbruch in der Memristor-Technologie haben wir uns ganz bewusst für den Launch auf Kickstarter entschieden, um gemeinsam mit internationalen Entwicklerinnen und Entwicklern Erfahrungen bei möglichst vielen Einsatz- und Geschäftsmodellen zu sammeln“, erklärt Stephan Krüger.

Entsteht künftig eine Memristor-Fabrik in Radeberg?

„Erste Bauteile dafür gibt es schon“, betonte Heidemarie Schmidt bereits bei einer Bewertung durch die Bundessprung-Agentur „Sprind“ aus Leipzig. „Kollaborationen zu begründen und Erstanwender zum Beispiel in der Automobil-Industrie, im Fahrzeug- und Maschinenbau, in Medizin- oder Messtechnik, Energieversorgung oder Halbleiterherstellung zu finden, gehört zu unseren großen Zielen.“ Zumindest die Sprind-Manager konnten Schmidt und Krüger überzeugen: Die Agentur will die Innovation durch eine eigens in Leipzig gegründete Firma namens „Memlog“ unterstützen.

Und dabei soll es nicht bleiben. Perspektivisch könnten die Memristoren aus Sachsen auch für Jobs, Wertschöpfung und nicht zuletzt auch für mehr Umweltschutz sorgen: „Wenn es uns gelingt, unsere Produktion in Sachsen, Deutschland und Europa zu etablieren und zu halten“, so Schmidt, „dann besteht vor Ort die Chance auf eine Spitzentechnologie, die uns wirtschaftlich voranbringt, die positiven Einfluss auf die Umwelt, auf die Natur und Gesellschaft hat und die uns in die Lage versetzt, die exponentiell anwachsende Datenmenge auch ressourceneffizient zu verarbeiten.“

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Techifab, HZDR, Kickstarter, Oiger-Archiv, Sprind, Wikipedia

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt