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Sachsens Umweltminister fordert erneut Abwehrschirm gegen Chinas Solarmodule

Der Meyer-Burger-Standort im schweizerischen Thun. Foto: Meyer Burger

Der Meyer-Burger-Standort im schweizerischen Thun. Foto: Meyer Burger

Meyer Burger hat Drohung wahr gemacht und hat Produktion in Freiberg gestoppt

Dresden/Freiberg, 14. März 2024. Weil die Schweizer Firma „Meyer Burger“ ihre Drohung wahr gemacht und die Solarmodul-Produktion in Freiberg gestoppt hat, hat nun der sächsische Umweltminister Wolfram Günther (Grüne) seine Forderung nach „Resilienzboni“ und anderen staatlichen Abwehrmaßnahmen gegen chinesische Solarmodule erneuert. „Es ist noch nicht zu spät für die Rettung“, betonte Günther.

Verlust-Konzern rechnet ab April mit spürbaren Einsparungen

Meyer Burger schreibt seit geraumer Zeit Verluste und macht dafür die chinesische Konkurrenz verantwortlich. Bereits seit Monaten drohen die Schweizer, ihre Fabrik in Sachsen zu schließen und die Modulproduktion in die USA zu verlagern, wenn sie keine Subventionen oder andere protektionistischen Hilfen vom Staat bekommen. Im heute veröffentlichten Geschäftsbericht 2023 meldet das Unternehmen nun den Vollzug: „Die Modulproduktion am Standort Freiberg (Sachsen) in Deutschland wurde Mitte März 2024 eingestellt, was ab April zu signifikanten Kosteneinsparungen führen soll“, heißt es dort. „Die Solarzellenproduktion in Thalheim (Bitterfeld-Wolfen, Sachsen-Anhalt), Deutschland, wird den Produktionshochlauf der US-Solarmodulfertigung in Goodyear, Arizona, weiter unterstützen.“

Wolfram Günther. Foto: Pawel Sosnowski für die Sächsische Staatskanzlei

Wolfram Günther. Foto: Pawel Sosnowski für die Sächsische Staatskanzlei

Günther: Sollten Geld für Energiewende nicht nach China überweisen

„Die Ankündigung von Meyer Burger, die Modulproduktion zu stoppen, ist ein herber Schlag“, kommentierte Umweltminister Günther diese Ansage. Schuld sei China, dass „massive Dumping-Attacken gegen die europäische Solarindustrie“ fahre. Der Minister ist überzeugt: „Es geht um die Frage, ob wir für die Energiewende Geld künftig nach China überweisen, statt die heimische Wertschöpfung voranzubringen. Es geht um den strategischen Punkt, sich weniger abhängig von China zu machen.“

Kommentar: Chinesen haben die Deutschen schlichtweg überholt

Dies ist freilich nur eine mögliche Deutung. Zu einer etwas komplexeren Sicht auf die Probleme gehört beispielsweise, dass die Chinesen – anders als die bereits einmal über Jahre hinweg subventionierte deutsche Solarindustrie – ihre Solar-Fabriken stetig modernisiert, rationalisiert und vergrößert haben, so dass sie schon lange Solartechnik viel billiger verkaufen können als die europäischen Hersteller. Auch sind die Energiepreise in China nicht so hoch wie in Deutschland. Das verbilligt wiederum die Reinsilizium-Produktion für die Solarzellen. Bekannt ist zwar, dass der chinesische Staat den einheimischen Herstellern durch billige Kredite hilft. Für die in Deutschland immer wieder behaupteten Staats-Subventionen für Chinas Solarindustrie hingegen haben die Europäer bisher keine Belege vorgebracht.

Modul-Schwemme ist auch ein Dominoeffekt von US-Protektionismus

Und dass die Chinesen seit geraumer Zeit den europäischen Markt mit besonders billigen Modulen überschwemmen, ist nicht unbedingt Ausdruck eines chinesischen Krieges gegen Europa, sondern vielmehr ein Folgeeffekt der zunehmend protektionistischen Wirtschaftspolitik der Regierungen Trump und Biden in den USA, die ihre Heimatmärkte gegen die chinesische Technik abzuschirmen versuchen. Die chinesischen Hersteller, die ohnehin Überkapazitäten und überfüllte Lager haben, versuchen daher nun, ihre Photovoltaik-Module um jeden Preis auf anderen Märkten loszuwerden.

Zielkonflikt: Ist Wiederaufbau eigener Solarindustrie wichtiger oder preiswerte Energiewende?

Hinzu kämen zahlreiche Zielkonflikte, wenn die Deutschen ähnlich wie die Amerikaner verstärkt auf Protektionismus und einen Wirtschaftskrieg mit China setzen – denn auf nichts anderes laufen die sogenannten „Resilienzboni“, die europäische Hersteller bevorzugen sollen, hinaus. Dabei sei bedacht: Die deutsche Industrie ist seit jeher exportorientiert und kann bei solchen Handelskriegen nur verlieren, da die Chinesen erfahrungsgemäß mit gleicher Münze heimzahlen. Zudem verbilligen preiswerte chinesische Module für Deutschland den Aufbau von Solarparks und letztlich die Energiewende – selbst wenn die Module aus Fernost später wieder teurer werden. Auch manövriert sich der deutsche Staat in eine erpressbare Position, wenn er Drohungen wie denen von Meyer Burger nachgibt. Nicht zuletzt steht die Frage, ob die Produktion von Solarmodulen wirklich solch eine strategische Schlüsseltechnologie wie etwa die Mikroelektronik ist, dass sie um jeden Preis in Deutschland gehalten werden muss.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Meyer Burger, Smekul, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt