Angesichts hoher Strompreise wird Energieverbrauch zur Überlebensfrage für deutsche Aluminium-Industrie
Freiberg/Magdeburg, 15. März 2024. Damit Fahrräder, Autos und Gehäuse aus Aluminium bei ihrer Produktion nicht mehr so viel Energie fressen, sucht Dr. Hanka Becker von der Bergakademie Freiberg nach neuen Verwertungs-Technologien für Alt-Alu. Dabei gilt die Devise: „Je reiner die Legierung, desto besser“. Um mit den Verunreinigungen in Alu-Schritt irgendwie klar zu kommen, baut die Werkstoffwissenschaftlerin nun eine eigene Forscher-Gruppe an der Uni Magdeburg auf. Dafür bekommt sie über zwei Millionen Euro aus dem Emmy-Noether-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Dies geht aus aus Mitteilungen der Unis Freiberg und Magdeburg hervor.
Im Vergleich zum Bauxit-Prozess braucht Recycling-Alu nur 5 % der Energie
„Die Benutzung von recyceltem Aluminium anstatt von Primäraluminium spart 95 Prozent Energie“, erklärt die aus Eisenhüttenstadt stammende Forscherin. „Mich interessiert besonders, wie man beim Recycling mit unvermeidlich eingebrachten Verunreinigungs- und Begleitelementen umgehen kann. Denn die Qualität der recycelten Aluminiumlegierungen ist kritisch für ihre spätere Anwendung.“ Ein Ansatz, den sie dabei verfolgen will: das Gefüge der recycelten Aluminiumlegierungen mittels neuartiger Kornfeinern so einzustellen, dass diese Elemente ohne Nachteile toleriert oder sogar genutzt werden können.
Aufbau neuer Forschungsgruppe in Magdeburg ab Mitte 2024
Im Zuge des Projektes „Neue Legierungsfamilien aus recyceltem Aluminium für Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung“ will Becker ihre neue Forschungsgruppe ab Mitte 2024 in Magdeburg zusammenstellen. Sie ist überzeugt: „Der Umgang mit den Verunreinigungs- und Begleitelementen wird wegweisend für die zukünftige Metallurgie von recycelten Aluminiumlegierungen sein.“
Als Leichtbau-Material beliebt – doch ein Stromfresser in der Primärproduktion
Hintergrund: Alu ist einerseits ein beliebtes Leichtmetall, dessen Einsatz gerade in Fahrzeugen viel Gewicht und damit Sprit oder Antriebs-Strom sparen kann. Doch die Aluminium-Gewinnung gilt seit jeher als besonders energie-intensiv. Um eine Tonne des Leichtmetalls aus Bauxit zu extrahieren, sind etwa 16 Megawattstunden Strom nötig. Zum Vergleich: Für eine Tonne Recycling-Alu sind „nur“ etwa 800 Kilowattstunden nötig. Angesichts der besonders hohen deutschen Energiepreise wird die Zukunft der hiesigen Alu-Industrie immer ungewisser. Bessere Recycling-Technologien könnten insofern Alu, Strom und andere Ressourcen erheblich einsparen und der deutschen Aluminiumbranche neue Perspektiven eröffnen.
Deutsche Alu-Produktion zuletzt stark gesunken
Deutschland produziert jährlich rund eine halbe Million Tonnen Primär-Aluminium, Tendenz: fallend. Und der Abstieg ist dramatisch: „Die deutsche Aluminiumindustrie verzeichnete im Jahr 2023 deutliche Produktionsrückgänge in nahezu allen Teilbereichen“, heißt es in einer Einschätzung des Branchenverbandes „Aluminium Deutschland“. „Vor allem in der Primärerzeugung fiel das Minus besonders deutlich aus. Nach einem Minus von mehr als 30 Prozent im Vorjahr sank die Produktion in den deutschen Hütten 2023 um weitere 45 Prozent auf 189.000 Tonnen.“
Autor: hw
Quellen: Bergakademie Freiberg, Otto-von-Guericke Universität Magdeburg, Seilnacht-Lexikon, Sebastian Ehring und Thomas Surmann: Sebastian Ehring und Thomas Surmann (Fachhochschule Münster): Vom Bauxit zum Aluminium, Statista, Aluminium Deutschland
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