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Dresdner Kopfschmerz-Hilfe für Kinder bald sachsenweit

Wenn der Schmerz pocht und hackt und sticht: Zwei Drittel der Kinder und Jugendlichen leiden regelmäßig unter Kopfschmerzen. Oft handelt es sich um Spannungskopfschmerz oder Migräne. Visualisierung (Jede Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind zufällig): Dall-E

Wenn der Schmerz pocht und hackt und sticht: Zwei Drittel der Kinder und Jugendlichen leiden regelmäßig unter Kopfschmerzen. Oft handelt es sich um Spannungskopfschmerz oder Migräne. Visualisierung (Jede Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind zufällig): Dall-E

Spezialtherapie gegen Migräne & Co. bald auch in Görlitz, Chemnitz und Leipzig

Dresden, 18. Januar 2024. Kinder mit Kopfschmerzen bekommen in Sachsen zusätzliche Hilfen: Das Uniklinikum Dresden (UKD) und die Krankenkasse AOK plus wollen die Angebote der Dresdner Kopfschmerzambulanz künftig auch in anderen Teilen Sachsens anbieten. Zunächst bauen die Schmerz-Spezialisten entsprechende Beratungs- und Therapieangebote in der Kinderklinik des Städtischen Klinikums Görlitz etablieren, dann folgen Chemnitz und Leipzig. Das hat das UKD angekündigt.

70 % der Dresdner Schüler haben regelmäßig Kopfschmerzen

„Eine Studie an Dresdner Schulen hat ergeben, dass 70 Prozent der Schülerinnen und Schüler mindestens einmal im Monat Kopfschmerzen haben“, informieren die UKD-Mediziner. „Rund fünf Prozent der betroffenen Kinder und Jugendlichen leiden unter schweren kopfschmerzbedingten Einschränkungen im Alltag, verändern dadurch ihr Verhalten und können nicht zur Schule gehen. Das wiederum hat Auswirkungen auf den Bildungsweg der Betroffenen.“ Und die Tendenz ist steigend: Allein zwischen 2015 und 2019 stieg die Zahl der Kopfschmerzdiagnosen bei Kindern und Jugendlichen um 44 Prozent an. „In den anschließenden Corona-Jahren mit Schulschließungen und Homeschooling kamen noch einmal deutlich mehr Fälle dazu“, berichtet Professorin Gudrun Goßrau, die die UKD-Kopfschmerzambulanz leitet.

Drekip half auch der jungen Vivien

Wie stark häufiger Kopfschmerz den Alltag von Kindern und Jugendlichen beeinträchtigt und wie wichtig eine entsprechende Therapie ist, weiß auch Familie Müller aus Bannewitz. „Mit Beginn der Pubertät klagte unsere Tochter Vivien immer wieder über Kopfschmerz, der mal stärker, mal schwächer war“, erzählt Christiane Müller. Zwar waren die Schmerzen nicht so schlimm, dass Vivien länger nicht zur Schule gehen konnte. „Sie hat sich immer durchgebissen.“ Dennoch suchten ihre Eltern Hilfe bei der Kinderärztin. „Bis zur Kopfschmerzdiagnose war es allerdings ein langer Weg, weil in den zahlreichen Untersuchungen – auch im MRT – keine körperlichen Ursachen gefunden wurden.“ Letztlich empfahl die Kinderärztin das Therapieprogramm Drekip am Uniklinikum. „Das hat Vivien sehr geholfen“, sagt Christiane Müller. Maltherapie, Sport wie Klettern und Gymnastik, Ernährungsumstellung – all das habe Vivien dabei unterstützt, besser mit dem Kopfschmerz umzugehen. Bis heute ist Sport ein wichtiger Bestandteil ihres Alltags.

Jeder fünfte Schüler fehlt wegen Kopfschmerz öfter mal im Unterricht

Kopfschmerzen und speziell auch Migräne bei Kindern sind im Übrigen kein sachsen-spezifisches Phänomen: Deutschlandweit leiden etwa zwei Drittel der Kinder und Jugendlichen regelmäßig unter Kopfschmerzen, mehr als 20 Prozent fehlen deshalb wiederholt im Unterricht. Auslöser für Kopfschmerzen bei Kindern und Jugendlichen können unter anderem zu lange Konzentrations-Phasen, Flüssigkeits- oder Bewegungsmangel, zu wenig Schlaf oder seelischer Stress sein.

Entspannungsübungen, Kopfschmerz-App und Stress-Abbau

Daher hatte das UKD in den vergangenen Jahren eines spezielle Kinderkopfschmerzambulanz eingerichtet. In diesem Zuge entstand eine Therapiestrategie, die biologische, psychische und soziale Faktoren von wiederkehrenden Kopfschmerzen berücksichtigt. Am Anfang steht die Diagnose durch besonders spezialisierte Fachärzte und -ärztinnen. Auch sind die jungen Patienten angehalten, ihre Migräne-Attacken in einer Kopfschmerzkalender-App zu dokumentieren. Als Therapie-Optionen kommen dann beispielsweise zunächst Entspannungstechniken und Ausdauersport, Bio-Feedback, Schlaf-Übungen und Stress-Abbau in Frage. Reicht das nicht, können Schmerz-Experten auch Triptane und andere Migräne-Medikamente verschreiben.

Gruppentherapie für Kinder

Zentraler Baustein in der Behandlung der jungen Patientinnen und Patienten ist die aber Gruppentherapie. „In acht Modulen befassen sich sechs bis acht Kinder und Jugendliche mit den Themen Stressmanagement, Entspannungstechniken und körperlicher Aktivierung“, heißt es vom UKD. „An drei Sitzungen nehmen auch die Eltern teil.“

Das Uniklinikum Dresden und die AOK PLUS haben einen Versorgungsvertrag für ein Kinder- und Jugendkopfschmerzprogramm geschlossen (v.l.): Prof. Rainer Sabatowski, Frank Ohi, Rainer Striebel, Prof. Gudrun Goßrau, Dr. Matthias Richter. Foto: Marc Eisele für das UKD

Das Uniklinikum Dresden und die AOK PLUS haben einen Versorgungsvertrag für ein Kinder- und Jugendkopfschmerzprogramm geschlossen (v. l.): Prof. Rainer Sabatowski, Frank Ohi, Rainer Striebel, Prof. Gudrun Goßrau, Dr. Matthias Richter. Foto: Marc Eisele für das UKD

AOK hilft bei Finanzierung

Die Schmerzklinik hatte das „Drekip“ genannte Dresdner Kopfschmerz-Therapieprogramm im Jahr 2016 gestartet. War dieses Angebot zunächst spendenfinanziert, können AOK-Kunden diese Angebote nun als „besondere Versorgung“ nutzen. Einen entsprechenden Finanzierungsvertrag haben UKD-Medizinvorstand Prof. Michael Albrecht sowie die AOK-Vorstände Frank Ohi und Rainer Striebel nun unterzeichnet.

Prof. Michael Albrecht. Foto: hw

Prof. Michael Albrecht. Foto: hw

„Bisher hat die Hochschulmedizin Dresden für dieses wichtige Angebot die Verantwortung als Maximalversorger in der Region übernommen“, betont Prof. Albrecht. „Mit dem jetzt geschlossenen Vertrag gehen wir einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung, um das Therapieprogramm langfristig anzubieten und regional in Sachsen auszubauen.“

Autor: Oiger-News

Quellen: UKD, Oiger-Archiv

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Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt