Autor: Christian Ruf

Litfaßsäulen-Werbung für das Rennen auf der Autobahnspinne im Jahr 1958. Repro (hw) aus: "Die Dresdner Autobahnspinne", Notschriften-Verlag

Eine Autobahn-Spinne, auf die viele voll abfuhren

Mike Jordan erinnert an die internationalen Auto- und Kradrennen auf der Autobahn bei Dresden-Hellerau zwischen 1951 und 1971 Peter Parker ist der Gregor Samsa der US-Comicliteratur. Seine Verwandlung beginnt damit, dass ihn eine radioaktiv verseuchte Spinne beißt. Er stirbt allerdings nicht, sondern mutiert zum Superhelden. Zu Spider-Man, der mittels seiner Finger Netzfäden spinnen kann. Er tut – das gehört zur Berufsbezeichnung eines Superhelden – nur Gutes, gibt also Superschurken keine Chance. Allerdings sah es zunächst nicht nach einem langen Leben für den Spinnenmann aus. Comic-Autor Stan Lee, bekam, nachdem er sich 1962 die Figur ausgedacht hatte, von seinen Kollegen bei Marvel unisono zu hören, dass absolut niemand Spinnen möge. Das ist grundsätzlich nicht falsch, vor allem das Verhältnis zwischen Frauen und Spinnen ist sehr komplexer Natur, aber es gab einst in Dresden gleichwohl eine „Spinne“, die sich eines exzellenten Rufs erfreute.

Tabak-Werbeplakat um 1920 für die Marke "Pteo" von Jasmatzi. Quelle: Museum der Arbeit Hamburg, Repro aus: Tabakrausch an der Elbe

Jede zweite Zigarette kam aus Dresden

Aladin, Harem und Nazi-Zigaretten: Ausstellung im Stadtmuseum Dresden zeigt den Siegeszug und Niedergang des Tabakrausches in Sachsen Dresden, 20. Mai 2021. Nach dem Ratskellerbrand im April 1653 war sich der Dresdner Stadtrat sicher, dass es „sonder allen Zweifeln“ von jenen Gästen verursacht wurde, „welche des Tabacksaufens sich täglich befleißigen, und durch die glühende Tabacksasche, Lunten, Kohlen oder Faulholz, damit sie solchen anzuzünden pflegen“. Alsbald erging ein kurfürstlicher Erlass, der ein allgemeines Verbot des Tabakrauchens in allen „Bier- und Schenckäusern, in und außerhalb der Stadt“ aussprach.

So stellte sich Zeichner Richard Bolbe eine Pferdebahnfahrt über die Augustusbrücke um 1890 vor. Bis zur Brückemmitte führte ein Reiter das Gespann der gelben Bahn an. Repro aus: Straßenbahnen in Dresden

Wie Dresden die höflichsten Straßenbahnen Deutschlands bekam

Das Buch „Straßenbahnen in Dresden“ widmet sich den Linien im Westen der Stadt Dresden. Im antiken Rom gab es im Circus Maximus vier nach Farben benannte Rennställe, die bei allen Rennen miteinander konkurrierten, wobei bis zu drei Wagen eines Rennstalles an einem Rennen teilnehmen konnten: Es gab die Grünen (prasina, in der Farbe des Frühlings), die Roten (russata, in der Farbe des Sommers), die Blauen (veneta, in der Farbe des Herbstes) und die Weißen (alba, in der Farbe des Winters). Man hatte also die Qual der Wahl, auf wen man denn Geld bei einem Rennen setzen wollte.

Karl Pouva (rechts) begutachtet 1951 mit einem Mitarbeiter auf einen Tragkörper gekittete Linsen für den Bildwerfer "Pouva Magica". Foto: Richard Peter jun., Deutsche Fotothek, Wikipedia, CC4-Lizenz, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/

Karl Pouva – Erfinder und Unternehmer in der DDR

Mit dem Jugendbildwerfer „Pouva Magica“ sorgte der Freitaler Tüftler für unzählige Rollfilmabende in ostdeutschen Kinderzimmern Freital, 14. April 2021. Mit dem Jugendbildwerfer „Pouva Magica“ sind viele Ostdeutsche groß geworden: Er hat ihnen unzählige Rollfilmabende und Geburtstags-Vorführungen mit dem unverkennbaren Hintergrundgeruch von heißem Bakelit beschert und (mehr oder minder hell) leuchtende Ausflüge in ferne Märchenwelten – lange, bevor Beamer und Smartphones unsere Sehgewohnheiten völlig umgekrempelt haben. Der Mann hinter diesem Apparat hieß Karl Pouva. Er agierte in der DDR bis zum Ende der Ära Ulbricht als erfolgreicher Privatunternehmer inmitten einer „sozialistischen“ Wirtschaft.

Max Schanz bei der Arbeit. Repro (hw) aus: Sabine Rommel / Mathias Zahn (Hrsg.): Max Schanz. Spielzeug Gestalten im Erzgebirge. Arnoldsche Art Publishers

Der mit dem Bleistift dachte: Schanz in Seiffen

Buch über Max Schanz, der sich in Seiffen um Stil und Qualität der erzgebirgischen Holz- und Spielwarenproduktion verdient machte. Seiffen. Mit seiner Formsprache hat der Gestalter Max Schanz ganze Generationen von erzgebirgischen Holzspielzeugen mitgeprägt. Seine Enkel würdigen nun im Sammelband „Max Schanz. Spielzeug Gestalten im Erzgebirge“ das Werk ihres Großvaters – und gehen darin bis in die Zeit kurz nach dem ersten großen Maschinenkrieg zurück.

Der Mathematikprofessor und Computer-Konstrukteur Nikolas J. Lehmann von der TU Dresden baute 2001 die Leibniz-Rechenmaschine von 1670 nach. Heute ist dieses Kleinod in den Technischen Sammlungen Dresden ausgestellt. Foto: Heiko Weckbrodt

Sachsen galt vor Digital-Ära als Hochburg der Rechenmaschinen

Im sächsischen Industriemuseum sind alte Rechenmaschinen aus Glashütte und Dresden zu sehen. Dresden/Glashütte/ Chemnitz, 6. Januar 2020. Schon Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716) hätte wohl gerne einen PC gehabt, statt alles im Kopf auszurechnen: „Es ist unwürdig, die Zeit von hervorragenden Leuten mit knechtischen Rechenarbeiten zu verschwenden, weil bei Einsatz einer Maschine auch der Einfältigste die Ergebnisse sicher hinschreiben kann.“ Und so konstruierte der Mathematiker, Philosoph und Keks-Namensgeber einen der frühen Vorläufer heutiger Computer: eine Rechenmaschine. Die basierte auf einer von ihm konzipierten Staffelwalze, funktionierte allerdings wegen ungenauer Fertigung nicht einwandfrei. Das gelang Ingenieuren und Feinmechanikern im Erzgebirge etwas später dann schon besser. Und sie begründeten damit eine lange Industrietradition in Sachsen, die unter anderem auch in die heutige Halbleiterindustrie im „Silicon Saxony“ mündete.

Der VEB Lokomotivbau "Karl Marx" in Babelsberg baute 1956 diese Dampfspeicherlok FLB 146067. Foto: Christian Ruf

Stahl und Dampf in Chemnitz

„Boom“ zeigt im Bahnbetriebswerk Hilbersdorf historische Dampfloks, die ein Stück von Sachsens Geschichte erzählen Chemnitz, 31. Dezember 2020. Die Industriestadt Chemnitz entwickelte sich in der Mitte des 19. Jahrhunderts zu einem wichtigen Eisenbahnknotenpunkt. Als es an der Wende zum 20. Jahrhundert notwendig wurde, die Bahnhofskapazitäten zu erweiterten, entstanden zwischen 1896 und 1902 der Rangierbahnhof und das angrenzende Bahnbetriebswerk im Vorort Hilbersdorf. Auf einer 26 Hektar großen Teilfläche dieser Anlage – sie ist mittlerweile zum sächsischen Eisenbahnmuseum mutiert – können noch heute das frühere Bahnbetriebswerk für Güterlokomotiven und eine Seilrangieranlage besichtigt werden. Denkmalgeschützte Gebäude, technische Anlagen und Fahrzeuge geben dem Ort eine authentische Atmosphäre, so dass er auserkoren wurde, im Rahmen der 4. Sächsischen Landesausstellung „Boom. 500 Jahre Industriekultur in Sachsen“ über das Eisenbahnwesen in Sachsen zu informieren.

Die Chlorodont-Frau warb auf Blechschildern für Zahnpasta aus Dresden. Repro aus: "Reklame. Verführung in Blech", Sandsteinverlag

Altes Blech von zeitloser Schönheit

Buch „Reklame. Verführung in Blech“ erzählt über die Flut der Emaile- und Blechwerbeschilder in den Städten des Reiches vor über 100 Jahren Dresden. Für viele war es die Pest. Aber Anfang des 20. Jahrhunderts lauerte in Deutschland kein schwarzer Tod hinter jeder Straßenecke, nein: Es war ziemlich bunt, was die Leute „Blechpest!“ riefen ließ. Denn was an Emaille- und Blechschildern die Fassaden und Wände in den Städten überflutete, war farbenfrohe, oft gar knallige Reklame.

Einband des Bildbandes von Andreas Krase: Dresden in Photographien des 19. Jahrhunderts. Repro: . Schirmer / Mosel Verlag

Brieftauben schossen Dresden-Luftbilder mittels Zeitauslöser

Bildband „Dresden in Photographien des 19. Jahrhunderts“ bezeugt radikale Modernisierung der Stadt – und die bereits in der Kaiserzeit wachsenden Bilderfluten Dresden. Wie stark sich die sächsische Residenzstadt in der Kaiserzeit gewandelt hat, dokumentiert ein Bildband über „Dresden in Photographien des 19. Jahrhunderts“. Andreas Krase veröffentlicht darin auch einige erstmals publizierte Dresden-Lichtbilder. Und der Kurator der Technischen Sammlungen Dresden berichtet im Buch darüber, auf welch spektakuläre Methoden die Knipser der Kaiserzeit setzten, um zum Beispiel Luftbilder von Dresden zu ergattern. Insofern zeigt dieser Bildband eben auch, dass nicht erst die Beeinflusser und Instagramer des Digitalzeitalters auf die Idee kamen, mit großem Aufwand publikumswirksame Hingucker-Motive zu inszenieren.

Fünf Jahre wartete Sachsens Kurfürst August auf seine Uhr

Optische, astronomische und geodätische Geräte aus dem Mathematisch-Physikalischen Salon Dresden im Fokus. Dresden, 9. November 2020. Die Verschlüsselung von Nachrichten ist keineswegs eine Erfindung der Neuzeit. Der römische Biograph Sueton berichtet, Cäsar habe Briefe vertraulichen Inhalts in einer Geheimschrift an Cicero geschickt. Berühmt ist mittlerweile der englische Mathematiker und Kryptoanalytiker Alan Turing, der während des Zweiten Weltkriegs entscheidend dazu beitrug, den Code der deutschen Rotor-Chiffriermaschine „Enigma“ zu entschlüsseln, wodurch einmal mehr klar wurde, dass mitunter nicht nur Kampfgeist, Waffenstärke oder strategisches Denken, sondern manchmal schlicht und ergreifend auch die Überwachung und Enträtselung des feindlichen Nachrichtenverkehrs ein entscheidendes Moment im Krieg sein können. Chiffriermaschinen mit 24 Ringen Zwei Objekte im Mathematisch-Physikalischen Salon in Dresden sind solche Chiffriermaschinen. So ließen sich bei einem solchen Gerät – bis zur massiven Beschädigung im Zweiten Weltkrieg – mit Hilfe von 24 Ringen die Buchstaben einer Botschaft unterschiedlich weit im Alphabet verschieben. Zum Beispiel der erste Buchstabe um eine Stelle, der zweite um zwei und so fort. Aus dem Wort SALON wird damit zum Beispiel die verschlüsselte Buchstabenfolge TCOSS. In den …

Die Hartmann-Lok Burgk Nr. 239 mit einem Güterwagen. Repro (hw) aus: Jürgen Schubert: Die Hänichener Kohlenbahn“/ Heimatmuseum Burgk

Meisterwerk sächsischer Eisenbahnkunst

Jürgen Schubert legt profunde Darstellung zur Geschichte der von Oberingenieur Guido Brescius konzipierten Hänichener Kohlenbahn vor Dresden. „Meine Verdauung kommt so pünktlich wie ein Zug in Deutschland“ – dieser Ausspruch des genialen Sonderlings und Eisenbahnfreaks Sheldon Cooper aus der US-Fernsehserie „The Big Bang Theory“ beweist einmal mehr, dass Drehbuchschreiber in Hollywood sehr klischeehafte Vorstellungen von Deutschland haben. Einheimische Kunden wissen, dass es mit der Pünktlichkeit bei der Bahn nicht mehr weit her ist.

Entwurf zum Detailabschnitt "Tod des Generals Kraußhaar" für das Dresdner Panorama "Erstürmung von St. Privat am 18. August 1870" von Louis Braun. Repro (hw) aus: Ausstellungskatalog „Krieg. Macht. Nation, Sandstein-Verlag

Das Virtual-Reality-Kino der Kaiserzeit

1883 sorgte in Dresden das Rundbild „Die Erstürmung von St. Privat“ für Furore Dresden, 24. August 2020: Raffinierte 360-Grad-Panoramen mit 3D-Effekten sind keine Erfindung des Digitalzeitalters: Schon zu Kaiser Zeiten erfreuten sich Rundgemälde, auf denen Schlachten gezeigt wurden, großer Beliebtheit. Ein reichliches Jahrzehnt nach der Reichsgründung sorgte beispielsweise in Dresden ein Schlachten-Panorama, das ganz besonders den sächsischen Beitrag zum deutsch-französischen Krieg heraussstreichen sollte, für Furore.

Drei Ingenieure im Konstruktionsbüros des VEB Transformatoren- und Röntgenwerk an der Overbeckstraße in Dresden im Jahr 1963. Foto: Richard Peter junior, Slub, Fotothek für die Ausstellung "Dem Ingenieur ist nichts zu schwer", Repro: Christian Ruf

Dem Ingenieur ist nichts zu schwer

Das Buchmuseum der SLUB zeigt eine Ausstellung über Sachsens Hochschulen und ihre Bedeutung für die Industrialisierung des Landes Dresden, 3. August 2020. „Dem Ingenieur ist nichts zu schwör“ ist eine geflügelte Redensart und leicht ironischer Lobgesang auf deutschen Ingenieurgeist. Gerne wird der Spruch angeführt, um zu betonen: Mit der richtigen Technologie ist alles lösbar. Oder, in leichter Adaption von Obama, Merkel und Bob dem Baumeister: „Ja, wir schaffen das.“ Der heute so populäre, leicht spöttische Spruch geht übrigens auf das „Ingenieurlied“ von 1871 des dichtenden Maschinenbauers Heinrich Seidel zurück. Dort heißt es: „Dem Ingenieur ist nichts zu schwere / Er lacht und spricht: Wenn dieses nicht, so geht doch das!“ Die sächsische Landes- und Uni-Bibliothek (Slub) widmet nun dem Ingenieur, seiner Ausbildung und seiner Rolle im Aufstieg Sachsens zum Industrieland eine Sonderausstellung „Dem Ingenieur ist nichts zu schwer“.

Schätze aus dem Land des aufsteigenden Drachen

Das Staatliche Museum für Archäologie in Chemnitz zeigt die erste Ausstellung über Archäologie und Geschichte Vietnams in Deutschland Chemnitz, 8. Mai 2017. In Chemnitz ist derzeit eine einzigartige Ausstellung zu sehen: „Schätze der Archäologie Vietnams“ skizziert anhand von fast 400 Exponaten die Geschichte eines Landes, dessen kultureller Reichtum noch immer oft unterschätzt wird.