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Sachsen und Tschechen entwickeln Brennstoffzellen-Motorrad

So ähnlich könnte das wasserstoff-betankte Brennstoffzellen-Motorrad "Hydrocycle" aus Sachsen und Tschechien aussehen. Visualisierung: Adobe Firefly (KI-generiert)

So ähnlich könnte das wasserstoff-betankte Brennstoffzellen-Motorrad „Hydrocycle“ aus Sachsen und Tschechien aussehen. Visualisierung: Adobe Firefly (KI-generiert)

Wasserstoff-betanktes „Hydrocycle“ soll Ende 2025 fahrbereit sein

Chemnitz/Prag, 1. Februar 2024. Um zu beweisen, dass umweltfreundliches Mororradfahren auch ohne ständige Kompromisse möglich ist, wollen Sachsen und Tschechien gemeinsam ein wasserstoff-betanktes Brennstoffzellen-Krad entwickeln. Das „Hydrocycle“ soll abgasfrei wie ein Stromer unterwegs sein, aber auf deutlich mehr Reichweite und viel kürzere Tankzeiten als ein akku-elektrisches Fahrzeug kommen. Das hat das Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU) aus Chemnitz angekündigt, das Teile des Antriebsstranges für das neue H2-Krad konstruieren wird.

„Inspiration für die Mobilität der Zukunft“

„Das Wasserstoff-Bike soll als Inspiration für die Mobilität der Zukunft dienen“, erklärten die Projektpartner. Diese Formulierung dürfte darauf hindeuten, dass sie nicht unbedingt mit einer Massenproduktion ihres „Hydrocycles“ rechnen. Aber sie sehen zumindest Marktpotenzial: „Aufgrund seiner Agilität und Kompaktheit ist das Zweirad für innerstädtische Lieferdienste und Paketzusteller interessant.“

Die ČVUT hat laut IWU-Angaben langjährige Erfahrungen im Bau von Motorrädern mit alternativen Antrieben. Foto: ČVUT Czech Technical University

Die ČVUT hat laut IWU-Angaben langjährige Erfahrungen im Bau von Motorrädern mit alternativen Antrieben. Foto: ČVUT Czech Technical University

Ingenieure wollen Brennstoffzelle im Rahmen unterbringen

Die Idee der Ingenieure ist dabei, den begrenzten Bauraum in einem Motorrad bis zum letzten Kubikzentimeter auszunutzen. So sollen die Brennstoffzelle und der Wasserstofftank im Rahmen des Krades unterkommen. Die Zelle wandelt dann den Wasserstoff in Wasser und elektrische Energie, letztere speist dann den Elektromotor. Das dürfte zwar keine ganz billige Konstruktion werden, dürfte aber mehrere Hundert Kilometer Reichweite und Tankzeiten von wenigen Minuten ähnlich wie ein Verbrenner-Modell erlauben. „Bis Ende 2025 wird ein fahrfähiges Motorrad als Demonstrator aufgebaut, der den strengen europäischen Zulassungsnormen und Zertifizierungsvorschriften gerecht wird“, versprechen die Fraunhofer-Ingenieure.

Ein Stack der Firma Wätas ist Basis für die Entwicklung des Brennstoffzellensystems im Hydrocycle. Visualisierung: Wätas

Die Firma „Wätas“ aus Olbernhau will einen Brennstoffzellen-Stack speziell für das Hydrocycle entwickeln. Visualisierung: Wätas

Reaktorstapel kommt aus dem Erzgebirge

Das Herzstück des Zukunfts-Motorrades wird die erzgebirgische Firma „Wätas Wärmetauscher Sachsen“ aus Olbernhau liefern: einen neuen Reaktorstapel („Stack“) für die Brennstoffzelle. Das IWU aus Chemnitz arbeitet an weiteren Teilen der Brennstoffzelle und entwirft Fertigungstechnologien für den Antriebsstrang in seiner „Referenzfabrik H2“. Auf tschechischer Seite beteiligen sich die Firma „1to1design“ aus Prag, die „Czech Technical University“ (ČVUT) aus Prag und „ÚJV Řež“ aus Husinec. Sie entwickeln das Fahrzeug, kümmern sich um eine ergonomische Form und bringen die nötige Technik im verfügbaren Bauraum unter.

Beerben Akku, E-Motor oder Brennstoffzelle den Otto-Motor im Zweiradsektor?

Letztlich soll das von der EU geförderte Vorhaben eine Möglichkeit zeigen, wie der Zweiradverkehr in Europa abgasfrei funktionieren kann: Das können rein batterie-elektrische Lösungen sein, gegen die bislang aber die geringen Reichweiten, die schweren Akkus und lange Ladezeiten sprechen – oder eben wasserstoffbasierte Antriebe. Brennstoffzellen-Antriebe machen die erwähnten Nachteile der Stromer wett, wären aber auf ein dichtes Netz von Wasserstoff-Tankzellen und nicht zuletzt überhaupt auch auf eine ausreichende Verfügbarkeit dieses Energieträgers angewiesen. Zudem sind Brennstoffzellen zwar elegante und umweltfreundliche, aber eben auch noch rechte teure Mini-Kraftwerke. Insofern könnte das „Hydrocycle“ vormachen, ob und wie sich diese Probleme lösen lassen.

Chance im komplizierten Transformationsprozess

Für die Automobilzulieferer, Energietechnik-Hersteller und Ingenieurbüros in Westsachsen und Böhmen wiederum bietet das Verbundprojekt eine Chance, neue Produkte inmitten schwieriger Transformationsprozesse der Industrie zu entwickeln.

Abgesehen vom „Hydrocycle“ verfolgen die TU Chemnitz, das IWU sowie andere Forschungseinrichtungen und Unternehmen in Sachsen bereits weitere Entwicklungsprojekte für wasserstoffbasierte mobile Antriebe. Dazu gehören unter anderem eine Brennstoffzellen-Straßenbahn und die Vorhaben am neuen „Hydrogen Innovation Center“ (HIC) in Chemnitz.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quelle: Fraunhofer IWU

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt