Halbleiterindustrie, News, zAufi

Amkor und Globalfoundries schließen Lücken in Europas Autochip-Lieferkette

Das US-Unternehmen Amkor Technology hat die europäische Backend-Fabrik Nanium übernommen. Amkor ist auch in der 3D-Integration aktiv - hier im Bild ein verdrahteter Chip-Stapel. Abb. (verändert): Amkor

Das US-Unternehmen Amkor Technology ist auf Chip-Endmontage spezialisiert. Abb. (verändert): Amkor

Anlagen aus Dresden nach Porto verlagert – dort wächst Europas größter Standort für Chip-Endmontage

Dresden/Porto, 16. Januar 2024. Globalfoundries (GF) Dresden und Amkor Porto wollen künftig enger kooperieren – und erstmals wieder komplette Mikroelektronik-Wertschöpfungsketten in Europa schmieden. Das geht aus einer gemeinsamen Mitteilung beider Unternehmen hervor, die heute in Portugal eine „strategische Partnerschaft in Europa“ besiegelt haben.

Bisher endete Europas Chip-Wertschöpfungskette vor der Endmontage

„Die neue Partnerschaft zwischen den beiden Unternehmen definiert die Landschaft der Halbleiterfertigung neu, indem sie die erste umfassende EU-Lieferkette ermöglicht“, hieß es von den Partnern. Diese Kette reiche dann vom Wafer über die Halbleiterproduktion bei GF bis zu den Chip-Endmontage-Diensten („Backend“) bei Amkor in Porto. „Unsere Partnerschaft mit Globalfoundries signalisiert unser gemeinsames Ziel, eine robuste und widerstandsfähige europäische Automobillieferkette zu stabilisieren“, betonte Amkor-Manager Kevin Engel.

Manfred Horstmann ist seit Oktober 2020 Geschäftsführer von Globalfoundries Dresden. Foto: GF Dresden

Manfred Horstmann leitet Globalfoundries Dresden. Foto: GF Dresden

„GF Dresden ist Europas größter und fortschrittlichster Halbleiterhersteller und Amkor ist der einzige Tier-1-OSAT* in Europa“, ergänzte GF-Dresden-Chef Manfred Horstmann. „Gemeinsam ermöglichen wir eine der robustesten Chip-Lieferketten außerhalb Asiens und schaffen so eine widerstandsfähigere europäische Lieferkette für wichtige Endmärkte, einschließlich der Automobilindustrie.“

Hintergrund: Bisher endete Europas Chip-Wertschöpfungskette – sieht man von kleineren Backend-Kapazitäten ab – größtenteils mit dem prozessierten Wafer. Die werden im Regelfall dann zum Zersägen, Endmontieren und Testen nach Asien gebracht. Das könnte sich durch den wachsenden Backend-Leuchtturm in Porto ändern.

Verlagerung von 50 Anlagen kostete auch Jobs in Sachsen

Der Aufbau einer starken europäischen Chip-Endmontage in Portugal hat allerdings auch eine Kehrseite. Zuvor hatte die GF-Chipfabrik in Sachsen nämlich ihre letzten Endmontage-Linien mit 50 Anlagen von Dresden nach Porto verlagert und sich in diesem Zuge auch von rund 300 Beschäftigten getrennt.

Reinraumbrücke bei Globalfoundries Dresden. Foto: Globalfoundries

Reinraumbrücke bei Globalfoundries Dresden. Foto: Globalfoundries

Der Dresdner GF-Fabrikchef Manfred Horstmann sieht die Aufgabe der ehemaligen „Bump & Test Facility“ in der sächsischen Landeshauptstadt indes auch als Chance: Die einst von AMD eingerichtete Nebenfabrik habe nach dem Rückzug des US-Prozessorherstellers aus Dresden für den „Globalfoundries“ nur noch wenig Nutzen gehabt, da das Unternehmen als Auftragsfertiger agiere und im Regelfall prozessierte Wafer an die Kunden übergebe. Daher habe die kleine Endmontage-Linie schließlich nur noch Platz weggenommen. „Für uns war das war das zum Schluss nur noch eine Arabeske.“ Durch die Verlagerung der Anlagen nach Porto werde der Backend-Standort dort gestärkt – und GF gewinne in Dresden Reinraum-Flächen, um die Produktionskapazitäten für die Kernschritte der Chipproduktion („Frontend“) auszuweiten.

Liaison zwischen Dresden und Porto schon zu Qimonda-Zeiten

Amkor wiederum ist ein US-Mikroelektronik-Unternehmen, das sich auf die Endmontage und die Testroutinen für fertig prozessierte Schaltkreise aus Chipfabriken spezialisiert hat. In Porto hatte Amkor eine Fabrik übernommen und ausgebaut, die bereits früher enge Beziehungen nach Sachsen pflegte: In Portugal hatte Qimonda Dresden ein Speicher-„Backend“ aufgebaut, das nach der Qimonda-Pleite zunächst als „Nanium“ firmierte, dann aber von Amkor übernommen wurde. Von daher reichen die Beziehungen zwischen beiden Standorten bereits viele Jahre zurück. Die portugiesische Regierung will mit Unterstützung der Amerikaner Porto als wichtigsten Mikroelektronik-Backend-Standort in Europa profilieren. Amkor hatte kürzlich erst den Grundstein für eine neue Fabrikerweiterung in Porto gelegt.

Dresden gilt als ein führender Frondend-Standort in Europa

Genug Kunden könnte dieses wachsende Endmontage-Konglomerat in Portugal durchaus auch auf lange Sicht finden: Mit dem Mikroelektronik-Cluster in Dresden inklusive TSMC, Intel Leixlip, Intel Magdeburg und STM in Crolles gibt es gleich mehrere starke Frondend-Fabrikstandorte in Europa. Zudem verfolgt die EU ehrgeizige Ziele, den Marktanteil der europäischen Halbleiterindustrie zu verdoppeln.

* „Tier 1“ ist eine Branchenbezeichnung für Schlüsselzulieferer der ersten Kategorie. OSAT wiederum steht für „ausgelagerte Halbleitermontage- und Testdienstleistungen“ und umfasst alle Prozessschritte von der fertigen Siliziumscheibe, die mit Chips bestückt ist, bis hin zum einsatzfähigen, durchtesten und kontaktierten Schaltkreis im finalen Gehäuse.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Amkor Technology, Globalfoundries, Oiger-Archiv

Amkor und Globalfoundries besiegeln in Porto eine strategische Partnerschaft: Sie schließen die Chip-Endmontage-Lücken in Europas Fertigungskette für Autoelektronik. In Dresden hat dieser Schachzug allerdings erst mal Jobs gekostet.

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt