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Intel hat sich in Magdeburg Platz für acht Chipfabriken gesichert

Die Visualisierung zeigt den Eingangsbereich der geplanten Intel-Doppelfabrik in Magdeburg. Grafik: Intel

Die Visualisierung zeigt den Eingangsbereich der geplanten Intel-Doppelfabrik in Magdeburg. Grafik: Intel

Europa wird wieder „Leading Edge“: Chips der 18-Angstrom-Klasse geplant

Magdeburg/Dresden, 30. März 2021. Intel will seine neue Intel-Fabrik in Magdeburg für Chips der Strukturklasse 18 Angstrom auslegen, was etwa 1,8 Nanometern entspricht. Das hat Harald Gossner während der digitalen Konferenz „Mikroelektronik-Forschung in Deutschland: von den Grundlagen zur Anwendung“ in Dresden mitgeteilt – er ist leitender Hauptingenieur bei Intel. Für Zulieferungen an die europäische Automobilindustrie wird das US-Halbleiterkonzern in Magdeburg voraussichtlich auch 3- bis 5-Nanometer-Technologien einsetzen.

Für Autochips auch 5-nm-Chips

Damit bekommt Europa voraussichtlich erstmals seit Jahren wieder eine „Leading Edge“-Megab, also eine Großfabrik, die auch Halbleiter der neuesten Generation herstellen kann. Wenn die beiden Fabrikmodule ab 2027 lieferbereit sind, wird Intel sie wohl für eigenen Produkte wie auch für Auftragsproduktionen für externe Kunden, also auch als Foundry nutzen.

Harald Gossner ist "Senior Prtincipal Engineer" bei Intel. Bildschirmfoto (hw) aus: Virt. Tagung "Mikroelektronik-Forschung in Deutschland..."

Harald Gossner ist „Senior Principal Engineer“ bei Intel. Bildschirmfoto (hw) aus: Virtuelle Tagung „Mikroelektronik-Forschung in Deutschland…“

Bis zu 80 Milliarden Euro Investitionen in Magdeburg denkbar

In Übrigen sieht Harald Gossner auch Chancen, dass es bei den 17 Milliarden Euro, die Intel bisher als Investitionen in Magdeburg versprochen hat, nicht bleiben muss: Das Unternehmen habe sich dort rund fünf Quadratkilometer gesichert. „Das Gelände ist für acht Module ausgelegt“, sagte er. „Das würde etwa 80 Milliarden Euro entsprechen.

Für Intel ist „fraktale“ Forschungsstruktur eine Problem

Insgesamt sei der US-Konzern sei zufrieden mit der Standortwahl, nicht zuletzt auch mit Blick auf die starke Forschungslandschaft in Deutschland. Allerdings sieht Gossner auch einige Herausforderungen: Zum Ersten habe Intel zwar großes Interesse an Forschungskooperationen. Jedoch dominiere in Europa und speziell auch in Deutschland eine eher „fraktale Struktur“ verstreuter wissenschaftlicher Mikroelektronik-Kompetenzen mit vielen verschiedenen Ansprechpartnern. Womöglich könne da die neugeschaffene virtuelle „Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland“ (FMD) helfen, die viele Halbleiterforschungen bei Fraunhofer und Leibniz koordiniere. „Und gerade Fraunhofer hat bei den amerikanischen Kollegen einen sehr guten Ruf.“

Europa muss Designfähigkeit für neueste Halbleiter zurückgewinnen

Zweitens habe sich Europa in den vergangenen Jahren die Fähigkeit verloren, Chips der allerneuesten Generationen zu entwerfen, habe sich sehr auf ältere Designs in der Mikroelektronik fokussiert. „Wir brauchen mehr Designfähigkeiten für neueste CMOS*-Knoten in Europa“, sagte Gossner. Dies ist auch einer der Gründe, warum Intel nicht nur in Magdeburg investiert, sondern in Summe 33 Milliarden Euro in den Aufbau eines eigenen europäischen „Ökosystems“ aus Designzentren, Softwareschmieden und anderer wichtiger Infrastruktur in Frankreich, Spanien, Italien, Polen und Irland schaffen will.

Brauchen 10 Mal so viele Mikroelektronik-Talente

Die dritte große Herausforderung für Intel werde es sein, genügend Arbeitskräfte für seine neuen Fabriken zu finden. Weil Europas Marktanteil in der Mikroelektronik immer mehr geschwunden ist, gibt es heute für Intels Personalhunger viel zu wenige Halbleiter-Fachkräfte. „Das ist für uns ein wichtiges Diskussionsthema mit dem Bundesbildungsministerium.“ Dabei legen die Amerikaner die Latte hoch: „Wir brauchen zehnmal soviel Talente wie heute in Deutschland.“

* CMOS = Complementary metal-oxide-semiconductor – der Standard-Halbleiteraufbau seit fast 60 Jahren

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Vortrag Gossner, Tagung „Mikroelektronik-Forschung in Deutschland…“, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt