Halbleiterindustrie, News, zAufi

Europas Mikroelektronik-Anteil sinkt weiter

Foto: NXP

Foto: NXP

IDTechEx: China holt weiter auf

Scottsdale, 18. Juli 2021. Der Weltmarktanteil der europäischen Mikroelektronik ist weiter gesunken: Lag er vor einer Dekade noch bei etwa zehn Prozent, sank er in den vergangenen Jahren zunächst auf sieben Prozent, Ende 2020 waren es dann nur noch 5,7 Prozent. Das geht aus einem aktuellen Bericht des US-Marktforschungsunternehmens „IDTechEx“ aus Scottsdale hervor.

So sind die weltweiten Produktionskapazitäten für Mikroelektronik auf die Länder und Regionen aufgeteilt. Quelle: IDTechEx

So sind die weltweiten Produktionskapazitäten für Mikroelektronik auf die Länder und Regionen aufgeteilt. Quelle: IDTechEx

Taiwanesen haben schon 2015 die Führung übernommen

Laut den Analysten behauptet sich Taiwan als führender Produktionsstandort für Mikroelektronik: 21,4 Prozent aller weltweit installierten Chip-Fertigungskapazitäten sind auf der Insel installiert, führende Unternehmen sind hier unter anderen die großen Chipfoundries TSMC und UMC. Die Taiwanesen hatten 2011 zunächst Japan und 2015 auch Südkorea überholt. Auf dem zweiten Platz folgt somit nun mit 20,4 Prozent Südkorea, wo Samsung, SK Hynix und andere Unternehmen ihre Chipfabrik-Kapazitäten seit geraumer Zeit stark ausbauen. Nur noch auf Rang 3 kommt Japan mit 15,8 Prozent.

Prognose: Reich der Mitte baut seinen Anteil bis 2025 auf 19 % aus

Besonders dynamisch aber legt der Viertplatzierte: China hat zwar noch nicht die modernsten Chipfertigungstechnologien im Griff, kommt inzwischen aber bereits auf 15,3 Prozent Weltmarktanteil, gemessen an den Halbleiter-Produktionskapazitäten. „Es wird erwartet, dass China im Jahr 2021 Japan bei der installierten Leistung überholen wird“, prognostiziert „IC Insights“. Bereits 2010 hatte China schon Europas Mikroelektronik-Industrie abgehängt, zumindest gerechnet in Waferkapazitäten. Bis 2025 werde das Reich der Mitte seinen Weltmarktanteil wohl auf 19 Prozent ausbauen.

Wettlauf um mehr Chipfabriken wird vielerorts mit viel Steuergeldern ausgetragen

So gut wie alle Länder und Weltregionen, die noch eine eigenen Mikroelektronik haben, bemühen sich seit einiger Zeit verstärkt um einen Ausbau der eigenen Weltmarktanteile. Dabei winken sie teils mit milliardenteuren Subventionsversprechen, teils setzen sie auf planwirtschaftliche Instrumente oder gar auf massiven Druck. China zum Bespiel forciert seit den Handelskriegen und der Embargopolitik der Trump-Regierung in den USA seine eigenen Versuche, technologisch und kapazitätsmäßig aufzuholen und sich möglichst autark vom Rest der Welt zu machen. Der frühere US-Präsident Donald Trump (Republikaner) wiederum hatte einerseits mit Embargos die nationalen Champions der Chinesen in die Knie zu zwingen versucht, andererseits Unternehmen wie Intel und TSMC unter Druck gesetzt, neue Chipfabriken in den USA zu bauen. Zumindest in der China-Politik ist auch unter dem neuen US-Präsidenten Joe Biden (Demokraten) keine Änderung zu erkennen.

Europäer verlieren seit Jahren an Boden – zumindest im Produktionsanteil

Die Europäer wiederum starten seit zehn Jahren eine Mikroelektronik-Initiative nach der anderen, haben aber seitdem Weltmarktanteile verloren statt gewonnen. Fairerweise muss man aber dazu sagen, dass ohne diese staatlichen Förderprogramm der Anteil von Europa – dessen Industrien dringend auf Mikroelektronik angewiesen ist – vermutlich noch stärker gesunken wäre. Zudem haben manche europäische Halbleiter-Unternehmen ihre Marktpositionen in ausgewählten Sparten sogar ausbauen können – nur eben nicht in der Gesamtsumme. Derzeit bemühen sich die EU und Deutschland im Besonderen, milliardenschwere Chipwerk-Investitionen von Intel, TSMC oder anderen Halbleiterriesen an Land zu ziehen, um das Ruder doch noch herumzureißen. Auch Dresden steht hier als möglicher Standort auf der Agenda.

Ein methodischer Hinweis: IDTechEx berechnet die Weltmarktanteile anhand der in den einzelnen Ländern installierten Chipfabriken, unabhängig von der Herkunft des Betreiberunternehmens. Beispiel: Die Dresdner Fabrik des US-Konzerns Globalfoundries wird Deutschland zugerechnet, nicht aber den USA. Die Kapazitäten von Werken, die Chips auf 300 oder 150 Millimeter großen Siliziumscheiben (Wafer) herstellen, wurden auf 200-mm-Wafer-Äquivalente umgerechnet.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: IDTechEx, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt