Die meisten Wirtschaftsbranchen gehen für 2024 von einem weiteren Abschwung aus
Köln, 27. Dezember 2023. Die Aussichten für die deutsche Wirtschaft bleiben düster. Das geht aus einer Verbands-Umfrage durch das „Institut der deutschen Wirtschaft“ (IW) hervor. „Selten war die Lage so düster wie derzeit, und selten war die Prognose so pessimistisch“, fassen die Ökonomen die Befunde zusammen.
Geschäftslage für 30 von 47 Branchen eingetrübt
Demnach berichteten 30 von 47 befragten Branchenverbände berichteten von einer aktuell verschlechterten Geschäftslage in ihren Sektoren. Elf sehen keine Veränderung, nur sechs beobachten eine Verbesserung. Auch der Ausblick fällt pessimistisch aus: 23 Verbände – also etwa die Hälfte – rechnen zudem mit einem Abschwung im Jahr 2024. Nur neun Verbände rechnen mit einen Produktionswachstum. 15 gehen davon aus, dass die Lage sich kaum verändern wird.
IW-Direktor Hüther: „Ampel verspricht viel und hält wenig“
„Die deutsche Wirtschaft leidet flächendeckend darunter, dass sie nicht planen kann“, schätzt IW-Direktor Michael Hüther ein. „Die Ampel verspricht viel und hält wenig. Das Desaster um den Haushalt zeigt, wie gravierend die Lage ist.“ Die rot-grün-gelbe Koalition in Berlin müsse dem Standort Deutschland rasch wieder eine Perspektive zu sichern. „Andernfalls werden wir in den nächsten Jahren verstärkt das beobachten, was schon begonnen hat: eine Deindustrialisierung und eine zunehmende Orientierung ins Ausland.“
Leicht steigende Arbeitslosigkeit erwartet
Zudem überdenken offensichtlich viele Unternehmen ihre Beschäftigungspläne. Die Umfrage zeige, so die IW-Forscher, „dass am deutschen Arbeitsmarkt infolge der multiplen Krisenbelastungen und der unsicheren konjunkturellen Rahmenbedingungen eine Trendwende hin zu weniger Beschäftigung und zu leicht ansteigender Arbeitslosigkeit im Gang ist.“
Energiekosten, steigende Zinsen und Konflikte trüben die Wirtschaftslage und -stimmung
Faktoren für den düsteren Blick in die Zukunft sind hohe Energiekosten, die generelle Teuerung für Vorprodukte, steigende Zinsen und Löhne, zusätzliche Abgaben und Berichtspflichten, der Ukraine-Krieg und der US-Wirtschaftskrieg gegen China. Entsprechend dominiert Pessimismus vor allem in Branchen, die viel Energie verbrauchen, für die Finanzierungen eine große Rolle spielen oder in denen Ampel und EU neue Abgaben beziehungsweise Steuern planen. Mit einer wesentlichen Verschlechterung rechnen beispielsweise Gießereien, die keramische Industrie, die Lederindustrie sowie Unternehmen aus der Kunststoffverarbeitung. „Letztere dürften auch unter der Plastik-Steuer leiden, mit der die Ampel das Haushaltsloch stopfen will“, heißt es vom IW. „Pessimistisch sind zudem Unternehmen aus der Immobilienwirtschaft, Banken, Sparkassen sowie die Bauindustrie und das Baugewerbe: Hohe Zinsen haben für viele den Traum vom Eigenheim platzen lassen.“
Zu den wenigen zuversichtlichen Sektoren gehören die Pharmaindustrie, Feinmechanik und Optik, die mit steigenden Exporten rechnen, sowie die Automobilindustrie, weil dort die Lieferketten-Störungen verschwinden.
Allenfalls Miniwachstum erwartet
Auch laut den Konjunkturprognosen anderer Wirtschaftsforschungs-Institute setzt sich die Stagnation in Deutschland fort – allenfalls ist ein Mini-Wachstum unter einem Prozent zu erwarten. So hat erst kürzlich das Ifo-Institut seine Prognose für 2024 von 1,4 auf 0,9 Prozent Wirtschaftswachstum gesenkt. Beispielhaft für Sachsen hatte der Dresdner Ifo-Forscher Prof. Joachim Ragnitz erst vor wenigen Tagen von einer „Erholung ohne Schwung“ gesprochen. Und das ist schon eine eher optimistische Deutung. Andere wie das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung“ (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung aus Düsseldorf gehen nämlich gar davon aus, dass die deutsche Wirtschaft im kommenden Jahr schrumpft.
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: IW, Ifo, IMK, Oiger-Archiv
Wissenschaftliche Publikation:
„Keine Erholung in Sichtweite – Ergebnisse der IW-Verbandsumfrage für 2024“ von Michael Grömling, in: IW-Report 66/2023, Köln, Fundstelle im Netz hier
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