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Sachsen fordert nach Drohung von Meyer Burger ein Rettungspaket vom Bund

Sachsen Regierung fordert nach den Drohungen aus der Schweiz nun von der Bundesampel ein Rettungspaket für die deutsche Solarindustrie. Visualisierung: Dall-E

Sachsen Regierung fordert nach den Drohungen aus der Schweiz nun von der Bundesampel ein Rettungspaket für die deutsche Solarindustrie. Visualisierung: Dall-E

Ifo Dresden warnt indes vor neuem Subventionswettlauf mit den USA

Dresden/Freiberg/Thun, 17. Januar 2024. Ein Rettungspaket für die deutsche Solarindustrie hat die sächsische Staatsregierung von der Bundesampel gefordert. Damit reagierte die schwarz-grün-rote Koalition in Dresden auf die Drohung der Schweizer „Meyer Burger“-Gruppe (MB), die Solarmodul-Fabrik in Freiberg zu schließen, wenn sie in Deutschland keine Subventionen bekommt.

Michael Kretschmer. Foto: CDU-Landesverband Sachsen

Michael Kretschmer. Foto: CDU-Landesverband Sachsen

MP Kretschmer: Solarindustrie wichtig für wirtschaftliche Souveränität

„Die Solarindustrie ist wichtig für die wirtschaftliche Stärke und Souveränität von Deutschland und Europa“, meint der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Obwohl Sachsen mehrfach bei Bund und EU auf ein Solarpaket gedrängt habe, sei bis heute nichts passiert.

Minister sehen drohende Abhängigkeiten von China bei Modulversorgung

Ähnlich argumentiert sein grüner Energieminister: „Die sächsische und mitteldeutsche Solarindustrie ist ein entscheidender Baustein für die europäische Solarindustrie, für das Hochfahren der Produktion in der EU, also für mehr Unabhängigkeit von China“, schätzt Wolfram Günther ein. „Es darf nicht noch einmal passieren, dass man die Solarindustrie aus ideologischen Gründen aus Deutschland ziehen lässt.“ Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) sieht eine „Zerstörung des Solarmarktes durch chinesische Subventionen“ nahen. Ohne staatliche Hilfen werde die deutsche Solarindustrie nicht überleben.

„Resilienzklausel soll anscheinend Protektionismus-Programme rechtfertigen

Basis für solche Hilfen soll eine sogenannte „Resilienzklausel“ sein. Die soll mutmaßlich unter Verweis auf mögliche Lieferketten-Störungen geeignete Argumente liefern, warum sich die EU, Deutschland und immer mehr andere Akteure nicht mehr die einst vereinbarten Prinzipien des freien Welthandels und des fairen Wettbewerbs befolgen wollen, sondern neue Subventionswettläufe, Schutzzölle und andere protektionistische Programme auflegen. Begründen wollen die Vertreter dieser Wirtschaftspolitik solche Weichenstellungen mit gemutmaßten Subventionen für chinesische Module und befürchtete „Abhängigkeiten von China“. Belege für derartige Subventionen der Chinesen liegen bisher allerdings nicht vor.

Amerikanische Freunde haben Solarmodul-Flut gen Europa ausgelöst

Möglich ist aber auch eine andere Deutung: Die Chinesen haben über Jahre hinweg ihre Fertigungsprozesse verbessert und in automatische Fabriken investiert und produzieren bereits seit Jahren billiger als die Europäer Solartechnik unter anderem für die deutsche Energiewende. Hinzu kommt, dass die „befreundeten“ US-Amerikaner ihre eigenen Industrie subventionieren und ihre Märkte gegen chinesische Module abblocken, so dass die Chinesen ihre Solartechnik nun besonders billig in Europa verkaufen.

Ragnitz: Wenn Bund jetzt nachgibt, kommen bald die nächsten

Vor einem Einstieg in den nächsten Subventions-Wettlauf nach der Mikroelektronik hat auch Wirtschaftsforscher Joachim Ragnitz vom Ifo Dresden gewarnt: „Für Deutschland und Europa ist es wichtig, eine gesicherte Versorgung mit Solarmodulen zu haben“, erklärte er auf Oiger-Anfrage. „Wo die produziert werden, ist dann letzten Endes egal. Zudem gibt es eine Reihe weiterer Modulhersteller in Deutschland und in Europa – bei Solarzellen sieht es anders aus. Für mich ist die Drohung von MB eher ein Erpressungsversuch gegenüber der Bundesregierung, dem man nicht nachgeben sollte. Das würde nicht nur die anderen Modulhersteller veranlassen, ebenfalls Subventionen zu fordern, sondern im Zweifel auch den Subventionswettlauf weltweit anheizen.“ Ganz von der Hand zu weisen ist diese Vermutung nicht: Der Modulhersteller Solarwatt Dresden hatte erst kürzlich ähnliche Überlegungen laut angestellt.

Prof. Joachim Ragnitz ist Stellvertretender Leiter der ifo-Niederlassung Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Prof. Joachim Ragnitz ist Stellvertretender Leiter der ifo-Niederlassung Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Hinzu komme, dass der technologische Vorsprung von MB eher in der Solarzelle liege, die weiter in Thalheim produziert werden solle. Es erschließe sich aber nicht, warum Deutschland um jeden Preis auch eine Modulfertigung halten müsse. „Zumindest hilft es nicht, die technologische Souveränität aufrechtzuerhalten“, meint Ragnitz. Und angesichts der Haushaltsprobleme des Bundes sei es ohnehin fraglich, wo das Geld für neue Subventionen überhaupt herkommen soll.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Sächsische Staatsregierung, Ifo, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt