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Neues Elbwasserwerk soll den Durst der Dresdner Chipindustrie löschen

Blick ins Sachsenenergie-Wasserwerk Saloppe in Dresden. Foto: Oliver Killig für Sachsenenergie

Blick ins Sachsenenergie-Wasserwerk Saloppe in Dresden. Foto: Oliver Killig für Sachsenenergie

Sachsenenergie will knappe Hälfte der 317-Millionen-Euro-Investition für neues Industriewasser-System als Subvention

Dresden, 14. September 2023. Um den wachsenden Durst der Mikroelektronik-Industrie in Dresden zu löschen, der demnächst auch durch die avisierte TSMC-Chipfabrik weiter angefacht wird, baut „Sachsenenergie“ für 317 Millionen Euro an der Elbe ein eigenes Industriewassersystem mit einem neuen Flusswasserwerk als Herzstück. Damit will der regionale Infrastruktur-Konzern letztlich die Wasserbedürfnisse von Bürgern und Industrie getrennt befriedigen. Der Freistaat Sachsen und die Stadt Dresden wollen die Großinvestition subventionieren – Sachsenenergie will etwa 150 Millionen Euro Zuschüsse beantragen, also etwa 47 Prozent der Gesamtsumme. Das haben die „Sachsenenergie“ und die Landeshauptstadt Dresden als Anteilseigner des Unternehmens heute angekündigt.

Sachsenenergie-Chef: Das gibt Dresdnern und Industrie „Sicherheit für morgen“

Mit dem geplanten Elb-Wasserwerk wolle er „der wachsenden High-Tech-Industrie und den Dresdnerinnen und Dresdnern eine Perspektive und Sicherheit für morgen geben“, erklärte Sachsenenergie-Chef Frank Brinkmann. „Mit unserem neuen Flusswasserwerk für die Industrie wollen wir Industriewachstum und neue Ansiedlungen ermöglichen, ohne dass die Trinkwasserversorgung für die Bevölkerung beeinträchtigt wird.“ Die Investition sei „für die Versorgung der wachsenden Chip-Industrie alternativlos“.

Sachsenenergie-Chef Frank Brinkmann (links), Oberbürgermeister Dirk Hilbert (Mitte) und Staatskanzlei-Chef Oliver Schenk besichtigen Brunnen an der Saloppe in Dresden. Foto: Oliver Killig für Sachsenenergie

Sachsenenergie-Chef Frank Brinkmann (links), Oberbürgermeister Dirk Hilbert (Mitte) und Staatskanzlei-Chef Oliver Schenk besichtigen Brunnen an der Saloppe in Dresden. Foto: Oliver Killig für Sachsenenergie

Prognose: Wasserbedarf der Chipindustrie verdoppelt oder verdreifacht sich

Bereits vor der Entscheidung der Taiwanesen, in Dresden eine zehn Milliarden Euro teure Halbleiterfabrik zu bauen, war absehbar gewesen, dass Sachsenenergie die Wasserversorgung im Elbtal ausbauen muss. Denn Infineon, Bosch, Globalfoundries und weitere Akteure wollen ihre Technologiefabriken im Dresdner Norden ausbauen, hinzu kommen das organische Wachstum im industriellen Mittelstand und eben Neuansiedlungen wie die von TSMC. Von daher rechnet Sachsenenergie damit, dass sich die Industriewasser-Nachfrage durch die Halbleiterproduzenten in dieser Dekade verdoppelt bis verdreifachen wird. Laut Prognose steigt ihr Anteil am Gesamt-Wasserbedarf Dresdens bis zum Jahr 2030 von derzeit 30 Prozent voraussichtlich auf circa 50 Prozent.

Uferfiltrat-Brunnen an Saloppe waren nur 1. Schritt

Daher hatte es schon länger Verhandlungen zwischen Stadt, Land und dem Regionalversorger über ein eigenes Wassersystem für die Chipindustrie gegeben. In einem ersten Schritt hatte das Unternehmen Anfang 2023 insgesamt 15 neue Uferfiltrat-Brunnen an der Dresdner Saloppe für die Wasserversorgung der Industrie im Dresdner Norden in Betrieb genommen. „Die Chip-Hersteller Infineon und Bosch haben sich schon jetzt darüber hinausgehende Mengen für die Zukunft gesichert“, informierte Sachsenenergie.

Auch Wasserwerk Albertstadt geht wieder in Betrieb

„Als Reaktion ertüchtigt Sachsenenergie mit einem hohen finanziellen Aufwand bis 2026 die bestehenden drei Wasserwerke Hosterwitz, Tolkewitz und Coschütz und nimmt das Reserve-Wasserwerk Albertstadt erneut in Betrieb“, hieß es weiter.

Staat und Stadt sollen Wasserpreise für Halbleiter-Unternehmen heruntersubventionieren

Parallel dazu werde das Unternehmen bis 2030 ein „innovatives Flusswasserwerk im Westen Dresdens zusammen mit einem eigenen, redundanten Verteilernetz“ errichten. Das neue Elbwasserwerk in Kaditz/Übigau kostet laut Prognose rund 247 Millionen Euro. Weitere 70 Millionen Euro sind eingeplant, um das Wasserwerk Hosterwitz und weitere Teile des Bestandssystems zu ertüchtigen. Um solch hohe Investitionen zu refinanzieren, müsste Sachsenenergie entweder vergleichsweise hohe Wasserpreise von den Unternehmen verlangen – oder sehr lange Amortisierungszeiten einplanen. Daher soll wieder der Steuerzahler einspringen: „Um der Halbleiterindustrie konkurrenzfähige Wasserpreise anbieten zu können, entsteht angesichts hoher Investitionen eine Wirtschaftlichkeitslücke“, betonte Sachsenenergie. „Der Freistaat Sachsen und die Landeshauptstadt Dresden streben an, die Maßnahme mit Fördermitteln zu unterstützen.“ Anders ausgedrückt: Hier handelt es sich eigentlich um Preissubventionen für TSMC, Infineon & Co., die in die Gesamt-Zuschussbilanz eingerechnet werden müssen.

Regionalversorger versichert, Wasserbilanz der Elbe „nur höchst minimal“ zu stören

Die Sachsenenergie-Führungsetage ahnt allerdings anscheinend bereits, dass nicht nur die erwünschten Subventionen für Zündstoff sorgen, sondern auch ökologische Bedenken für Widerstand gegen das Projekt auslösen könnten. „Das Flusswasserwerk beeinflusst nur höchst minimal die Wasserbilanz der Elbe“, versichert daher Sachsenenergie schon einmal prophylaktisch. „Die entnommene Menge liegt selbst in Zeiten von Niedrigwasser wegen der hohen Recycling-Quote bei lediglich 0,21 Prozent der Durchflussmenge und wird nach Nutzung zu 80 bis 90 Prozent über die Stadtentwässerung Dresden zurück in die Elbe geleitet.“

Frank Bösenberg. Foto: Tommy Halfter für Silicon Saxony

Frank Bösenberg. Foto: Tommy Halfter für Silicon Saxony

Branche verspricht Abwasser-Aufbereitung

Branchenvertreter begrüßten das Vorhaben derweil: „Das neue Wasserwerk stärkt Dresden als Industriestandort“, kommentierte „Silicon Saxony“-Chef Frank Bösenberg. Die Mikroelektronik werde das Wasser auch nicht vergeuden: „Der nachhaltige Umgang mit Wasser hat oberste Priorität“, versicherte er. „Deshalb setzt die Industrie seit Jahren Verfahren ein, um Wasser einzusparen oder beispielsweise durch Umkehrosmose zurückzugewinnen. Der größte Teil des industriellen Abwassers wird so aufbereitet, dass es wiederverwendet werden kann.“

Raik Brettschneider ist einer der beiden Geschäftsführer von Infineon Dresden. Foto: Infineon

Raik Brettschneider ist einer der beiden Geschäftsführer von Infineon Dresden. Foto: Infineon

Infineon begrüßt Pläne

Auch der Dresdner Infineon-Geschäftsführer Raik Brettschneider sprach sich für das Vorhaben aus: „Die Mikroelektronikindustrie in Dresden ist der wichtigste Wirtschaftszweig im Freistaat Sachsen und wird in den kommenden Jahren weiter an Bedeutung gewinnen. Wir begrüßen daher ausdrücklich die Pläne für ein neues Flusswasserwerk.“

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Sachsenenergie, LHD, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt