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IG Metall kritisiert Stellenabbau von VW in Elektroauto-Werk Zwickau

Das VW-Werk Zwickau montiert das Audi-Elektroauto "Q4 e-tron". Foto: Audi

Die Archivaufnahme zeigt das VW-Werk Zwickau bei der Montage eines Audi „Q4 e-tron“. Foto: Audi

Volkswagen will 269 befristete Verträge wegen schwacher E-Auto-Nachfrage nicht verlängern

Zwickau, 15. September 2023. Die IG Metall hat die Volkswagen-Pläne für einen Personalabbau um zunächst 269 befristete Beschäftigte in Elektroauto-Werk Zwickau kritisiert. Der sächsische SPD-Bundestagsabgeordnete Carlos Kasper hat nun Hilfe vom Freistaat für die VW-Werker gefordert. Das Unternehmen selbst machte die „aktuellen Marktsituation“ für die Stellenkürzungen im seinen Elektroauto-Leitwerk verantwortlich.

Gewerkschafter: Harter Schlag für Region und persönliche Katastrophe für Betroffene

„Dies ist ein harter Schlag für die Betroffenen und die ganze Region“, erklärte IG-Metall-Bezirksleiter Dirk Schulze. Auch der Erster Bevollmächtigter der IG Metall Zwickau, Thomas Knabel, zeigte sich nach einer Betriebsversammlung verärgert: „Das ist für diese 269 betroffenen Menschen und ihre Familien eine persönliche Katastrophe!“ VW hat inzwischen in einer Stellungnahme immerhin versprochen, sich beim weiteren Vorgehen „eng mit der Arbeitnehmervertretung“ abzustimmen.

Mit schwindenden Subventionen lässt Nachfrage nach Stromern nach

Hintergrund ist die abflauender Nachfrage für die VW-Elektroautos, seitdem der Kauf von Elektroautos nicht mehr so stark wie früher vom Bund subventioniert wird. Für Privatkunden fallen nun die Nachteile der Stromer wie hoher Preis, geringe Reichweite, steigende Stromkosten und lange Ladezeiten ohne Staatszuschüsse wieder stärker ins Gewicht. Zudem ist es VW immer noch nicht gelungen, das versprochene Elektroauto für die Massen unter 20.000 Euro zu bauen – während die Konkurrenz aus China gerade auch in niedrigen Preissegmenten immer mehr erstarkt. Dem Vernehmen nach sinken auch die Elektroauto-Bestellungen von Flottenbetreibern, also zum Beispiel von Unternehmen mit vielen Dienstwagen, die eigentlich das Brotgeschäft für VWs Elektroauto-Offensive sichern sollten.

VW hat viel auf eine Karte gesetzt

Dieser Rückschlag hat auch eine politische Dimension: In der Vergangenheit hatte sowohl die Regierung Merkel wie auch nun vor allem die rot-grün-gelbe Bundesampel die Bevölkerung wie die Autoindustrie auf den Umstieg auf Elektroautos als Königsweg hin zu umweltfreundlicherer Mobilität eingeschworen. Diese politische Fokussierung auf nur einen technologischen Pfad war von Anfang an auch auf Kritik gestoßen. VW war als erstes auf den gewünschten Stromer-Kurs eingeschwenkt und hatte allein in Zwickau rund 1,2 Milliarden Euro investiert, um die dortigen Fabriken vollständig von Verbrennern auf die Elektroauto-Produktion umzurüsten. Bei Kunden und Autotestern hinterließen die zuerst in Sachsen gebauten VW-Stromer der neuen ID-Generation jedoch oft ein durchwachsenes Meinungsbild: Ohne Subventionen sind die IDs relativ teuer, sind aber nach Meinung vieler Nutzer mit einer wenig ausgereiften Software gestartet und kommen auch in anderen Punkten wie automatisiertes Fahren nicht an Tesla oder in Sachen Schnickschnack-Komfort und Preis nicht an die Chinesen heran.

Sprecher: VW ist von Elektromobilität weiterhin zu 100% überzeugt

Dennoch erklärte ein Sprecher von VW Sachsen: „Volkswagen ist vom Weg in die Elektromobilität weiterhin zu 100% überzeugt.“ Zwickau spiele auf diesem Pfad weiter eine zentrale Rolle. Die Belegschaft sei hier „personell stark gewachsen“, betonte der Sprecher. „Wir haben mehr als 3.000 Mitarbeitende neu eingestellt, die meisten davon zunächst befristet. Wir haben die Zusage gegeben, 540 dieser befristet Beschäftigten dauerhaft zu übernehmen. Angesichts der aktuellen Marktsituation können wir jedoch 269 befristete Verträge, die nach 12-monatiger Laufzeit in Kürze auslaufen, nicht verlängern. Auch den Schichtbetrieb müssen wir voraussichtlich anpassen.“

SPD: Rückschläge sind normal, Management ist in der Pflicht

Auch Kasper (SPD) verteidigt den von seiner Partei mitgetragenen Pfad, den VW eingeschlagen hat: „Zwickau erlebt mit der Elektromobilität grundsätzlich eine Erfolgsgeschichte“, argumentierte der Bundestagsabgeordnete für die Region. „Dass es da unterwegs auch Rückschläge gibt, ist normal, ohne jetzt die derzeitigen Probleme kleinreden zu wollen.“ Und: „Wir schauen jetzt genau hin, woran es wirklich liegt, dass VW in Zwickau momentan nicht hundertprozentig geradeaus fährt. Da ist auch das Management in der Pflicht, die eigene Arbeit kritisch zu beleuchten. Denn wir sehen auch: Bei anderen Elektroauto-Herstellern in Deutschland läuft es besser.”

Andererseits könne der Freistaat zur Standortsicherung beitragen, indem er für mehr Ladesäulen für E-Autos sorge. „Wir müssen bei Gegenwind Kurs halten und haben dann die Chance, als gestärkter Industriestandort aus der Transformation hervorzugehen“, ist Kasper überzeugt.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: VW, IG Metall, SPD-Landesverband, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt