Millioneninvestitionen geplant, Belegschaft soll sich verdoppeln
Dresden, 27. Juli 2021. Weil immer mehr Stahlwerke, Öl-, Chemie- und Energieunternehmen Wasserstoff auf elektrochemischem Weg mit Elektrolyse-Anlagen von Sunfire erzeugen wollen, baut das Dresdner Unternehmen seine Produktionskapazitäten nun stark aus. Das hat Sunfire-Technikchef Christian von Olshausen angekündigt. Insgesamt werde die Firma dafür bis 2025 einen dreistelligen Millionenbetrag investieren. Wie genau das Unternehmen diese Ausgaben finanzieren will, mochte er nicht verraten, kündigte aber an: „Wir stellen auch neues Personal ein.“ In den nächsten Jahren werde die Belegschaft dadurch stark wachsen: von derzeit 250 auf dann über 500 Beschäftigte oder womöglich noch mehr.
Ausbau in Dresden-Reick, den Großteil der Produktion sollen aber Auftragsfertiger übernehmen
Geplant sind einerseits Investitionen in das Hauptquartier in Dresden-Reick, zum Beispiel sollen neue Montagehallen für Elektrolyseure entstehen. Einen Großteil der zusätzlichen Kapazitäten wollen die Sunfire-Chefs aber an externe Auftragsfertiger auslagern –zu großen Teilen in Sachsen, wie von Olshausen versichert. „Es wird uns viele Jahre sparen, wenn wir das gemeinsam mit Partnern machen“, verteidigte er diesen Auslagerungskurs.
Derzeit kann die noch sehr manufakturartige Fertigungslinie am Hauptstandort in Dresden pro Jahr Elektrolyseure mit einer Gesamtleistung von bis zu fünf Megawatt bauen. Künftig soll das Unternehmen im Ganzen auf zunächst 500 Megawatt und später auf zehn Gigawatt pro Jahr kommen, wenn man eigene Kapazitäten und die der Auftragsfertiger zusammenrechnet.
Alkali- und Hochtemperatur-Pfad für die Wasser-Zerlegung
Dabei verfolgt das Unternehmen zwei Hauptproduktlinien: Die effektiveren, aber auch teureren Hochtemperatur-Elektrolyseure (englisch als „solid oxide electrolyzer cell“ = „SOEC“ bezeichnet) stellt Sunfire in Sachsen her, die billigeren Alkali-Elektrolyseure bei der kürzlich eingekauften Schweizer Tochter „IHT“. Während die energetische Ausbeute bei den Alkalisystemen bei etwa 64 Prozent liegt, erreichen SOECs rund 84 Prozent. Allerdings sind die Hochtemperatur-Zellen eben auch noch dreimal so teuer wie Alkali-Systeme oder Elektrolyseure mit „Protonaustausch-Membranen“ (PEM). Letztere hat Sunfire nicht im Programm, auf die PEM-Technologie setzt zum Beispiel Linde Dresden gleich in der Nachbarschaft. „Wir haben allerdings inzwischen eine dritte SOEC-Generation in der Entwicklung, die deutlich effizienter arbeiten wird“, berichtet von Olshausen. Diese Systeme sollen dann nur noch 30 bis 50 Prozent teurer sein als Alkali und PEM. Dieser dann nicht mehr ganz so immense Mehrpreis dürfte sich angesichts der höheren Wasserstoff-Ausbeute der SOECs der 3. Generation rasch amortisieren.
Den ersten Liter E-Diesel bekam die Forschungsministerin
Lange Zeit hatte Sunfire zwar allerlei technologische, aber nur wenige wirtschaftliche Erfolge vorzuweisen gehabt: 2010 durch Nils Aldag, Christian von Olshausen und Carl Berninghausen gegründet, sorgte das Unternehmen zunächst mit einer besonderen Pilotanlage für Schlagzeilen: Die konnte im Idealfall aus Wasser, Ökostrom und Luft besonders hochwertige „elektrische“ Kraftstoffe erzeugen. Dafür koppelten die Ingenieure in einem Fabrikturm einen großen Hochtemperatur-Elektrolysator mit einer Fischer-Tropsch-Syntheseanlage. Den ersten offiziellen Liter E-Diesel daraus tankte 2014 die damalige Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU) in ihren Dienstwagen.
Saubere Elektrolyse soll Dampfreformer ablösen
Doch der E-Diesel war und blieb zu teuer, die Verkaufserfolge der Komplettanlagen hielten sich in Grenzen. Ohnehin entwickelte sich die Marktnachfrage mehr in Richtung bloßer Elektrolyse-Containeranlagen, die einfach zu transportieren sind. Im Stahlwerk Salzgitter zum Beispiel erzeugt ein Sunfire-Elektrolyseur der Megawatt-Klasse seit geraumer Zeit Wasserstoff, der perspektivisch Kohle als Reduktionsmittel in der Stahlerzeugung ablösen soll. Auch wollen wegen des wachsenden politischen Drucks hin zu mehr Umweltschutz immer mehr Chemieunternehmen und andere Wasserstoff-Großverbraucher weg von Dampfreformern. Die gewinnen diesen Rohstoff und Energieträger nämlich aus Erdgas, erzeugen dabei aber auch das Treibhausgas Kohlendioxid. Sauberer ist da die Elektrolyse, die Wasser unter Stromeinsatz in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt.
Wasserstoff zur Schlüsseltechnologie hochgestuft
Doch erst die jüngeren politischen Weichenstellungen, die solche Elektrolyseure von vielen Abgaben und Steuern befreien, die Wasserstoff-Erzeugung zu einer Schlüsseltechnologie in Deutschland hochgestuft und viele Förderprogramme initiiert haben, bringen den Markt nun für Sunfire wirklich in Schwung. Zudem haben die Dresdner durch die Übernahme in der Schweiz nun zwei statt nur einer Elektrolyse-Technologien im Portefeuille. Und mit IHT haben sie jetzt einen erfahrenen Partner an Bord, der diesen Markt schon seit Jahrzehnten beackert. Von Olshausen: „Gemeinsam sind wir eines der führenden Elektrolyseur-Unternehmen.“
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: Sunfire, Oiger-Archiv
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