Lösung der TU Dresden mit Doppelelektrode soll lahme organische Schaltungen auf Trab bringen
Dresden, 22. September 2022. Physiker der TU Dresden haben vermutlich einen wichtigen Durchbruch erzielt, um einen alten Nachteil organischer Elektronik endlich zu überwinden: Das Kollektiv um Dr. Hans Kleemann vom „Institut für angewandte Physik“ (IAP) der TU Dresden hat dafür vertikale organische Transistoren konstruiert, die sehr schnell schalten. Das geht aus einer Mitteilung der Technischen Universität Dresden (TUD) hervor.
Falt-Smartphones endlich billiger?
Wenn sich diese Technologie in der Elektronikindustrie durchsetzt, könnten beispielsweise die bisher sündhaft teuren faltbaren Smartphones und biegsamen Fernseher endlich in bezahlbare Regionen gelangen. Auch ganz neuartige Einsatzfelder für flexible Organikelektronik sind damit möglich. Die Option einer Ausgründung werde geprüft, teilte Kleemann auf Anfrage mit.
Hohe Schaltfrequenzen werden nun möglich
„Bisher waren vertikale Transistoren eher Exoten und galten als schwer zu integrieren in elektrischen Schaltungen“, erklärte Dr. Hans Kleemann. „Durch die von uns entwickelten vertikalen Transistoren mit doppelter Steuerelektrode ist es erstmals möglich, komplexe logische Zustände mit Hilfe weniger Transistoren zu realisieren und dabei gleichzeitig die Vorteile der vertikalen Architektur, wie zum Beispiel hohe Schaltfrequenzen, auszunutzen.”
Komplexe organische Elektronik ohne Silizium-Hilfe
Die Forscher sehen mit dieser neuen Bauweise gute Chancen, auch komplexe Elektronikmodule nun ganz aus organischen Materialien zu konstruieren, auch ohne Hilfe durch Silizium-Chips. Damit habe die Forschungsgruppe „Organische Bauelemente und Systeme“ (ODS) einen „Meilenstein im Hinblick auf die Vision einer flexiblen und druckbaren Elektronik gelegt“, betonte die Uni. „Durch diese Transistoren könnte es in Zukunft möglich sein, selbst anspruchsvolle elektronische Funktionen wie drahtlose Kommunikation (RFID) oder hochauflösende flexible Displays vollständig mit organischen Bauelementen zu realisieren.“
Gang „zurück ans Reißbrett“ zahlt sich aus
Das Dresdner Physikinstitut IAP gilt seit Jahrzehnten als eine der führenden Forschungseinrichtungen für organische Elektronik, organische Leuchten (Oleds) und organische Solarzellen (OPV). Zahlreiche Ausgründungen haben diese Expertise auch wirtschaftlich verwertet, darunter Unternehmen wie „Novaled“ und „Heliatek“. Allerdings hatte Organikelektronik-Papst Prof. Karl Leo vom IAP vor einem knappen Jahrzehnt seiner Mannschaft die Devise „Zurück ans Reißbrett!“ ausgegeben: Es hatte sich herausgestellt, dass die bis dahin entworfene organische Elektronik nicht genug Potenzial hatte, um siliziumbasierten Computerchips auch nur annähernd beim Tempo das Wasser zu reichen. Der nun vorgestellte vertikale Transistor mit zwei Steuerelektroden könnte einige dieser Probleme womöglich mindern. Derzeit sind die Forscher bei Schaltfrequenzen bis 100 Megahertz angelangt. Das ist zwar immer noch wenig im Vergleich zu modernen Spitzen-Prozessoren aus Silizium, die mit drei bis vier Gigahertz getaktet sind – aber schon ein großer Fortschritt gegenüber älteren organischen Schaltungen.
Autor: hw
Quelle: TUD
Die wissenschaftliche Publikation dazu:
Guo, E.; Wu, Z.; Darbandy, G.; Xing, S.; Wang, S.; Tahn, A.; Göbel, M.; Kloes, A.; Leo, K.; Kleemann, H. Vertical Organic Permeable Dual-Base Transistors for Logic Circuits. Nature Communications: http://dx.doi.org/10.1038/s41467-020-18576-5
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