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Scheichs werben Dresdner Organik-Papst Leo ab

Prof. Karl Leo. Abb.: IPMS

Prof. Karl Leo. Abb.: IPMS

Professor gilt als Vater der sächsischen Organikelektronik

Dresden, 6. August 2013: Dresden droht eine Koryphäe zu verlieren: Der Photonik-Professor Karl Leo, der als Vater der Dresdner Organikelektronik-Industrie gilt, will nach Arabien gehen. Der Professor habe „ein attraktives Stellenangebot der King Abdullah University of Science and Technology in Saudi-Arabien erhalten“, bestätigte die Technische Universität Dresden auf Oiger-Anfrage. Hintergrund dürften jüngere Wirtschaftspolitik der Scheichs sein, die für die „Zeit nach dem Öl“ jetzt den Grundstein für eigene Hightech-Industrien legen wollen – und dabei nicht mit Geld sparen.

TU will Photoniker noch zurückangeln

Die Uni hat allerdings noch nicht alle Hoffnung fahren lassen, den 53-jährigen Spitzenforscher doch noch zurückzuangeln: „Derzeit verhandelt die TU Dresden ergebnisoffen mit Herrn Prof. Leo über mögliche Optionen, die vom Verbleib an der Universität über eine befristete Beurlaubung bis zu einem vollständigen Weggang reichen“, hieß es von der TU. Welche Lockmittel die Uni dabei in den Ring wirft, wollte sie nicht verraten. „Das ist ein schmerzhafter Verlust für den Standort“, kommentierte Wirtschaftsbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) Leos geplanten Weggang. „Er war bisher der entscheidende Knoten im Organikelektronik-Netzwerk.“

Leo möchte für sächsisch-arabische Kooperation trommeln

Leo selbst will Dresden indes nicht ganz den Rücken kehren: Er habe die Uni „nur um eine Beurlaubung gebeten“, sehe dies als „eine befristete Aufgabe“ und eine „exzellente Möglichkeit einer sächsisch-saudischen Zusammenarbeit“, erklärte er auf Anfrage. Er verhandele derzeit mit dem sächsichen Wissenschaftsministerium und der Uni, wie diese Kooperation aussehen könne.

Organikelektronik-Cluster mit über 1000 Jobs entstanden

Blick in die Produktion. Abb.: Novaled

Blick in die Novaled-Produktion. Abb.: Novaled

Der inzwischen mehrfach ausgezeichnete Physiker war 1993 von Aachen nach Dresden gekommen und leitete hier das TU-Institut für Angewandte Photophysik (IAPP). Er war Mitinitiator solcher Firmenausgründungen wie Novaled (Organische Leuchtdioden) und Heliatek (organische Solarzellen) und förderte weitere Organikelektronik-Aktivitäten, die Dresden zu einem der weltweit wichtigsten Forschungs- und Wachstumskerne für organische Elektronik formten, an dem inzwischen im Großraum Dresden über 1000 Jobs hängen. Unter anderem holte er die internationale Fachkonferenz „Plastic Electronics“ nach Dresden, war zeitweise einer der Chefs des Fraunhofer-Instituts für Photonische Mikrosysteme (IPMS) in Dresden-Klotzsche und leitete dann dessen Organikelektronik-Zentrum „COMEDD“, das 2012 wegen seines gefragten Profils als eigene Fraunhofer-Einrichtung ausgegründet wurde.

Im Comedd habe er seine Tätigkeit bereits aufgegeben, teilte Leo auf Anfrage mit, dort habe Fraunhofer inzwischen eine Strategiekommission eingesetzt, die die weitere Entwicklung festlegen soll. „Das COMEDD hat sich sehr positiv entwickelt und in den letzten Jahren seine Industrieeinnahmen fast vervierfacht, so dass unsere Planung deutlich übertroffen wurde“, betonte der Professor.

Zu seinen wirtschaftlich wohl erfolgreichsten Projekten gehörte die Ausgründung der bereits erwähnten Firma „Novaled“, die stark gewachsen ist. Heute gilt sie als einer der international wichtigsten Schlüsselzulieferer für die Produktion von Bildschirmen aus „Organischen Leuchtdioden“ (OLEDs) und steht deshalb nun anscheinend kurz vor der Übernahme durch eine Tochter des südkoreanischen Samsung-Konzerns.

Freistaat winkt mit millionenteuren Instituts-Neubau

In seinen Forschungen hatte Leo zuletzt die Devise „Zurück ans Reißbrett“ ausgegeben: Er wollte an einem völlig neuem Design organischer Elektronik arbeiten, das diese schneller und konkurrenzfähiger zu anorganischen Chips machen sollte. Wegen der besonderen Schlüsselrolle der Arbeiten von Leo und dessen Institutskollegen hatten der Freistaat und die TU erst kürzlich angekündigt, ab dem Frühjahr 2014 für 30 Millionen Euro einen Neubau für das IAPP an der Nöthnitzer Straße im Dresden Norden zu errichten. Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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