80 Millionen Euro teure Fabrik-Erweiterung geht offiziell in Betrieb
Dresden, 20. August 2019. 13 Jahre nach der Ausgründung aus den Unis Dresden und Ulm steigt das Photovoltaik-Unternehmen „Heliatek“ nun endlich von der Pilot- auf die Massenproduktion organischer Solarzellen um. Der neue Geschäftsführer Guido van Tartwijk hat dafür heute eine 80 Millionen Euro teure Fabrikerweiterung an der Treidlerstraße in Dresden offiziell in Betrieb genommen – mit einem Schlag auf einen riesigen roten Knopf.
Neue Anlagen für 1 Million qm pro Jahr ausgelegt
„Jetzt müssen wir die Anlagen noch auf volle Leistung bringen“, sagte Guido van Tartwijk. Die neuen Anlagen können nun größere Folien, die bis zu 1,20 Meter breit sind, mit organischen Solarzellen beschichten. Sie sollen erst bei einer Million Quadratmeter pro Jahr an ihr Fertigungsmaximum stoßen. „Die Anfragen von Kunden übersteigen schon jetzt die Kapazitäten.“ Insofern werde die jüngste Erweiterung wohl nicht die letzte sein.
Neuer Chef will Fabrik mit Solardach-Nachsrüstungen auslasten
Die Nachfrage komme vor allem von Energie- und Immobilien-Unternehmen aus Deutschland, Frankreich, Spanien, Südkorea, Dubai und Japan. Diese Kunden wollen laut van Tartwijk die besonders dünnen, leichten und biegsamen Sonnenenergie-Sammler aus Sachsen auf ihre Dächer kleben, um ihre Ökobilanz zu verbessern. „Klassische Photovoltaik-Paneele aus Silizium wären gerade bei Bestandsgebäuden oft zu schwer für solche Nachrüstungen.“
Organische Zellen auch auf gewölbten Flächen aufklebbar
„Der Wirkungsgrad unserer Module, wir nennen dies auch die Effizienz, wird im eingeschwungenen Zustand der neuen Fabrik bei zehn Prozent liegen“, erklärte Heliatek-Finanzchef Jan Kiel dazu. „Bis 2025 werden wir 13 Prozent erreichen. Im Labor stellen wir gegenwärtig Zellen mit einer Effizienz von 11,5 Prozent her. Silizium Zellen liegen gegenwärtig bei 15 bis 20 Prozent. Die können allerdings in vielen Fällen, etwa leichtragende oder gewölbte Dächer oder Fassaden, nicht eingesetzt werden. Genau dort sind unsere Module die richtige Alternative.“
Van Tartwijk unter Erfolgsdruck
Der Niederländer van Tartwijk steht unter einigem Erfolgsdruck: Sein französischer Vorgänger Thibaud Le Séguillon hatte über Jahre hinweg versucht, mit allerlei Pilotprojekten die noch junge organische Solartechnologie auf dem Immobilienmarkt zu verankern. Einen Massenmarkt vermochte er damit nicht aufzubauen, geschweige denn Gewinne zu erwirtschaften. Was heißt: Das Unternehmen verzehrt immer noch die Einlagen von Anteilseignern wie Innogy, BASF, BNP und allerlei Risikokapitalisten.
Das soll durch den Umstieg auf eine Massenproduktion und neue Kunden ändern, verspricht van Tartwijk. „Ich werde nur Pilotprojekte nicht mehr gratis machen, sondern nur noch, wenn der Kunden hinterher auch kauft“, kündigte er an. „In der zweiten Hälfte des Jahres 2021 wollen wir die ersten Gewinne machen.“ Parallel dazu will er aber auch die Belegschaft vergrößern: von derzeit 150 Mitarbeitern in Dresden und Ulm auf etwa 200 Beschäftige Ende 2020.
2021 braucht Unternehmen frisches Geld
Unbegrenzt Zeit hat der neue Chef jedenfalls nicht, aus den roten Zahlen herauszukommen: Das finanzielle Polster und der technologische Vorsprung der Dresdner Technologen beginnen zu schmelzen. Bis Anfang 2021 reicht das eingeworbene Risikokapital noch. Danach muss das Unternehmen beginnen, sich selbst zu finanzieren – oder van Tartwijk muss Klinken putzen, um eine neue Kapitalspritze zu bekommen.
Technologischer Vorsprung schmilzt
Zudem schläft auch die Konkurrenz nicht: Chinesische Forscher verkündeten kürzlich stolz, dass sie organische Solarzellen mit einer Energieausbeute von über 17 Prozent hergestellt hätten. Die Heliatek-Zellen kommen hingegen auf bis zu 13 Prozent. „Da sprechen die Chinesen aber über das, was wir ,Heldenzellen‘ nennen“, verteidigte Heliatek-Mitgründer Prof. Karl Leo von der TU Dresden sein „Baby“: „Das sind Rekordzellen im Labor, nicht unter realen Bedingungen. Bei den Zellen, die wirklich auf einem Dach verbaut werden können, ist Heliatek weiter führend in der Effizienz und Lebensdauer.“
Dies sehen auch Marktanalysten wie die Forscher von IDTEchEx so. Allerdings ist kaum damit zu rechnen, dass die Chinesen auf halben Wege stehen bleiben.
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: Vor-Ort-Recherche Heliatek, IDTechEx
Ihre Unterstützung für Oiger.de!
Ohne hinreichende Finanzierung ist unabhängiger Journalismus nach professionellen Maßstäben nicht dauerhaft möglich. Bitte unterstützen Sie daher unsere Arbeit! Wenn Sie helfen wollen, Oiger.de aufrecht zu erhalten, senden Sie Ihren Beitrag mit dem Betreff „freiwilliges Honorar“ via Paypal an:
Vielen Dank!
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.