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Neue Infineon-Chipfabrik in Sachsen soll als 1. Fab in Europa ohne Erdgas auskommen

Blick aus der Chefetage auf die Baustelle der Chipfabrik 4 von Infineon Dresden im März 2024. Foto: Heiko Weckbrodt

Blick aus der Chefetage auf die Baustelle der Chipfabrik 4 von Infineon Dresden im März 2024. Foto: Heiko Weckbrodt

Im Dresdner Norden entsteht teuerster Reinraum, den der deutsche Halbleiter-Konzern je gebaut hat

Dresden, 2. April 2024. Die fünf Milliarden Euro teure Fabrik 4 von Infineon in Dresden wird im regulären Betrieb ohne Erdgas auskommt. „Wird die erste Fab in Europa, die das schafft“, avisiert der technologische Geschäftsführer von Infineon Dresden, Thomas Richter. Dies ist Teil des Ziels, die neue, vierte Fabrik des Unternehmens in Sachsen vergleichsweise umweltfreundlich („grün“) zu bauen und zu betreiben.

Elektrische Plasmaverbrennung, Wärmetauscher und Solardach geplant

Erdgas brauchen die meisten Chipfabriken unter anderem, um ökologisch unerwünschte Prozessabgase und andere Abprodukte zu verbrennen, um das streng kontrollierte Reinraum-Klima zu halten und generell ihren Wärme- sowie Kältebedarf zu decken. In der neuen Fab übernehmen nun beispielsweise elektrisch betriebene Plasmabrenner diese Verbrennungsprozesse. Zudem lässt Infineon Wärmetauscher und elektrisch besonders genügsame Anlagen in das Werk einbauen, verwendet umweltfreundlichere Baustoffe als sonst üblich und montiert Solaranlagen auf dem Dach, um die Öko- und Energiebilanz der neuen Fab weiter zu verbessern.

Impressionen aus dem Infineon-
Reinraum (Video: Heiko Weckbrodt):

Arbeiter verankern Hightech-Fabrik auf unterirdischer Granitplatte

Dies habe freilich auch eine Kehrseite, so Richter: „Das wird der teuerste Reinraum, den Infineon je hat bauen lassen.“ Dies sei allerdings nicht allein dem Ziel einer „Green Fab“ und den generell gestiegenen Baukosten geschuldet, sondern auch den topologischen Besonderheiten in der Dresdner Heide: Ähnlich wie die drei anderen Chipfabriken von Infineon wird auch Fab 4 erschütterungsfrei auf der unterirdischen Lausitzer Granitplatte verankert.

Standortvorteil für Dresden

Das ist einerseits ein Standortvorteil des Dresdner Nordens. Denn ohne das Granitbett wäre das Risiko viel größer, dass eine kleine Erschütterung, ein Mini-Erdbeben die hochpräzisen Belichtungs-Prozesse („Lithografie) in einer Halbleiterfabrik stören und millionenteuren Ausschuss erzeugen könnte. Von daher haben auch andere Halbleiter-Größen ihre Fabs in Dresden mit Säulen auf Granit fundiert. Der Bau selbst ist jedoch teils recht aufwendig. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Bauarbeiter den Granit an manchen Stellen aufbrechen müssen, um den späteren Reinraum genau eben und horizontal zu verankern.

Thomas_Richter. Foto: via Infineon Technologies Presse

Thomas_Richter. Foto: via Infineon Technologies Presse

Baustelle mit Sensoren gespickt – aber „rote Lampe“ ist noch nie angegangen

Zudem ist die ganze Baustelle mit Erschütterungs-Sensoren, die mit Warnlampen in den benachbarten Infineon-Fabs verkabelt sind: Sollten Bohrhämmer, Laster oder andere Störquellen zu große Erschütterungen erzeugen, müsste die Chip-Produktion nebenan gedrosselt oder angehalten werden, erläutert Thomas Richter. „Bisher ist aber zum Glück die rote Lampe noch nie angegangen.“

Blick in das 300-mm-Fabrikmodul von Infineon Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Blick in das 300-mm-Fabrikmodul von Infineon Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

„Wir quetschen jetzt jeden Quadratmeter Reinraum heraus“

Angesichts all dieser Herausforderungen bemühen sich die Ingenieure, Architekten und anderen Experten auch, den neuen, eben besonders teuren Reinraum auch besonders effizient nutzbar zu machen. „Wir quetschen jetzt jeden Quadratmeter Reinraum heraus“, erklärt Thomas Richter. Gemeint ist: Wo zum Beispiel in früheren Chipfabriken noch breite Gassen zwischen den Fertigungsanlagen waren, in denen „Operators“ genannte Facharbeiter die Kästen mit den Chipscheiben („Wafer“) hin und her trugen, sind die Maschinen infolge der Hochautomatisieurung jetzt extrem dicht aufgestellt. Platz bleibt nur gerade soviel, dass die Robotersysteme und eben gelegentlich auch Ingenieure und Wartungstechniker durchkommen. Zudem versuchen die Planer, noch die eine oder andere ursprünglich vorgesehene Nebenfäche doch noch für Chipfertigungs-Anlagen umzuwidmen. „Ursprünglich hatten wir mal mit rund 20.000 Quadratmetern Reinraum geplant“, erzählt der Geschäftsführer. „Jetzt sind wir bei 24.000 Quadratmetern Reinraum auf zwei Etagen.“

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Vor-Ort-Besuch, Auskünfte Th. Richter, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt