Forschung, News, zAufi

Wandel zur Wissenschaftsstadt: Wird Görlitz zur Großstadt im Kleinen?

Blick in die Berliner Straße in der Innenstadt von Görlitz. Foto: M. Schröder für das IÖR

Blick in die Berliner Straße in der Innenstadt von Görlitz. Foto: M. Schröder für das IÖR

Leibniz-Analyse: Um attraktiver für Zuzügler zu werden, sollte die Stadt internationaler und autoärmer werden

Görlitz/Dresden, 31. Januar 2024. Das sächsische Görlitz profiliert sich derzeit zu einem auch überregional wichtigen Standort der Wissenschaften und neuen Technologien: Das Helmholtz-Zentrum „Casus“ hat sich bereits angesiedelt, das Deutsche Großforschungszentrum für Astrophysik kommt, während Fraunhofer und Siemens einen Campus der Wasserstofftechnologien aufbauen. Auch Senckenberg baut seine Präsenz in der „Europastadt“ an der Grenze zu Polen aus. Tatsächlich hat Görlitz das Potenzial, ausreichend Spitzenfachkräfte aus dem In- und Ausland dafür aufzunehmen, hat eine Analyse des Dresdner „Leibniz-Instituts für ökologische Raumentwicklung“ (IÖR) ergeben. Allerdings müsse die Stadt in einigen Punkten nachbessern, um für kosmopolitische Großstädter attraktiver zu werden.

Das Kahlbaum-Sanatorium in Görlitz sieht im Moment eher noch wie ein verlorener Ort aus. Doch 2026 soll hier das Großforschungszentrum „Deutsches Zentrum für Astrophysik“ (DZA) starten. Foto: Heiko Weckbrodt

Zuzug vor allem aus Großstädten zu erwarten

„Görlitz ist auf Zuzug angewiesen“, betonte IÖR-Projektleiter Robert Knippschild. Tatsächlich habe Görlitz als „kleinere Stadt mit urbanem Charakter“ auch Vorteile, die selbst Großstädter zu schätzen wüssten, so dass ein „Zuzug vor allem aus Großstädten zu erwarten ist“. Testprojekte zum „Probewohnen“ für potenzielle Zuzügler aus Berlin, München, Hamburg, Dresden und anderen Großstädten hätten neben Pluspunkten aber auch Defizite deutlich gemacht: „Ich mag Görlitz sehr, weil es eine Stadt ist, aber ohne diese Großstadtprobleme“, habe beispielsweise Probe-Bewohnerin erklärt. „Obwohl Görlitz so klein ist, hat man das Gefühl, dass man in einer größeren Stadt lebt“, fasste eine andere ihre Eindrücke zusammen.

Casus-Direktor Roland Sauerbrey (3. von rechts) und Gründungsbeauftragter Dr. Michael Bussmann (4. von links) und ihre Kollegen und Kolleginnen haben sich vor dem alten Kondensatorwerk Görlitz aufgestellt. Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf will die alte Fabrik für das Casus-Forschungsinstitut umbauen lassen - und hat dafür nun Geldzusagen bekommen. Foto: Luise Träger für Casus

Casus-Direktor Roland Sauerbrey (3. von rechts) und Gründungsbeauftragter Dr. Michael Bussmann (4. von links) und ihre Kollegen und Kolleginnen vor dem alten Kondensatorwerk Görlitz. Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf will die alte Fabrik für das Casus-Forschungsinstitut umbauen lassen. Foto: Luise Träger für Casus

Probebewohner wünschen sich mehr Schnittstellen zu Polen, Radwege und sanierte Altbauten

Allerdings wünschen sich die potenziellen Zuzügler auch deutlich weniger Autoverkehr in der Innenstadt, merhr Fuß- und Radwege, besser auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Wohnungen, engere praktische Bezüge zur polnischen Stadthälfte Zgorzelec auf der anderen Seite der Neiße und bessere Einkaufsmöglichkeiten jenseits von Touristenläden. Eingedenk der Wohnwünsche der Großstädter sei der Stadtrat auch gut beraten, stärker den „historischen Gebäudebestand der Stadt zu sanieren und zu beleben“, schlugen die IÖR-Forscher vor.

Autor: Oiger

Quellen: IÖR, Oiger-Archiv

Wissenschaftliche Publikation:

Projektverbund „Stadt der Zukunft auf Probe“ (2024): Innenstadt- und zuzugsorientierte Stadtentwicklung in Görlitz. Erkenntnisse und Ableitungen aus der Projektreihe Probewohnen. Görlitz, IÖR, Fundstelle im Netz: DOI https://doi.org/10.5281/zenodo.10478864

Zum Weiterlesen:

Zugezogene Forscher gründen Wissenschaftsverbund „HiLusatia!“ in Görlitz

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt