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Strom statt Gas: Citadel baut Öko-Pilotanlagen für 5 Industrien

Die "Citadel"-Forscher wollen sich besonders heiße und energiehungrige Industrieprozesse wie Stahlguss, Glasschmelze und Beton-Recycling vorknöpfen und dort elektrische statt fossile Heiztechnologien in 5 Demo-Anlagen vorexerzieren. Foto: Avanga via HZDR

Die „Citadel“-Forscher wollen sich besonders heiße und energiehungrige Industrieprozesse wie Stahlguss, Glasschmelze und Beton-Recycling vorknöpfen und dort elektrische statt fossile Heiztechnologien in 5 Demo-Anlagen vorexerzieren. Foto: Avanga via HZDR

Helmholtz Dresden leitet Dekarbonisierungs-Konsortium

Dresden, 15. Januar 2024. In Europa sollen unter dem Projektnamen „Citadel“ bis 2028 fünf Demo-Anlagen entstehen, die Stahl, Kupferdrähte, Glas, Feuerschutz-Materialien und Beton bei großer Hitze herstellen oder wiederverwerten, dabei aber elektrische statt fossil befeuerte Heizungen einsetzen. Das hat das federführende Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) mitgeteilt.

EU schießt 13,5 Millionen Euro zu

Die Dresdner koordinieren für die geplante „Substitution of fossil combustion in industrial high-temperature processes by advanced electrical and plasma heating technologies“ („Citadel“) einen Entwicklungsverbund von 14 Forschungseinrichtungen und Unternehmen aus sieben europäischen Ländern. Die EU schießt aufgrund der hohen wirtschafts- und umweltpolitischen Bedeutung der Zitadelle mit 13,5 Millionen Euro zu.

Koordinator Eckert: „Müssen enormen Transformationsprozess anstoßen“

„Um die Klimaziele zu erreichen und der Erderwärmung zu begegnen, müssen wir einen enormen technischen Transformationsprozess in diesem Industriesektor anstoßen“, erklärt Citadel-Koordinator Dr. Sven Eckert vom HZDR-Institut für Fluiddynamik. „Am Ende dieses Prozesses muss eine Industrie stehen, die im Wesentlichen auf treibhausgasneutralen Energieträgern basiert.“

Produktion von Stahl, Glas und andere heiße Prozessor im Fokus

Exemplarisch für andere industrielle Hochtemperatur-Prozesse haben sich die beteiligten Ausrüster und Institute die die Produktion von feuerfesten Materialien, Glas, Stahl, Kupfer sowie auf das Beton-Recycling herausgepickt. Mit Beispielanlagen wollen sie zeigen, dass solche energiehungrigen Prozesse bei Temperaturen zwischen 600 und 1600 Grad Celsius nicht zwingend Erdöl, Gas oder Kohle brauchen, sondern auch mit elektrisch betriebene Mikrowellen-, Plasma-, Induktions- oder Widerstandsheizungen funktionieren. Die Hoffnung dabei: Elektrische Heizungen lassen sich leichter mit Öko-Energie – wenn verfügbar – speisen und verbessern damit die Umweltbilanz der so transformierten Branchen.

In Stahlwerken ist Umstieg schon im Gange – Glashütten scheiterten bisher daran

Zumindest in der Stahlindustrie gibt es bereits elektrisch beheizte Werke. So baut beispielsweise „Feralpi Stahl“ derzeit in Riesa ein induktions-beheiztes Walzwerk. Nur mäßig erfolgreich waren hingegen die bisherigen Versuche der Glashütten in den USA und Deutschland, ihre Schmelzwannen von Gas- auf Wasserstoff- oder Elektroheizungen umzustellen. Insofern soll Citadel zunächst grundsätzliches Prozess-Wissen aufbauen, um später dann konkrete Anlagen mit besserer Umweltbilanz bauen zu können. Helfen soll dabei auch eine weltweit einzigartige Analysetechnik, die am HZDR entwickelt wurde: Mit Hilfe der Magnetfeldtomografie lassen sich selbst in heißen Flüssigkeiten in Echtzeit Informationen über die Stromverteilung im Inneren, über den Prozessverlauf und den Zustand des Produkts gewinnen.

Jede Änderung kann kritisch werden

„Es geht um sehr viel mehr, als einfach nur eine Heizung auszutauschen“, betont HZDR-Forscher Sven Eckert. „Die Heiztechnik ist integraler Bestandteil ausgeklügelter Technologien, die oft über Jahrzehnte hinweg optimiert wurden. Jede Änderung ist deshalb kritisch hinsichtlich ihrer Auswirkung auf Produktqualität, Prozessstabilität und Kosten.“ Allerdings biete der Druck hin zu einer umweltfreundlicheren Produktion auch Chancen, denn dies könne echte Innovationen in vielen Traditionsbranchen auslösen, die teils seit Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten an bewährten Techniken festhalten.

Autor: hw

Quellen: HZDR, Klimareporter.de, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt