News, Wirtschaft, zAufi

ifo Dresden: Zwei Drittel der Lohnlücke Ost-West durch unterschiedliche Wirtschaftsstrukturen

Die Lohnlücke zwischen Ost und West liegt in Deutschland bei etwa 15 %. Themenfoto: Heiko Weckbrodt

Die Lohnlücke zwischen Ost und West liegt in Deutschland bei etwa 15 %. Themenfoto: Heiko Weckbrodt

Mehr Tarifverträge bringen da auch nicht viel, meinen Wirtschaftsforscher

Dresden, 18. Oktober 2023. Zwei Drittel der Lohnlücke zwischen Ost- und Westdeutschland lassen sich durch Unterschiede in der Wirtschaftsstruktur erklären: In Ostdeutschland sind vor allem Branchen und Großbetriebe unterpräsentiert, die normalerweise besonders gute Gehälter zahlen. Das geht aus einer Untersuchung des Wirtschaftsforschungs-Institutes Ifo Dresden hervor.

Viele Ostdeutsche arbeiten in Niedriglohnbranchen

„Viele Menschen im Osten arbeiten in typischen Niedriglohnbranchen, und auch gut bezahlende Großunternehmen aus der Industrie sind hier kaum vertreten“, erklärt Ifo-Forscher Jannik Nauerth. So ist – außer in Sachsen – seit dem Ende der DDR die Industrie in den meisten ostdeutschen Ländern nur noch schwach vertreten. Dagegen arbeiten relativ viele Ostdeutsche in Dienstleistungsberufen, in denen die Löhne vergleichsweise niedrig sind. Außerdem drücken strukturelle Faktoren wie etwas höhere Arbeitslosigkeit, höherer Frauenerwerbsanteil und niedrigere Urbanisierung das Lohnniveau im Osten. Daher bekommen Beschäftigte in den ostdeutschen Flächenländern im Schnitt rund 15 Prozent weniger pro Stunde als ihre Kollegen in Westdeutschland. Ohne die Struktur-Einflüsse würde der Lohnabstand nur fünf Prozent betragen, meint Nauerth.

Ändert sich das Bild durch jüngste Großansiedlungen?

„Daher sind Vorschläge aus der Politik, die eine höhere Tarifbindung der Betriebe als Maßnahme zur Verringerung der Lohnlücke sehen, wenig hilfreich“, ergänzt Joachim Ragnitz vom ifo Dresden. „Viele Unternehmen sind nicht tarifgebunden, weil für sie die Nachteile schwerer wiegen als die Vorteile. Gewerkschaften und Arbeitgeber sollten deswegen die Besonderheiten gerade kleiner Unternehmen auch in den Tarifverträgen stärker berücksichtigen.“ Es bleibe derweil abzuwarten, „ob die jüngste Ansiedlung von Tesla und anderen Konzernen im Osten die Lohnlücke langfristig schließen kann“. Denn durch die deutschen Sondersubventionen im Rahmen von Ipcei-Projekten und Chipgesetz sind gerade in jüngster Zeit auch Großansiedlungen von Mikroelektronik-Konzernen wie TSMC in Dresden und Intel in Magdeburg, eben Tesla in Brandenburg oder auch von Akku- und Wasserstofftechnik-Anbietern in Sachsen-Anhalt und Thüringen wie beispielsweise CATL in Arnstadt gelungen.

Quelle: Ifo Dresden

Wissenschaftliche Publikationen:

„Stärkere Tarifbindung als Instrument zur Erhöhung der Löhne in Ostdeutschland“ von Joachim Ragnitz sowie „Lohnlücke Ost-West – Ewige Disparität oder schiefer Vergleich?“ von Jannik A. Nauerth und Johan Pflanz in Heft 05/2023 der Zeitschrift „ifo Dresden berichtet“, Fundstelle im Netz: https://www.ifo.de/publikationen/2023/zeitschrift-einzelheft/ifo-dresden-berichtet-052023

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt