Studie stuft bisher verfolgte politische Ansätze als kostspielig und teils ineffektiv ein
Kiel, 18. Oktober 2023. Entwicklungshilfe-Geld hilft kaum, die Flüchtlingsströme nach Europa zu mindern. Zu dieser Schlussfolgerung sind Forscher des „Kiel Institut für Weltwirtschaft“ (IfW) gekommen, nachdem sie Umfragen unter knapp einer Million Menschen in 106 Ländern ausgewertet haben. Demnach können solche Transfers die Zahl der Asylsuchenden nur vorübergehend senken – in den instabilsten Ländern in Afrika wirken sie zu diesem Zweck überhaupt nicht.
Politiker stochern mit ihren Strategien oft im Nebel
„Da die Flüchtlingszahlen stark steigen, stehen europäische und amerikanische Politikschaffende unter Druck, Lösungen zu finden, um die Zahl der Flüchtlinge und anderer Asylsuchender zu begrenzen“, erklärte IfW-Präsident Moritz Schularick. „Fast täglich werden neue Vorschläge zur Eindämmung irregulärer Migration diskutiert. Ob sie wirksam sind, ist oft unklar, da Belege fehlen.“ Daher habe das Institut die unter Politikern weit verbreitete These empirisch untersucht, Entwicklungshilfe mindere Fluchtursachen in den Ausgangsländern und könne damit auch dafür sorgen, dass weniger Menschen dort auswandern. Dieses Konzept funktioniere aber kaum.
In Subsahara-Afrika funktioniert das Konzept überhaupt nicht
Zwar senken die Hilfszahlungen „die Migration von Asylsuchenden“, so das IfW. „Im Falle eines durchschnittlichen Herkunftslands und der durchschnittlichen jährlichen Entwicklungshilfezahlung von 130 Millionen US-Dollar finden wir in den folgenden zwei Jahren eine Reduktion der Zahl der Asyl-Erstanträge um je acht Prozent. Dieser dämpfende Effekt verschwindet jedoch bereits nach zwei Jahren. Darüber hinaus ist die Entwicklungshilfe in Subsahara-Afrika zu diesem Zweck unwirksam und senkt die Zahl der Asylsuchenden gar nicht.“ So nehme zwei bis drei Jahre nach den Zahlungen die reguläre Migration zu, „da mehr Menschen sicher, mit Arbeitsvisum, fürs Studium oder die Familienzusammenführung migrieren können“.
Forscher fordern mehr Flüchtlingsschutz nahe an Konfliktzonen – und weniger Wander-Anreize
Die Kieler Forscher plädieren statt dessen für einen mehrschichtigen Ansatz: „Wir müssen mehr Flüchtlingsschutz in der Nähe von Konfliktzonen bieten und gleichzeitig die Anreize für irreguläre Migration senken. Stattdessen sollten wir dafür mehr legale Kanäle öffnen.“
Quelle: IfW Kiel
Wissenschaftliche Publikation:
„Reduziert Entwicklungshilfe Migration?“ von Andreas Fuchs, Andre Groeger, Tobias Heidland und Lukas Wellner, in: Publikationen IfW Kiel 10/2023, Fundstelle im Netz hier
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