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Ifo Dresden sieht wachsende Chipfabrik-Subventionen skeptisch

Intel-Chef Pat Gelsinger (hier mit einem Exascale-Grafikprozessor) will große Chipfabriken in Europa bauen - möchte dafür aber auch hohe Subventionen. Foto: Intel

Intel-Chef Pat Gelsinger (hier mit einem Exascale-Grafikprozessor) hat hoch gepokert – und fast 10 Milliarden Euro Subventionen für die geplanten Intel-Fabs in Magdeburg herausgehandelt. Foto: Intel

Milliardenzuschüsse sind umstritten

Dresden, 17. Juli 2023. Der Subventionswettlauf um neue Chipfabriken und andere Ansiedlungen, an dem sich auch Deutschland und die EU beteiligen, stößt auch beim Ifo-Institut auf Skepsis. „Ich bin einigermaßen verwundert, welche Summen da locker gemacht werden sollen“, erklärte der Dresdner Ifo-Wirtschaftsforscher Prof. Joachim Ragnitz mit Blick auf die jüngsten Milliardenzusagen für Intel, Infineon, Wolfspeed und andere Halbleiterhersteller.

Ragnitz: Warum müssen wir uns von USA unabhängig machen?

„Dahinter steht ja die Idee, wir müssten uns unabhängiger von den USA und von China machen“, sagte Ragnitz. „Im Falle Chinas kann ich das ja noch verstehen. Aber warum sollen wir uns unabhängig von den USA machen?“ Zudem ziehe das Argument, die hiesigen Industrien könnten durch die Neuansiedlungen besser auf in Europa produzierte Chips zugreifen, etwa beim Beispiel Intel kaum: Was der US-Konzern in Magdeburg herstellen wolle, sei nicht unbedingt für Abnehmer in Europa gedacht. Hinzu komme, dass Ostdeutschland statt mit hoher Arbeitslosigkeit wie noch in den 1990er Jahren längst eher mit Fachkräfte-Mangel kämpfe, von daher also Fabrikansiedlungen nicht mit dem Arbeitsplatz-Argument zu begründen seien. Insofern finde er die ganze „Diskussion merkwürdig“. Besser sei es, langfristige Lieferverträge mit wichtigen Halbleiter-Herstellern abzuschließen, um die Chip-Versorgung für die deutsche Industrie abzusichern.

Vor allem Intel-Poker sorgte für Kritik

Zuvor hatten bereits der Hallenser Ökonom Reint Gropp und weitere Wirtschaftsforscher den Sinn der hohen Chipfabrik-Subventionen in Frage gestellt. Neuen Zündstoff hatte die Debatte bekommen, nachdem Intel für seine Ansiedlung in Magdeburg zuletzt die staatlichen Zuschüsse bis auf fast zehn Milliarden Euro nachträglich hochgetrieben hatte.

Befürworter wollen Lieferketten härten und verweisen auf Wertschöpfungseffekte

Zu den Subventions-Befürwortern gehören beispielsweise Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU), Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) oder der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Sie verweisen unter anderem auf die Corona-Krise, die gezeigt hatte, wie schnell Chip-Lieferengpässe aus Fernost in Deutschland die Fließbänder in den Autofabriken zum Stehen bringen können. Sie argumentieren aber auch mit der besonderen Rolle als Schlüsseltechnologie, die die Mikroelektronik für Innovationen und Produkte in zahlreichen Industriezweigen spiele, sowie die Wertschöpfungseffekte durch Chipfabrik-Ansiedlungen.

Subventionsbegehrlichkeiten immer breiter

Allerdings wecken die Sonderzuschüsse, die zunächst nur für Schlüsseltechnologie-Branchen wie eben Mikroelektronik, Akkuproduktion oder Wasserstoffwirtschaft gedacht waren, zunehmend auch Begehrlichkeiten in der gesamten deutschen Industrie: Die großen Stromverbraucher wie Glas- und Aluhütten wollen subventionierte Strompreise, die Solarindustrie möchte ebenfalls Beihilfen, auch die Rechenzentren-Betreiber und andere Akteure haben schon die Finger gehoben.

Autor: hw

Quelle: Ifo Dresden

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt