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Bund will deutsche Mikroelektronik mit IPCEI-Zuschüssen ausbauen

Bundes-Wirtschaftsminister Peter Altmaier. Foto: Heiko Weckbrodt

Bundes-Wirtschaftsminister Peter Altmaier. Foto: Heiko Weckbrodt

Corona und Trump haben gezeigt, dass sich Europas Leitbranchen doch nicht ohne Wenn und Aber auf globale Chip-Lieferketten verlassen können

Berlin/Dresden/Brüssel, 2. Februar 2021. Um die digitale Souveränität von Deutschland und Europa wiederherzustellen, hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) Sondersubventionen für strategisch wichtige Mikroelektronik-Projekte ausgeschrieben, die von gemeinsamem europäischen Interesse („Important Projects of Common European Interest“ = IPCEI) sind. Wieviel EU, Bund und Länder dafür insgesamt ausgeben, ist zwar noch nicht beziffert – es könnte sich aber um Milliardenbeträge handeln.

Sächsische Regierung signalisiert allgemeines Interesse

Sachsen, das als Zentrum der deutschen Halbleiterbranche gilt, hat sich bisher offiziell nicht festgelegt, ob und wie genau es sächsische IPCEI-Anträge finanziell fördern will. „Selbstverständlich liegt es im Interesse des Freistaates, dass die angesprochenen finanziellen Fördermittel auch den FuEuI*-Aktivitäten und Investitionen sächsischer Unternehmen oder Niederlassungen zugutekommen“, erklärte das sächsische Wirtschaftsministerium (SMWA) eher allgemein auf Anfrage. „Das SMWA wird – wie bisher – sächsische Unternehmen beziehungsweise Niederlassungen bei ihren Innovationsaktivitäten unterstützen und ist dazu mit den Unternehmen und dem Bundesministerium für Wirtschaft in Gesprächen.“

Manfred Horstmann wird zum 1. Oktober 2020 Chef von Globalfoundries Dresden. Foto: Globalfoundries Dresden

Manfred Horstmann leitet seit Oktober 2020 Globalfoundries Dresden. Foto: Globalfoundries Dresden

Globalfoundries will mit IPCEI-Millionen seine Chipfabrik in Dresden ausbauen

Globalfoundries Dresden hat derweil bereits Interesse an IPCEI-Zuschüssen für einen Ausbau seiner Fabrik in Sachsen signalisiert (Oiger.de berichtete exklusiv). Das Unternehmen will das Dresdner Halbleiterwerk mit Milliardenaufwand auf eine Kapazität von einer Million Waferstarts pro Jahr erweitern, um die steigende Nachfrage nach sächsischen Spezialchips für Autoindustrie, neuromorphe Computerarchitekturen, Kommunikation, Künstliche Intelligenz und andere Zukunftsthemen zu bedienen.

Foto: NXP

Foto: NXP

Altmaier sieht Fokus auf Chipindustrie und Kommunikationstechnologien

Damit liegt der in den USA beheimatete Auftragsfertiger auf einer Linie mit Altmaier. Der möchte nämlich insbesondere Forschungsvorhaben und Fabrikinvestitionen an der Schnittstelle von Mikroelektronik und neuen Kommunikationstechnologien wie 5G- und 6G-Mobilfunk fördern. „Wir wollen, dass Deutschland und Europa bei Mikroelektronik und Kommunikationstechnologien souveräner und unabhängiger von Importen werden“, betonte der deutsche Wirtschaftsminister auch mit Blick auf die Erfahrungen mit unterbrochenen globalen Zulieferverbindungen während der Corona-Krise. „Unsere Unternehmen brauchen sichere Lieferketten und eine leistungsstarke und breit aufgestellte Mikroelektronikbranche mit Patenten, Entwicklungen und Fertigungsstätten in Deutschland und in der EU. Mit einem gemeinsamen europäischen Projekt werden wir den Investitionen hierfür den notwendigen Schub verleihen. Ich rufe die Unternehmen auf, mutige und zukunftsweisende Investitionsentscheidungen zu treffen, um Europa bei Zukunftstechnologien wie 5G, 6G und OpenRAN stark aufzustellen.“

19 EU-Staaten wollen 145 Milliarden Euro in mehr digitale Souveränität für Europa pumpen

Viele EU-Länder sehen das ganz ähnlich: Im Dezember 2020 hatten 19 Mitgliedsländer – darunter auch die Bundesrepublik – angekündigt, 145 Milliarden Euro aus Corona-Wiederaufbaugeldern in eine neue Mikroelektronik-Initiative und IPCEI-Projekte in der Halbleiterindustrie zu investieren. Die Altmaier-Ankündigung ist eine unmittelbare Folge dieser Erklärung.

Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) Foto: Heiko Weckbrodt

Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) Foto: Heiko Weckbrodt

Sachsen: technologische Souveränität nur gemeinsam durch EU und Nationalstaaten erreichbar

„Vorrangiges Ziel der gemeinsamen Erklärung ist es, die technologische Souveränität und die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu erhalten“, schätzte das Ministerium von Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) in Dresden dazu ein. „Beides ist erforderlich, damit Europa auch aus eigener Kraft die wichtigsten ökologischen und gesellschaftlichen Herausforderungen bewältigen kann. Das SMWA ist mit der Bundesregierung der Auffassung, dass sich diese Ziele nur durch die gemeinsame Initiative der Europäischen Kommission und europäischen Nationalstaaten erreichen lassen. Sachsen als europäisches Zentrum der Mikroelektronik kann hier einen wichtigen Beitrag leisten.“

Blick auf die wachsende Bosch-Chipfabrik in Dresden. Foto: Hasselblad für Bosch

Blick auf die wachsende Bosch-Chipfabrik in Dresden. Foto: Hasselblad für Bosch

IPCEI-Unterstützung bereits für Bosch Dresden, Skeleton und Liofit

Von ähnlichen IPCEI-Programmen hatte auch Sachsen bereits mehrfach profitiert: Dadurch waren hohe Subventionen für die neue Bosch-Chipfabrik in Dresden, für Globalfoundries-Projekte in Dresden sowie für Energiespeicherfirmen wie Skeleton Technologies in Großröhrsdorf und Liofit Kamenz möglich.

  • Die offizielle BMWi-Ausschreibung ist hier zu finden. Die Unternehmen sollen ihre Interessensbekundungen bis 1. März 2021 einreichen.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: BMWi, SMWA, Oiger-Archiv

* FuEuI = EU-Obergrenzen für staatliche Beihilfen zur Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation

Zum Weiterlesen:

Oiger-Interview mit Glofo-Dresden-Chef Horstmann: Wollen auf 1 Million Waferstarts kommen

Bosch baut Chipfabrik in Dresden

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt