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Fraunhofer-Experte: Sachsen fehlt eine Fabrik für Chip-Endmontage

Andy Heinig. Foto: Heiko Weckbrodt

Andy Heinig ist im Fraunhofer-EAS Dresden für effiziente Elektronik und Systemintegration zuständig. Foto: Heiko Weckbrodt

Ein eigenes „Packaging House“ wäre auch für die gesamte europäisches Mikroelektronik-Kette ein wichtiges Bindeglied

Dresden, 9. März 2023. In der sächsischen Mikroelektronik fehlt immer noch ein „ Packaging House“, also eine große Fabrik für moderne Chip-Endmontagetechniken wie „Chiplets“, 2,5- und 3D-Integration. Das hat Dr. Andy Heinig vom Fraunhofer-Institutsteil für „Entwicklung Adaptiver Systeme“ (EAS) in Dresden eingeschätzt. Diese Lücke im „Silicon Saxony“ sollte rasch geschlossen werden, um wichtige Wertschöpfung in Europa zu sichern, plädiert Heinig.

Weil sie anfangs Handarbeit war, ist Halbleiter-Endmontage vor Jahren nach Asien abgewandert

Hintergrund: In den vergangenen Dekaden haben sich viele Glieder der Mikroelektronik-Kette von Amerika und Europa nach Asien verlagert. Europa hat sich vor allem auf ausgewählte Auto-, Industrie- und andere Spezialelektronik spezialisiert. Die Fabriken für die – anfangs noch mit viel manueller Arbeit verbundene – Endmontage und Verpackung der Chips ist dagegen schon lange nach Asien abgewandert – vor allem in ehemalige Billiglohnländer wie Malaysia, Indonesien oder China. Dort sind Automatisierung wie auch Lohnniveau zwar längst gestiegen. Doch in Europa gibt es nun eben auch kaum noch „Packaging“-Fabriken und Expertise, wenn man von Forschungs-Pilotlinien und Kleinserien wie etwa in den Dresdner Fraunhofer-Zentren Assid, EAS und Cachs absieht.

Heute könnte Automatisierung auch europäische „Packaging“-Fabs rentabel machen – doch die Erfahrungsträger sitzen alle in Asien

Und diese Entwicklung hat nun für ein klassisches „Henne-Ei-Problem“ gesorgt, betont Andy Heinig, der im EAS für Systemintegration und effiziente Elektronik zuständig ist: Heute würde sich eine hochautomatisierte Endmontage – da nun nicht mehr personal-, sondern kapitalintensiv – in Europa wohl durchaus rentieren. Auch könnten wichtige Chiphersteller hierzulande wie Globalfoundries, Infineon, Bosch oder X-Fab durch ein großes europäisches Packaging-Haus transkontinentale Transportkosten und Umweltbelastungen sparen. Und eine eigene Chiplet-Technologie, bei der Hochleistungschips nicht mehr monolithisch „aus einem Guss“ hergestellt, sondern hochpräzise aus mehreren Teilchips aus ganz verschiedenen Fabriken kombiniert werden, wäre für die eher vielfältige und vergleichsweise kleinteilige Halbleiterindustrie in Europa auch ein großer Vorteil. Doch die Anlagen und Erfahrungsträger für Endmontage, moderne Kontaktierungsverfahren und „Chiplets“ sind heute eben bei TSMC, Samsung und Intel zu finden und nicht in Deutschland. Diese Kapazitäten baut in Europa aber kein privater Protagonist auf, solange er hier nicht genug Fachkräfte, Zulieferer, Kunden und Abnehmer findet.

Am Dresdner ASSID erproben die Fraunhoferforscher an 300-mm-Linien die 3D-Chipintegration. Abb. (3): Fraunhofer

Sachsen setzt bei der Ausbildung an

Um den Weg zu eigenen Packaging-Fabriken und eigene Chiplet-Technologien in Europa dennoch zu ebnen, müssen diese Kompetenzen erst mal in die akademischen Mikroelektronik- und Informatik-Studiengänge integriert werden. Einen Anlauf dafür gibt es nun in Dresden: Vermittelt durch „Silicon Saxony“ sind an der TU Dresden und womöglich auch bald an anderen sächsische Hochschulen Ringvorlesungen geplant. Akteure aus Betrieben und Fraunhofer-Instituten sollen dabei angehenden Halbleiter-Ingenieuren und Programmierern die praktischen Anforderungen der Chipindustrie nahebringen und eben auch neue Design- und Architektur-Prinzipien beim Chipdesign, neuen 3-dreidimensionale Kontaktierungstechniken und dergleichen mehr. Außerdem will das EAS selbst ein Zentrum für heterogene Integration einrichten, das solche modernen Technologien für Europa weiterentwickelt und als Weiterbildungsangebot wiederum in die betriebliche Praxis trägt.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: EAS, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt