
Auch das „Forlab DCST“ an der TU Dresden arbeitet mit modernen Atomlagenabscheidern für die Mikroelektronik-Forschung. Foto: DCST
Technologiehochburg Dresden richtet internationale Tagung für Atomlagenabscheidung aus
Inhalt
- 1 Technologiehochburg Dresden richtet internationale Tagung für Atomlagenabscheidung aus
- 2 Neue superschnelle Anlagen machen ALD-Technik für mehr Branchen interessant
- 3 Perowskit-Solarzellen als großes Trendthema
- 4 Schweden wollen sich in Sachsen in die Nanowelt hineinätzen
- 5 Sachsen seit Dekaden in Dünnschicht-Technik vorn
- 6 ALD-Technologie wächst zum Milliardenmarkt
Dresden, 8. März 2023. Als die Russen und Finnen in den 1960er und 70er Jahren die Atomlagenabscheidung – heute als ALD abgekürzt – erfanden, sah das nach einem großen Wurf aus: Damit ultradünne Schichten aus Titan, Alu oder Kristallstrukturen zu erzeugen, erschien universell einsetzbar. Doch das Verfahren erwies sich erst mal als zu langsam, war nur schubweise in speziellen Kammern möglich und setzte sich vorerst nur in der Mikroelektronik durch. Mittlerweile aber haben Ingenieure aus Sachsen, Belgien und anderswo jeweils ganz eigene Drehs gefunden, um die atomgenaue Beschichtung auf Trab zu bringen. Auf der Ausstellungstagung „ALD for Industry“ wollen sie diese innovativen Ansätze am 21. und 22. März 2023 in Dresden näher vorstellen.

Das Archivfoto zeigt Udo Klotzbach in seiner Zeit am Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik (IWS) Dresden. Auch damals beschäftigte er sich mit dünnen Schichten, fokussierte sich dabei aber auf Konzepte gegen Reibungsverluste. Heute leitet er die „Europäische Forschungsgesellschaft Dünne Schichten“ (EFDS) in Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt
Neue superschnelle Anlagen machen ALD-Technik für mehr Branchen interessant
„Hochdurchsatz- und speziell auch Rolle-zu-Rolle-Verfahren für ALD sind ganz klar ein Trendthema in dieser Technologiebranche“, schätzt Prof. Udo Klotzbach von der „Europäischen Forschungsgesellschaft Dünne Schichten“ (EFDS) in Dresden ein. „Dadurch eröffnen sich auch neue Anwendungen.“ War die Atomlagen-Abscheidung lange Zeit eine Domäne der Chipfabriken, setzen inzwischen vermehrt auch Unternehmen aus dem Optiksektor, der Sensorik, dem Akku-Bau sowie der Bio- und Medizintechnik das Verfahren ein, um besonders präzise Schichten hinzubekommen.
Perowskit-Solarzellen als großes Trendthema
Große Hoffnungen hegen zudem Photovoltaiker, wenn sie moderne ALD-Anlagen einsetzen. Denn eine neue Klasse von Solarmodulen auf Basis hocheffizienter „Perowskit“-Minerale wird wohl bald auf den Markt drängen. Die Vorteile in puncto Ökobilanz und Effizienz deutet sich in den Laboren bereits an: Um die neuen Sonnenenergie-Wandler herzustellen, braucht man weit weniger Energie als bei Silizium-Solarzellen. Auch ihr Wirkungsgrad wird wohl letztlich höher liegen als bei heutigen Zellen, die sich oft nur mühsam über 20 Prozent Energieausbeute hieven. Noch hapert es an Bleigehalt, Lebensdauer und Produktionstempo – aber zumindest letzteres Problem könnte sich mit den neuen Hochdurchsatz-Atomlagenabscheidern bald erledigen.
Schweden wollen sich in Sachsen in die Nanowelt hineinätzen
Auf der Agenda der ALD-Tagung in Dresden stehen aber auch neue Anwendungen in der Mikroelektronik. So will der finnoschwedisch-sächsische Chemiker und „AlixLabs“-Chef Jonas Sundqvist ein neues Ätzverfahren vorstellen, das von den Atomabscheidern abgeleitet ist und das der europäischen Halbleiterindustrie den Pfad in die Nanowelt ebnen soll. Und Uwe Schröder vom Dresdner „Namlab“ präsentiert neue ultraschnelle und energiesparsame Speicherchips auf Hafnium-Basis, für die auch ALD-Technik verwendet wird. Andere sprechen über spezielle Atomlagenabscheider, die supraleitende Schichten erzeugen können, die Strom widerstandslos leiten. Sebastian Lehmann vom Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung (IFW) will im wörtlichen Sinne eine neue Dimension eröffnen und zeigen, wie sich mit ALD-Anlagen nicht nur Flächen, sondern auch 3D-Strukturen kreieren lassen. Stephan Wege von „Plasway Technologies“ aus Bannewitz skizziert besonders schnelle Anlagenkonzepte, die Atomlagenätzen (ALE) und -abscheidung (ALD) sowie Plasmaprozesse in einer Reaktorkammer kombinieren.
Sachsen seit Dekaden in Dünnschicht-Technik vorn
Insgesamt erwartet Veranstalter EFDS fast 30 Referenten und etwa 100 Ingenieure, Chemiker, Techniker, Vermarkter und andere Experten als Teilnehmer – die Hälfte davon aus dem Ausland. Dass die Tagung in Dresden stattfindet und viele Redner aus der Region kommen, ist trotz des internationalen Anspruchs kein Zufall: Schon vor der Wende war der Bezirk Dresden durch die TU, das private Ardenne-Institut, die Akademieinstitute, Hochvakuum Dresden, das Zentrum für Mikroelektronik Dresden (ZMD) und viele andere Akteure eine Hochburg für Dünnschicht-Technologien. Nach der Wende kamen durch Qimonda, Infineon, Globalfoundries, FHR Ottendorf-Okrilla, Ardenne-Anlagentechnik, Fraunhofer, das IFW, Plasway Technologies aus Bannewitz, Picosun Dresden und andere neue Protagonisten hinzu, die unter anderem auch die Atomlagenabscheidung und -ätzung im Freistaat etablierten. „Sachsen und Dresden sind ein wichtiger Standort für die ALD-Technik“, betont EFDS-Projektleiterin Katrin Ferse.
ALD-Technologie wächst zum Milliardenmarkt
Und diese technologische Stärke könnte in naher Zukunft auch für zusätzliche Jobs und Wertschöpfung im Freistaat sorgen. Denn Marktanalysten sagen dieser Technologie noch eine große Zukunft voraus: Bis 2028 soll demnach der Weltmarkt für ALD-Ausrüstungen von 1,3 Milliarden auf über 6,7 Milliarden Dollar (6,3 Milliarden Euro) wachsen.
-> Mehr Infos zum Workshop „ALD for Industry“ gibt es hier beim Verein EFDS im Netz.
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: EFDS, Plasway, Oiger-Archiv
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