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IDTechEx: Elektrolyseur-Markt wächst auf 120 Milliarden Dollar bis 2033

Montage eines Elektrolyse-Stapels. Foto: Jürgen Lösel für das Fraunhofer-IKTS

Montage eines Elektrolyse-Stapels. Foto: Jürgen Lösel für das Fraunhofer-IKTS

Vor allem Europa hat diesmal gute Chancen, die Nase vorn zu behalten

Cambridge, 7. März 2023. Elektrolyseur-Hersteller vor allem in Europa können sich auf kräftiges Wachstum einstellen: Der Markt für Elektrolyseure, die Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff spalten, wird bis 2033 auf über 120 Milliarden Dollar steigen. Das hat Dr. Alex Holland vom britischen Marktanalyse-Unternehmen „IDTechEx“ aus Cambridge prognostiziert. Ein Grund dafür sind die starken De-Karbonisierungs-Bemühungen, schärfere Umweltgesetze, aber teils auch massive Subventionen in Europa, in den USA, China und Australien.

Nachfrage aus Chemieindustrie, Stahlwerken und Schwerlast-Mobilität

Derzeit pumpe sowohl der Staat wie auch die Privatwirtschaft „in erheblichem Umfang Kapital in die Entwicklung von Wasserelektrolysesystemen für die Produktion von grünem Wasserstoff“, schätzt Alex Holland in seiner Analyse „Green Hydrogen Production: Electrolyzer Markets 2023-2033“ ein. Mit „grün“ ist hier Wasserstoff gemeint, der mithilfe von Strom aus Solar-, Wind- oder Wasserkraft elektrisch aus Wasser abgespalten wird. Mit einer wachsenden Nachfrage an diesem vergleichsweise umweltfreundlich gewonnenem Wasserstoff sei vor allem von Raffinerien, Ammoniakproduzenten und anderen Chemiebetriebe, aber auch von Stahlwerken, Stadtwerken und Speditionen zu erwarten, ist der Analyst überzeugt. Auch für Schwerlaster, Schiffe und Flugzeuge könnten „grüner“ Wasserstoff beziehungsweise daraus synthetisierter Kraftstoff („e-Fuel“) bald schon fast alternativlos sein, um die immer strengeren Abgasnormen und Umweltauflagen staatlicherseits zu erfüllen.

Wasserstoff als Chemikalie und Energieträger gefragt

„Diese Zunahme der Wasserstoffproduktion und -verwendung wird durch den wachsenden Wunsch nach Verbesserung der Energiesicherheit und durch Dekarbonisierungsbemühungen vorangetrieben“, betont Alex Holland. Denn Wasserstoff könnte einerseits als Reduktionsmittel Kohle und andere fossile Stoffe bei der Stahlproduktion ersetzen, wird zudem ohnehin für viele Chemieprozesse inklusive der Düngerproduktion gebraucht. Zudem wächst auch das Interesse an Wasserstoff als Energieträger und Erdgas-Ersatz – vor allem seit dem russischen Angriff auf die Ukraine, den darauf folgenden westlichen Sanktionen und Energiepreis-Steigerungen.

Europa im Moment vorn

Und in diesem Sektor hat ausnahmsweise Europa wieder eine Chance, technologische Trends zu setzen: Im EU-Raum und vor allem auch im Industriestaat Deutschland ist der Dekarbonisierungs-Druck besonders hoch. Auch agieren hier besonders viele Elektrolyseur-Hersteller, darunter große wie Siemens und Linde, aber auch noch junge Marktakteure wie Sunfire Dresden. „Unsere Analyse zeigt, dass europäische Unternehmen besonders aktiv in ihren Plänen sind, ihre Produktionskapazitäten und -fähigkeiten für Elektrolyseure zu erweitern und auszubauen“, heißt es in dem Bericht. „Aber auch von chinesischen und US-amerikanischen Unternehmen sind erhebliche Investitionen in die Elektrolyseurherstellung zu erwarten, während indische und australische Akteure ebenfalls versuchen, in den Markt einzutreten.“

Alkali, PEM oder Hochtemperatur

Dabei dominieren drei technologische Pfade:

1. Alkali: Seit Jahrzehnten etabliert sind die Alkali-Elektrolyseure, die bewährt und vergleichsweise preiswert sind, deren Wirkungskrad aber recht niedrig ist.

2. PEM: Effizienter arbeiten da die Elektrolyseure mit „Protonen-Austausch-Membranen“ (PEM) – hier erwartet IDTechEx in nächster Zeit besonders dynamisches Wachstum. „PEM-Elektrolyseure befinden sich in einem früheren Stadium der Kommerzialisierung, werden aber in den kommenden Jahren Marktanteile gewinnen“, so Holland. „Sie zeichnen sich durch höhere Leistungsdichten, Wasserstoffausgangsdrücke und schnellere Reaktionszeiten als alkalische Systeme aus. Dadurch sind sie in der Regel besser für die Nutzung erneuerbarer Energien geeignet.“

3. SOEC: Hochtemperatur-Elektrolyseure erreichen teils Wirkungsgrade um die 80 Prozent und können teilweise auch umgekehrt im Brennstoffzellen-Modus betrieben werden. Damit sind sie eigentlich die besten Kandidaten zum Beispiel für Rückverstromungsanlagen. Auch können sie besonders gut mit Anlagen gekoppelt werden, die Synthesegas beziehungsweise Synthese-Kraftstoffe erzeugen. Sie arbeiten allerdings bei Temperaturen über 700 Grad. Das heißt, die brauchen Vorheiz-Einrichtungen – zum Beispiel durch Stahlwerk-Abwärme – und sie werden hoch beansprucht. Das erfordert vergleichsweise teure Materialien, drückt die Lebensdauer und führt zu hohen Anschaffungskosten. Unterm Strich ist diese Technologie besonders vielversprechend, erfordert aber noch einige Entwicklungsarbeit.

Wachstum über alle drei Elektrolyseur-Typen hinweg erforderlich

Holland ist jedenfalls überzeugt: „Sicherlich wird ein Wachstum auf dem Elektrolyseurmarkt über die drei Elektrolyseurtypen hinweg erforderlich sein, um die ehrgeizigen nationalen und regionalen Ziele für die Produktion von grünem und sauberem Wasserstoff zu erreichen.“

Mit eigens dafür entwickelten Anlagen will Xenon den Sunfire-Kollegen helfen, die Montage der Reaktorstapel ("Stacks") und weiterer Komponenten künftiger Groß-Elektrolyseure stark zu automatisieren. Foto: Xenon Dresden

Mit eigens dafür entwickelten Anlagen will Xenon den Sunfire-Kollegen helfen, die Montage der Reaktorstapel („Stacks“) und weiterer Komponenten künftiger Groß-Elektrolyseure stark zu automatisieren. Foto: Xenon Dresden

Sachsen will mit automatisierter Elektrolyseur-Fertigung punkten

Zudem werden viele Elektrolyseure bisher noch eher in Manufakturen als in Massenfabriken hergestellt. Von daher wird eine stärkere Automatisierung nötig sein, um die ehrgeizigen Ausbauziele von EU und Bundesampel für die Wasserstoffwirtschaft zu erreichen. Neben anderen Akteuren bemüht sich hier auch Sachsen um wichtige Marktpositionen: Unternehmen wie Sunfire und Xenon Dresden kooperieren, um die Montage der Elektrolyseure-Herzstücke, der „Stacks“, künftig hochautomatisch zu realisieren. Die Hoffnung im Freistaat: Wer hier technologische Standards setzt, wird später, wenn die Elektrolyseur-Nachfrage auch anderswo wächst, eine gute Ernte einfahren und Wertschöpfung binden.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: IDTechEx, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt