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Turck Duotec will künstliche Nasen aus Sachsen

Herzstück der elektronischen Nasen ist der Geruchssensor „Smell iX16” auf Basis von Kohlenstoff-Nanoröhrchen. Foto: SmartNanotubes

Herzstück der elektronischen Nasen ist der Geruchssensor „Smell iX16” auf Basis von Kohlenstoff-Nanoröhrchen. Foto: SmartNanotubes

Auftragsfertiger aus NRW steigt bei „Smartnanotubes“ Freital ein und plant Serienproduktion

Dresden/Halver/Freital, 12. April 2021. Um Zugriff auf eine neuartige künstliche Nase zu bekommen, beteiligt sich der Elektronik-Auftragsfertiger „Turck Duotec“ aus Halver an „Smartnanotubes Technologies“ aus Freital. Das geht aus einer Duotec-Mitteilung hervor. Die Smartnanotubes-Ingenieure hatten zuvor an der TU Dresden innovative Mehrkanal-Gasensoren entwickelt. Die koppelten sie dann mit einer „Künstlichen Intelligenz“ (KI), die ganz verschiedene Gasgemische erlernen, erschnüffeln und erkennen kann. Duotec organisiert nun die Serienproduktion der künstlichen Nasen, um sie ab dem vierten Quartal 2021 dann auch zu verkaufen beziehungsweise in Geräte von Kunden einzubauen.

„Dem Markt mehr als eine Nasenlänge voraus“

„Mit dieser neuartigen Sensorik sind wir im Markt mehr als die sprichwörtliche Nasenlänge voraus“, hofft Duotec-Chef Arthur Rönisch. „Wir werden gemeinsam mit unseren Kunden dieses Know-how in deren Produkte einfließen lassen.“

"Smell Inspektor" hat das Team aus Dresden und Freital die künstlichen Nasen genannt. Hier ein Blick ins Innenleben. Foto: Smartnanotubes Technologies

„Smell Inspektor“ hat das Team aus Dresden und Freital die künstlichen Nasen genannt. Hier ein Blick ins Innenleben. Foto: Smartnanotubes Technologies

Nase soll künftig auch Krebs erschnüffeln können

Die Manager in Nordrhein-Westfalen denken an ganz konkrete Anwendungsszenarien: „Die digitale Nase ist eine außergewöhnliche Zukunftstechnologie“, betonte Duotec-Vertriebschef Philipp Mirliauntas. Durch die Fähigkeit der Dresdner Sensoren, viele Gase gleichzeitig zu detektieren, komme diese Technologie „der menschlichen Nase viel näher als die bereits am Markt befindlichen Lösungen. Damit sind bahnbrechende Anwendungen denkbar, etwa, um anhand der Atemluft eines Menschen frühzeitig ernsthafte Erkrankungen wie Krebs zu diagnostizieren“.

100 Mal empfindlicher als bisherige Schnüffel

Zwar gibt es bereits künstliche Riechsensoren, aber die sind oft mit komplexen Gasgemischen, die eine menschliche Nase intuitiv erkennt, rasch überfordert. Die elektronische Nase aus Sachsen besteht aus besonders hochwertigen sortierten Kohlenstoff-Nanoröhrchen (CNTs). Das sind aufgerollte zweidimensionale Netze aus Kohlenstoff-Atomen. Um sie sortenrein herzustellen, hatten Forscher am Dresdner TU-Lehrstuhl für Materialwissenschaft und Nanotechnik um Professor Gianaurelio Cuniberti in der vergangenen Dekade eine innovative Fertigungstechnik entwickelt. Mit diesen CNTs verbanden sie dann Röhrensysteme zu elektronischen Sensorchips, die bis zu 64 Gaskanäle parallel analysieren können. Diese künstlichen Nasen arbeiten laut Smartnanotubes-Chef Viktor Bezugly etwa 100 Mal empfindlicher als derzeit verfügbare Technologien.

Dr. Viktor Bezugly CEO & Co-Gründer von SmartNanotubes Technologies

Dr. Viktor Bezugly ist Chef und Co-Gründer von Smart-Nanotubes Technologies. Foto: Smart-Nanotubes

Riechende Roboter möglich

Im industriellen Einsatz könne diese Technik für erhebliche Fortschritte bei der Qualitätskontrolle und Sicherheit sorgen: „Geruch ist ein wichtiges Qualitätsmerkmal, zum Bespiel in der Lebensmittelherstellung“, betonte Bezugly. „Er spielt aber auch bei der Gefahrenabwehr und im Gesundheitsbereich eine große Rolle.“ Der Partner Duotec sieht weitere Einsatzszenarien beispielsweise in der medizinischen Diagnostik, der Gebäudetechnik, Heimdigitalisierung und in der Sicherheitstechnik- Die künstlichen Nasen könnten zum Beispiel gefährliche Gaslecks in Chemiefabriken rasch erschnüffeln, bevor Menschen in Gefahr geraten. Einem Roboter hat Smartnanotubes bereits mit dieser Technologie das Riechen beigebracht.

Über Smartnanotubes

Dr. Viktor Bezugly und Dr. Birte Sönnichsen von der TU Dresden hatten Smartnanotubes im Sommer 2020 gegründet und in Freital angesiedelt. Das Team umfasst – inklusive der Gründer – sechs Experten und Expertinnen.

Über Duotec

Duotec wiederum wurde 1988 gegründet und gehört zur Automatisierungstechnik-Gruppe „Turck“ aus Mülheim an der Ruhr. Duotec entwickelt und produziert Baugruppen für Medizin-, Gebäudeautomatisierungs- und Fahrzeugtechnik im Kundenauftrag. Die Turck-Gruppe hat rund 4650 Mitarbeiter. Wieviele Mitarbeiter Duotec hat, wollte das Unternehmen nicht mitteilen. Auch über den Umfang der Beteiligung mochte Duotec nicht informieren.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Smartnanotubes, Duotec, Turck

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Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt