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Corona-Schutz aus der Holz-Manufaktur

Philipp Strobel hat aus Holz, Folie und Nieten aus dem 3D-Drucker ein Schutzvisier für Ärzte und Krankenschwestern entworfen. Gleich darauf bekam er den ersten Serien-Auftrag.Foto: Heiko Weckbrodt

Philipp Strobel hat aus Holz, Folie und Nieten aus dem 3D-Drucker ein Schutzvisier für Ärzte und Krankenschwestern entworfen. Gleich darauf bekam er den ersten Serien-Auftrag. Foto: Heiko Weckbrodt

Eigentlich wollte „Jungholz“-Erfinder Strobel nur seiner Mutter helfen – jetzt möchten auch andere seine Gesichtsvisiere haben.

Dresden, 31. März 2020. Weil Ärzte und Krankenschwestern derzeit vielerorts auf dem Lande nicht genug Schutzausrüstungen gegen das Corona-Virus finden, hat der Dresdner Jungunternehmer Philipp Strobel im Eilverfahren ein Gesichtsvisier aus Holz und Folie entwickelt. „Meine Mutter ist Ärztin in der Gegend von Döbeln“, erzählt der Tüftler und „Jungholz“-Gründer , wie es dazu kam. „Sie hat mir gesagt, dass es jetzt wochenlange Wartezeiten für die normalen Gesichtsvisiere aus China gibt. Da habe ich mich übers Wochenende drangesetzt und für sie ein einfach montierbares Visier gebaut.“ Das Konzept kam an: Schon am Montag folgten die ersten Anfragen von weiteren Interessenten.

Sanitätshaus-Onkel wollte gleich am Montag 50 Visiere haben

So hat Strobels Onkel, der ein Sanitätshaus betreibt, erst mal 50 dieser Anti-Corona-Visiere aus Hightech-Holz und Lampenfolien bestellt. „Ich werde wohl bald ein paar Leute zusätzlich für die Fertigung brauchen“, sagt der „Jungholz“-Chef. Gewinne wolle er am Corona-Schutz aber nicht machen, betont er. „Wir bieten das zum Selbstkostenpreis an.“ Mit etwa zehn Euro pro Stück im Zehnerpack sei seine Eigenentwicklung zwar doppelt so viel wie das, was die Chinesen vor der Corona-Krise pro Visier verlangten. Aber im Manufakturbetrieb lasse sich das auf die Schnelle nicht billiger machen.

Kurzvideo aus der
Produktion (Jungholz/Oiger):

Man nehme: Lampenfolie, Glasfaserholz, Laser und 3D-Drucker…

Sein Schutz gegen Hüstler und andere Virenschleuderer ist eine Mischung aus Hochtechnologie und Manufakturarbeit: Die durchsichtigen Folien vor dem Gesicht steuert die Lampen-Firma eines Freundes bei. Das Gestell besteht aus Resten des Hightech-Glasfaserholzes, mit dem Strobel sonst Designergeschenke fertigt. Auch die Haltegummibänder stammen aus dieser Produktionslinie. Den Holzzuschnitt übernimmt sein Nürnberger Kompagnon Yves Mattern mit einem Tischler-Laser. Und die Kunststoff-Nieten, die alles zusammenhalten, spuckt Strobels 3D-Drucker über Nacht aus. Die Montage geschieht dann in Handarbeit in Dresden-Pieschen.

Jungholz-Gründer Philipp Strobel mit seinem selbstentworfenen Coronavisier aus Holz. Foto: Heiko Weckbrodt

Jungholz-Gründer Philipp Strobel mit seinem selbstentworfenen Coronavisier aus Holz. Foto: Heiko Weckbrodt

2 Studenten, 2 Hightech-Holz-Gründungen

Entstanden war „Jungholz“ Ende 2017 als gemeinsames Projekt von Philipp Strobel und Yves Mattern. Beide hatten zuvor zeitweise am Leichtbauinstitut der TU Dresden an einem gemeinsamen Forschungsprojekt getüftelt. Mattern spezialisierte sich später in der – ebenfalls zusammen gegründeten – Firma „Lignoa“ auf Rollstühle, Kinderwagen und andere Geräte aus hartem Hightech-Holz, das ähnlich wie Karbon strukturiert ist. Inzwischen ist Ligno allerdings nach Nürnberg umgezogen. Die „Jungholz“-Manufaktur in Pieschen fokussierte sich mehr auf Holzumschläge für Bücher, Tablettrechner, Holzschmuck und andere Designergeschenke. Dabei verwenden Strobel und sein Team eigenentwickelte Verbundmaterialien aus glasfaserverstärkten Edelholz-Furnieren. Durch deren Schichtung, die dem industriellen Leichtbau entlehnt ist, sind besonders dünne, haltbare und chic anmutende Holzkonstruktionen möglich. „Wenn man das Gleiche mit klassischen Walnuss- oder Padouk-Holzlösungen realisieren wollte, wär das viel zu schwer“, erklärt Strobel.

Video aus der
Jungholz-Manufaktur (Jungholz):

Neue Holzdesign-Geschenke sind in der Pipeline

Inzwischen beschäftigt das Unternehmen drei feste Mitarbeiter und fünf bis acht Freiberufler beziehungsweise Studenten. Im vergangenen Jahr kam Jungholz auf 105.000 Euro Umsatz. Neue Holzdesign-Produkte seien bereits in Vorbereitung, sagt der Erfinder und Gründer. Doch das rückt für den Moment hintenan: Jetzt will er erst mal seine Anti-Corona-Schutzvisiere verbessern.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Vor-Ort-Recherche Jungholz, Oiger-Archiv, Lignoa

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt