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VW testet 5G-Fabrikvernetzung in Dresden

5G-Antennenmast von Vodafone an der Overbeckstraße in Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

5G-Antennenmast von Vodafone an der Overbeckstraße in Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Vodafone startet derweil 1. öffentlichen 5G-Sender in Dresden – Telekom zieht wohl erst 2020 nach

Dresden, 1. Oktober 2019. Der Mobilfunk der fünften Generation (5G) startet nun auch in Dresden. Vodafone-Deutschlandchef Hannes Ametsreiter hat heute an der Overbeckstraße die erste öffentliche 5G-Antenne in der sächsischen Landeshauptstadt in Betrieb genommen. Die Telekom wird Dresden voraussichtlich erst ab 2020 mit 5G versorgen. Damit ist die Kommune zwar im Vergleich zu Seoul, Shanghai, Madrid, Berlin und anderen Großstädten etwas spät dran, gehört aber immer noch zu den Pionieren dieser neuen Vernetzungstechnologie.

Vodafone-Deutschlandchef Hannes Ametsreiter. Foto: Heiko Weckbrodt

Vodafone-Deutschlandchef Hannes Ametsreiter. Foto: Heiko Weckbrodt

Dresdner Antennentechnologie steckt in vielen 5G-Stationen

Denn Dresden gilt schon länger als Vorreiter der neuen Technologie: Das Dresdner 5G-Labor um die TU-Professoren Gerhard Fettweis und Frank Fitzek hatte den neuen Mobilfunkstandard international mitentwickelt. Das Labor wird demnächst auch mehrere 5G-Pilotversuche in Hoyerswerda, Weißwasser und im Lommatzscher Raum betreuen. Zudem ging aus dem Dunstkreis der 5G-Lab-Lehrstühle die Ausgründung „Airrays“ hervor, deren Vielantennen-Technik derzeit in vielen 5G-Stationen weltweit verbaut wird.

VW, Bosch und TU Dresden planen eigene Campusnetze

Und als nächstes schalten Dresdner Ingenieure noch mindestens drei abgekapselte 5G-Netze für die Wissenschaft und für die Industrie scharf. So installiert die TU Dresden bis zum Jahresende für ihre Forschungen an neuen Mobilfunk-Lösungen für die Landwirtschaft, Bauindustrie, das vernetzte Fahren und andere 5G-Anwendungen ein spezielles Campusnetz, wie Prof. Gerhard Fettweis mitteilte. Auch Bosch will seine neue Chipfabrik im Dresdner Norden gleich von Anfang an mit „Industrie 4.0“- und 5G-Technologien hochfahren.

Marco Weiß, Vertriebsleiter der VW-Manufaktur Dresden, zeigt die Navi-App UMA. Foto. Heiko Weckbrodt

Marco Weiß von der VW-Manufaktur Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

„5G statt Strippen“

Zudem plant Volkswagen zum Jahresende ein eigenes 5G-Fabriknetz, um in seiner gläsernen Manufaktur die mobilfunkgestützte Koppelung von Werkzeugen, Robotern, Autobauteilen und anderen Komponenten auszuprobieren. Das hat der Dresdner VW-Innovationsbeauftragte Marco Weiß auf Oiger-Anfrage bestätigt. „5G statt Strippen“, fasst Weiß eine Idee dahinter zusammen: Künftig müssen die Techniker bei Produktionsänderungen kaum noch Datenkabel neu verlegen, weil dann alles funkvernetzt ist. Die VW-Ingenieure möchten aber zunächst klein anfangen. Sie wollen zunächst die Akkuschrauber in der Produktion, die bisher mit WLAN-Sendern vernetzt waren, auf den leistungsfähigeren 5G-Mobilfunk aufrüsten. Danach sollen mobile Roboter und andere „Industrie 4.0“-Komponenten folgen. „Wenn sich das bewährt, wollen wir das hochskalieren“, kündigte Weiß an. Sprich: Die Dresdner Manufaktur ist – wie schon bei den Roboter-Anlernjacken von Wandelbots – wieder einmal das Versuchslabor für eine neue Technologie, die im Erfolgsfall erst in der Zwickauer Autofabrik und dann konzernweit eingesetzt werden kann.

Das erste Entwicklungsprojekt fpr das neue VW-Software-Entwicklungszentrum Dresden: Sebastian Werner von Wandelbots hat auf der Produktionsschuppe in der gläsernen VW-Manufaktur Dresden einen Roboter angelernt. Der trägt zunächst eine "Primer" genannte Grundierungspaste dort auf. Bevor dann dort ein Seitenfenster am E-Golf eingeklebt wird, mustert der Roboter sein Werk mit einer Kamera. Die Bilder überträgt er zur Qualitätskontrolle per Funk in eine Rechnerwolke ("Cloud"). Foto: Oliver Killig für Volkswagen

Künftig soll das neue VW-Software-Entwicklungszentrum Dresden Technologie-Blaupausen für den ganzen Konzert liefern. Hier ein früheres Beispiel aus der Robotik: Sebastian Werner von Wandelbots hat auf der Produktionsschuppe in der gläsernen VW-Manufaktur Dresden einen Roboter angelernt. Der trägt zunächst eine „Primer“ genannte Grundierungspaste dort auf. Bevor dann dort ein Seitenfenster am E-Golf eingeklebt wird, mustert der Roboter sein Werk mit einer Kamera. Die Bilder überträgt er zur Qualitätskontrolle per Funk in eine Rechnerwolke („Cloud“). Foto: Oliver Killig für Volkswagen

4G-Nachfolger kann per „Slicing“ Tausende „Dinge“ vernetzen

Die Volkswagen-Experten setzen dabei auf die besonders kurzen Reaktionszeiten („Latenz“) und die hohe Zuverlässigkeit von 5G – aber auch auf dessen Fähigkeiten, Funkzellen in sehr viele „Scheiben“ aufzuteilen („Slicing“) und so per Hunderte, ja Tausende Maschinen, Geräte und Bauteile zu vernetzen. Abgesehen von diesen besonderen Eigenschaften für den industriellen Einsatz ist 5G flott: Datentransfers bis zu zehn Gigabit je Sekunden sind damit – je nach Frequenz und Abdeckung – prinzipiell möglich.

Kritiker fürchten Hirnkrebs

Indes gibt es auch Kritiker: Sie fürchten, dass die hohen Frequenzen, mit denen 5G arbeitet, sie unfruchtbar machen oder Hirnkrebs erzeugen können. Wissenschaftliche Belege gibt es dafür allerdings nicht.

Auch die US-Weltraumbehörde NASA hat Exoskelette entwickeln zu lassen, um zu testen, ob sich damit die Kraft von Astronauten verstärken lässt. Foto: NASA

Auch die US-Weltraumbehörde NASA hat Exoskelette entwickeln zu lassen, um zu testen, ob sich damit die Kraft von Astronauten verstärken lässt. Foto: NASA

Exoskelette für Gelähmte, Abfahrtsski für Blinde und Tor-AR für Fußball-Fans

Ingenieure wie Fettweis betonen eher die großen Chancen durch 5G – nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für Kranke: Durch die maschinelle Unterstützung 5G-gesteuerter Exoskelette könnten Lahme wieder laufen lernen, Erblindete selbst auf steilen Pisten wieder Ski fahren und Senioren robotische Hilfe im Alltag bekommen.

Video (Vodafone): 5G-Abfartsski für Erblindete

Ein weiteres Anwendungsbeispiel dürfte Fußball-Fans faszinieren: Vodafone-Chef Ametsreiter kündigte an, künftig ganze Stadien per 5G mit einer erweiterten Realität (AR) zu überziehen. Die Zuschauer müssen dann nur ihr Smartphone mit eingeschalteter Kamera auf den Rasen richten, damit sie neben den Spielern computergenerierte Zusatzinfos eingeblendet bekommen – etwa das Tempo des Balls oder eine Torchancen-Analyse bei einem Elfmeter.

Auf der Frontseite des Blade V10 hat Hersteller ZTE eine leistungsstarke 32-MP-Kameras für Selfies eingebaut. Foto: Heiko Weckbrodt

Auf der Frontseite des Blade V10 hat Hersteller ZTE eine leistungsstarke 32-MP-Kameras für Selfies eingebaut. Foto: Heiko Weckbrodt

Einige Smartphones unterstützen schon 5G

Wer mit 5G einfach nur surfen will, braucht dafür neuere Smartphones oder Empfangsboxen. Dazu gehören das Galaxy S10 von Samsung, das Mate 20 X 5G von Huawei, das Axon 10 Pro 5G von ZTE oder die – eher für den Heimgebrauch gedachte – Vodafone-Box „GigaCube 5G“. Außerdem benötigt der Nutzer einen 5G-Vertrag. Die gibt es derzeit ab 25 Euro im Monat aufwärts.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Vor-Ort-Recherche, Vodafone, 5G Lab, LHD, Deutsche Telekom, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt