Großstädte sind womöglich bereits 2035 rein elektrisch
Cambridge, 19. Juli 2019. Das Jahr 2025 wird eine Wende für die Elektromobilität bringen. Davon ist der Industrieanalyst Dr. Peter Harrop vom britischen Marktforschungs-Unternehmen „IDTEchEx“ aus Cambridge überzeugt. Womöglich könnten strengere Emissionsgesetze und City-Maut-Systeme sogar dazu führen, dass in den großen Städten bereits im Jahr 2035 rein elektrisch gefahren wird.
Analyst: Einstiegspreis für Einsteiger-Stromer fällt 2025 unter den der Verbrenner
„Der Einstiegspreis für reine Elektro- Fahrzeuge wird um 2025 unter denjenigen für Verbrennungsmotor- Fahrzeuge fallen“, prognostiziert Peter Harrop. Gleichzeitig werde das Netz aus Werkstätten und Ladestationen für Elektroautos dann so dicht und deren Versicherungsprämien soweit gefallen sein, dass sich auch viele praktische Probleme heutiger E-Auto-Besitzer erledigen.
Mehr Reichweite und mehr Solarsammler entspannen Ladesäulen-Problem
Auch das vieldiskutierte Problem, dass es noch weit weniger Ladepunkte als Zapfsäulen gibt, werde sich durch technologische Fortschritte der Batterie- und Solartechnologien bald entspannen, meint „IDTechEx“-Experte Raghu Das: „Eine große Anzahl öffentlicher Ladegeräte wird nicht länger erforderlich sein, da die elektrische Reichweite zunimmt“, argumentiert er. „Eine neue Generation von Solarautos kommt und die könnte vollständig mit Tageslicht und einem normalen Haushaltsstecker betrieben werden. Die sparsamen, Kurzstreckenfahrer nutzen das Tageslicht allein. Die Reichen kaufen Autos mit einer Reichweite von bis zu 1000 Kilometer, wie den Lightyear One oder den nächsten Tesla Roadster, die so selten wie ein normales Auto geladen werden.“
Engpässe von Kobalt und Lithium zu erwarten
Allerdings seien noch ernste Probleme rund um die Lithium-Ionen-Batterie zu lösen, betonen die Analysten: Ausgehend von den bisher publizierten Elektroauto-Plänen der großen Hersteller geht „IDTechEx“ davon aus, dass im Jahr 2028 Lithium-Ionen-Batterien mit einer Gesamtkapazität von 2000 Gigawattstunden benötigt werden. Dass bis dahin Superkondensatoren und andere alternative Stromspeicher massenmarktreif sind, bezweifeln die Analysten. In der kommende Dekade könne es daher „vorübergehend zu einem Mangel an Kobalt und sogar Lithium kommen“, warnen sie.
Batterieproduktion in Deutschland, aber kaum Zellfertigung
In Deutschland setzen große Hersteller wie VW und seine Töchter auf Kooperationen mit mehreren asiatischen Batteriezell- und Batterieherstellern, um ihre ehrgeizigen Elektroauto-Offensiven abzusichern. Teilweise bauen sie – wie etwa Daimler in der Lausitz – eigene Batteriewerke auf. Eine eigene Batteriezell-Großproduktion in Deutschland ist – trotz des Drängens vieler Wirtschaftspolitiker – bisher wegen der hohen Stromkosten in der Bundesrepublik nicht absehbar. Allein der chinesische Hersteller CATL hat bisher solch eine Batteriezell-Megafabrik in Thüringen angekündigt. Weitere Ankündigungen betreffen eher kleinen Zellfertigungen oder sind noch recht vage.
Hersteller müssen Brandprobleme in den Griff bekommen
Derweil müssten die Anbieter auch die Brandrisiken von Elektroautos mindern, betont IDTechEx. Im Wettlauf um immer höhere Energiedichten würden viele Hersteller die Qualität der eingebauten Batterien nicht genug testen, kritisieren die Branchenbeobachter. „Allein China verzeichnete 2018 mindestens 40 Brandereignisse mit Elektrofahrzeugen.“ So habe der junge chinesische Elektroauto-Produzent NIO auf Geheiß der Regierung in Peking 4800 ihrer E-Fahrzeuge zurückrufen müssen, weil das Modell immer wieder brannte. Auch habe Audi sein Elektroauto E-Tron in den USA wegen Brandgefahr zurückrufen müssen.
Stromer brennen seltener – sind aber schwerer zu löschen
„Kunden und Behörden wissen, dass Brände mit Elektrofahrzeugen im Vergleich zu konventionellen Autos viel seltener sind, fordern aber zu Recht noch weniger Brände“, erklären die IDTechEx-Analysten. Das hängt auch damit zusammen, dass Elektroauto-Brände schwierig bis gar nicht löschbar sind – die Feuerwehr muss solche Wagen oft überwacht ausbrennen lassen.
Autor: Heiko Weckbrodt
Quelle: IDTechEx, VW, Daimler, Oiger-Archiv
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