Cyberagentur schießt für Cottbuser Zander-Projekt rekordverdächtige 30 Millionen Euro zu
Cottbus/Halle, 15. Dezember 2023. Die Bundes-Cyberagentur gibt „Zander Laboratories“ über 30 Millionen Euro, damit die Cottbuser Neurotech-Firma damit die hirngesteuerte Interaktion zwischen Mensch, Maschine und „Künstlicher Intelligenz“ (KI) revolutioniert. Das hat die „Agentur für Innovation in der Cybersicherheit“ aus Halle mitgeteilt. Es handele sich dabei um die bisher „größte Forschungsfinanzierung in Europa“, die die Agentur bisher bewilligt hat.
Forscher wollen „Wissen, Werte und Ziele“ des Mesnchen in die Maschine übertragen
„Wir streben nach Systemen, die sich intuitiv dem individuellen Nutzer anhand von dessen Hirnaktivität anpassen können und nach KI-Anwendungen, die unmittelbar vom menschlichen Gehirn lernen“, erklärte Zander-Chef Thorsten Zander. Das Revolutionäre daran sei die Möglichkeit für die Maschinen, „in Echtzeit Hirndaten zu erfassen und zu interpretieren, wodurch sie einen Einblick in die momentane, individuelle Wahrnehmung und Interpretation des Nutzers erhalten. Dies versetzt uns in die Lage, Wissen, Werte und Ziele des Nutzers in die Maschine zu übertragen, was eine intuitive Interaktion erlaubt.“ Anders als in den USA, wo die Schnittstellen-Forscher eher invasive Methoden bevorzugen und sich hauptsächlich auf medizinische Anwendungen konzentrieren, sei der Cottbuser Ansatz nicht-invasiv und stärker darauf ausgerichtet, Maschinen zu steuern und anzulernen. Der vorgeschlagene Ansatz sei einzigartig und habe „das Potenzial, neue wissenschaftliche Standards in den Neurowissenschaften zu setzen“, würdigte Cyberagentur-Forschungsreferent Andreas Schönau das Konzept.
Passive Schnittstelle übersetzt menschliche in maschinelle Handlungen
Mit der Projektskizze „Neuroadaptivität für autonome Systeme“ (NAFAS) hatte sich Zander gegen vier Konkurrenten in einer Agentur-Ausschreibung durchgesetzt. Die Cottbuser setzten dabei auf eine „passive Hirn-Computer-Schnittstelle“ (passive Brain Computer Interface, kurz: pBCI). Die Kernidee dabei: Der Mensch legt beispielsweise einen Stift auf den Tisch, winkt mit der Hand oder realisiert eine andere Alltags-Handlung. Die Schnittstelle liest in Echtzeit seine oder ihre Hirnströme aus und übersetzt sie in computer-verständliche Signale. Dadurch kann ein Roboter oder eine andere Maschine ebenfalls winken, den Stift ablegen oder was immer der Mensch eben tun will. Anders als etwa beim Neuro-Feedback muss sich der Nutzer hier nicht etwas vorstellen, sondern denkt sich wie im Alltag die gewünschte Handlung.
Maschine soll sich in Echtzeit an kognitive und affektive Zustände des Menschen anpassen
Um solch eine Schnittstelle zu bauen, wollen die Zander-Forscher zunächst auf Basis der Hirnsignale herauszufinden, „durch welche mentalen Zustände die Person ihr Ziel erreicht hat“, heißt es in der Projektbeschreibung. „Daraus sollen schließlich Kategorien identifiziert werden, die auf künstliche Systeme übertragbar sind und es Maschinen ermöglichen, menschliche mentale Reaktionen im gegebenen Kontext zu interpretieren. Ziel ist es, eine neue Generation von Maschinen zu erforschen, die sich in Echtzeit an die kognitiven und affektiven Zustände des Benutzers anpassen können, um das Benutzererlebnis zu personalisieren und die Effektivität autonomer Systeme zu verbessern, ohne dass eine manuelle Eingabe erforderlich ist.“
Breites Konsortium gebildet, auch Fraunhofer Dresden ist an Bord
Neben dem Konsortialführer Zander sind an dem Projekt auch das Fraunhofer-Photonikinstitut IPMS aus Dresden, das Fraunhofer-Institut für digitale Medientechnologie (IDMT), die niederländische TNO, die Brain Products GmbH in München, die Eaglescience Software B.V. in Haarlem sowie die Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg die Unis Wien und Würzburg beteiligt.
Autor: Oiger
Quelle: Cyberagentur Halle
Wissenschaftliche Publikation:
„Towards passive brain–computer interfaces: applying brain–computer interface technology to human–machine systems in general“ von Zander, T. O., & Kothe, C., in: „Journal of neural engineering“, 2011, Fundstelle im Netz: DOI 10.1088/1741-2560/8/2/025005
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