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„Vertane Chance“ – Kritik an KI-Gesetz hält an

Blick in ein Spiegelkabinett im binären Matrix-Stil im Futurium Berlin. Foto: Heiko Weckbrodt digital Binärcode

Foto: Heiko Weckbrodt

Presseverlage und Internetwirtschaft warnen vor Kehrseiten des Trilog-Entwurfs

Berlin, 11. Dezember 2023. Nach der jüngsten Trilog-Einigung auf ein Gesetz für Künstliche Intelligenzen (KI) in der EU mehren sich die skeptischen Stimmen. Kritik kommt unter anderem von den Presse-Verlagen und aus der Internetwirtschaft. Zuvor hatte sich bereits der Bitkom kritisch geäußert, während der TÜV-Verband den aktuellen Entwurf begrüßt und der KI-Verband verhalten reagiert hat.

„Enttäuschung für Kulturschaffende“

Als „Enttäuschung für Medien- und Kulturschaffende“ stuften der „Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger“ (BDZV) und der „Medienverband der freien Presse“ (MVFP) das Trilog-Ergebnis ein. Sie forderten unter anderem „Klarheit darüber, ob und inwiefern unsere Inhalte verwendet werden“ mit Blick auf die Trainings-Daten für große KI-Modelle. „Die Vereinbarung bleibt leider deutlich hinter den Erwartungen zurück. Allem Anschein nach wurde nicht sichergestellt, dass Medien und Urheber ausreichende Informationen über die Nutzung ihrer Inhalte durch KI-Systeme erhalten“, schätzten beide Verbände in einer gemeinsamen Erklärung in Berlin ein – und forderten Nachbesserungen: „Wir gehen davon aus, dass die EU Medien- und Kreativschaffende nicht enteignen will.“

Vertrauensverlust befürchtet

Eine „vertane Chance für die Aktivierung eines innovativen KI-Ökosystems in Europa“ sei der neue Gesetzentwurf, kritisierte derweil der „Verband der Internetwirtschaft“ (Eco) in Berlin. Einerseits würden Selbstregulierungs-Mechanismen eine viel zu geringe Rolle im Entwurf spielen. Anderseits könne der „Verzicht auf ein vollständiges Verbot biometrischer Echtzeit-Identifizierung im öffentlichen Raum zu einem weiteren Vertrauensverlust im Zusammenhang mit KI in der Bevölkerung führen.“

Oliver Süme. Foto: Eco

Oliver Süme. Foto: Eco

Rückschlag für den KI-Standort Europa?

„Die EU wollte Vorreiter in Sachen KI Regulierung sein“, argumentierte Eco-Vorstandsvorsitzender Oliver Süme. „Ob sie dem Digital- und KI-Standort Europa mit der nun vorgelegten Einigung zum Europäischen AI Act einen Gefallen getan hat, darf allerdings bezweifelt werden.“ Insbesondere warnte der Verband vor einer intransparenten Überregulierung wie beim Datenschutz: „Bei der Umsetzung wird darauf zu achten sein, dass sich die Fehler der DSGVO nicht wiederholen.“

Zurückhaltend äußerte sich der „Bundesverband IT-Mittelstand“ (Bitmi): Eine Einigung im Trilog sei im Grundsatz zu begrüßen, hieß es da. Zugleich warnte der Verband: „Eine KI-Verordnung, die komplexe Auflagen und hohe Compliance-Kosten mit sich bringt, könnte diese KMU aber aus dem Wettbewerb drängen – besonders durch eine zu weite Auslegung der Einstufung von KI als ‚hochriskant‘.“

Schärfere Gangart im Trilog vereinbart

Hintergrund: Vertreter des Europäischen Parlaments, des Rates der Europäischen Union und der Europäischen Kommission hatten sich in einer Trilog-Verhandlung kurz vor dem Wochenende auf einen gemeinsamen Entwurf für ein KI-Gesetz geeinigt. Es sieht vor, Künstliche Intelligenzen in mehrere Risikoklassen einzuteilen, von denen einige verboten, andere eingeschränkt und überwacht werden. Während sich Deutschland, Frankreich und Italien dabei für viele Selbstregulierungs-Mechanismen stark gemacht hatten, sieht der Entwurf nun eine stärkere staatliche Regulierung vor – bis hin zu den allgemeinen KI-Modellen (General Purpose AI Models, kurz: GPAI) großer Akteure wie OpenAI.

Autor: hw

Quellen: BDZV, MVFP, Eco, Oiger-Archiv, EUR-Lex

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt