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KI-Gesetz der EU stößt auf Kritik und Freude

Eine Nao-Roboterin erklärt den Besuchern im Futurium Berlin, wie sie die Zeitmaschine benutzen. Foto: Heiko Weckbrodt

Foto: Heiko Weckbrodt

Manövriert sich Europa technologisch ins Abseits? TÜV bietet sich derweil als KI-Prüfer an

Berlin/Brüssel, 9. Dezember 2023. Diskrepante Reaktionen hat die nächtliche Einigung der EU-Mitgliedsstaaten auf eine europäische KI-Verordnung hervorgerufen: Freunde bei denen, die damit Geld zu verdienen hoffen, während in der Digitalwirtschaft die Kritik dominiert.

Bitkom: „Schaufenster-Erfolg zu Lasten von Wirtschaft und Gesellschaft“

„Die Einigung zum AI Act ist ein politischer Schaufenster-Erfolg zu Lasten von Wirtschaft und Gesellschaft“, kritisierte Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder vom deutschen Digitalwirtschafts-Verband „Bitkom“ in Berlin. „Der gestern Nacht erzielte Kompromiss schießt insbesondere bei der Regulierung generativer KI über das Ziel hinaus und greift tief in die Technologie ein. Die EU bindet damit den Unternehmen einen regulatorischen Klotz ans Bein. Das Risiko ist groß, dass europäische Unternehmen durch nicht praxistaugliche Vorhaben der rasanten technologischen Entwicklung künftig nicht folgen können.“

TÜV: Erste Ökosystem für sichere und vertrauenswürdige KI

Das sieht der TÜV-Verband indes ganz anders: „Künstliche Intelligenz muss sicher sein. Die Europäische Union ist mit der Einigung auf den AI Act der erste Wirtschaftsraum der Welt, der ein Ökosystem für sichere und vertrauenswürdige KI schafft“, betonte Geschäftsführer Joachim Bühler. „Für die Risikoeinstufung von KI-Anwendungen und die entsprechenden Sicherheitsprüfungen müssen Prüf- und Testverfahren entwickelt werden.“ Die TÜV-Unternehmen gaben vorsorglich schon ein „TÜV AI.Lab“ dafür eingerichtet. Auch mit KI-Weiterbildungen für junge Unternehmen und Mittelständler hofft der TÜV, nun Geld zu verdienen, und drängt auf eine staatliche Förderung solcher Dienstleistungen.

Bitmi: Überregulierung drängt Europas innovative Firmen vom Markt

Bereits im Vorfeld der nächtlichen Einigung hatte auch der „Bundesverband IT-Mittelstand“ vor einer Überregulierung durch die EU gewarnt. Statt dessen hatte der Verband für mehr Selbstregulierungs-Mechanismen plädiert, wie sie Deutschland, Frankreichs und Italien vorgeschlagen hatten. Zudem dürfte nicht ein Großteil der KIs von vornherein als „risikoreich“ eingestuft werden. „Dies hätte weitreichende Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit vieler innovativer KMU mit eigener Entwicklung im Bereich der KI, die dadurch vom Markt verdrängt würden.“

4 Risikoklassen vorgesehen, Basismodelle werden reguliert

Die aktuelle Version des KI-Gesetzes sieht unter anderem vier Risikoklassen für Künstliche Intelligenzen vor. KI-Systeme mit einem nicht akzeptablen Risiko („Unacceptable Risk“) wie Social Scoring Systeme werden verboten. KI-Systeme mit einem „begrenzten Risiko“ („Limited Risk“) wie einfache Chatbots müssen bestimmte Transparenz- und Kennzeichnungspflichten erfüllen, heißt es vom TÜV. Für KI-Anwendungen mit einem „hohem Risiko“ („High Risk“), zum Beispiel in kritischen Infrastrukturen, Bewertungssysteme im Personalwesen oder für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit, gelten strengere Sicherheitsanforderungen. Selbstregulierungs-Modelle („Codes of Practice“) sind zwar auch vorgesehen, laut Bitkom aber nur „für einen geringen Teil der Anforderungen“. Unter die Regulierung fallen nun insbesondere auch „Allzweck KIs“ (General Purpose AI) wie „ChatGPT“.

KI-Markt binnen eines Jahres um ein Drittel gewachsen

Kurz vor der Einigung hatte die deutsche KI-Branche noch über dynamisches Wachstum berichtet: Demnach sind die Umsätze mit Künstlicher Intelligenz im Jahr 2023 um 32 Prozent auf 6,3 Milliarden Euro gestiegen. Dazu gehören Ausgaben für KI-Software, -Dienste und -Hardware.

 

-> Hier ist eine Erklärseite der EU-Kommission zum KI-Recht zu finden.

Autor: hw

Quellen: EU-Kommission, Bitkom, Bitmi, TÜV-Verband

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt