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IDTechEx: Quantencomputer-Markt wächst bis 2043 auf 2,9 Milliarden Dollar

Themenfoto: Dall-E & hw

Themenfoto: Dall-E & hw

Analysten erwarten in 20 Jahren rund 3000 installierte Systeme

Cambridge, 13. August 2023. Quantencomputer werden noch etwa zwei Jahrzehnte der Weiterentwicklung brauchen, bis sie sich zu einem echten Massenphänomen und -markt werden. Das haben die Analysten Dr. Tess Skyrme und Dr. Matthew Dyson vom britischen Marktforschungsunternehmen „IDTechEx“ aus Cambridge in ihrem Aufsatz „Quantencomputer 2023-2043“ eingeschätzt.

Interessant für Pharmaindustrie, Banken, Militär und Astrophysik

Demnach wächst der globale Hardware-Markt für Quantencomputer bis 2043 auf 2,9 Milliarden US-Dollar – gemessen an den aktuellen, teils überhitzten Debatten um diese Technologie ein doch eher bescheidener Wert. Im selben Jahr werden laut Prognose voraussichtlich weltweit über 3000 Quantencomputer installiert sein. Dabei werden vor allem Unternehmen aus der Pharma- und Chemieindustrie-, aus der Luft- und Raumfahrt, aber auch Banken, das Militär sowie Forschungseinrichtungen beispielsweise aus der Astrophysik zu den frühen Großanwendern gehören.

Vorerst nur wenig Leistung von Quanten-PCs zu erwarten

Und obwohl Quantencomputer in PC-Größe inzwischen durchaus machbar sind, werden die meisten größeren Nutzer in den nächsten Jahren wahrscheinlich eher auf tiefgekühlte Quantencomputer in Rechnerwolken (Clouds) setzen, prognostizieren die Analysten.

Analystin Tess Skyrme. Foto: IDTechEx

Analystin Tess Skyrme. Foto: IDTechEx

Hintergrund: Klassische Digitalrechner lösen mathematische Probleme, indem sie Daten in Nullen und Einsen zerlegen und dann durch elementare Logik-Operationen wie „UND“, „NICHT“ beziehungsweise „ODER“ verknüpfen, um zu Rechenergebnissen zu kommen. Quantencomputer dagegen probieren durch Quanteneffekte gewissermaßen viele Lösungen auf einmal aus. Bei der Primfaktor-Zerlegung und Dechiffrierung, aber auch in Simulationen und einigen anderen Aufgaben sind sie Digitalrechnern damit weit überlegen – bei anderen dagegen gar nicht. Obwohl sich ihre Vorteile also nur auf ausgewählte Aufgabenfelder begrenzen, ist ihr Einsatz dort eben hochinteressant: beispielsweise um Codes zu knacken, für Aktienkurs-Prognosen, die Simulation komplexer Phänomene im Weltall und dergleichen mehr. „Quantencomputer haben das Potenzial, Probleme zu lösen, für die klassische Computer Billionen von Jahren benötigen würden“, betont IDTechEx-Analystin Tess Skyrme.

IBM-Quantencomputer. Foto: Graham Carlow für IBM

IBM-Quantencomputer. Foto: Graham Carlow für IBM

Mehrere Technologiepfade: Tiefgekühlte Qubits, Photonen, Ionenfallen und Diamantdefekte

Damit Quantencomputer funktionieren, brauchen sie Qubits – elementare Recheneinheiten, in denen sich mehrere Quantenzustände überlagern. Die lassen sich durch supraleitende, extrem tief gekühlte Bauelemente lösen, durch Ionenfallen, aber beispielsweise auch durch Photonenfallen oder durch Stickstoff-Fehlstellen in Diamantengittern. Letztere beide Technologien brauchen keine Tiefkühlung und eignen sich dadurch prinzipiell auch für die Konstruktion von „Desktop-Quantencomputern“ für den Schreibtisch. Bisher sind damit aber nur kleine Rechenwerke möglich, die zudem viele Rechenfehler machen, die nachkorrigiert werden müssen. Daher sind die IDTechEx-Spezialisten auch überzeugt, dass die besten Chancen für echtes Quantencomputing vorläufig in der Weiterentwicklung der teuren und großen Tiefkühl-Rechner liegt, wie sie beispielsweise IBM produziert. Diese Quantencomputer stellt man sich aber eben wegen der aufwendigen Kühlung und Versorgung nicht ins Büro, sondern bezieht ihre Rechenleistungen aus Quantencomputer-Rechenzentren, die ihre Dienste per Cloud bereitstellen.

Ein Quantenwissenschaftler testet ein Ionenfallenmodul im Quantenlab von Infineon in Villach. Foto: Infineon

Ein Quantenwissenschaftler testet ein Ionenfallenmodul im Quantenlab von Infineon in Villach. Foto: Infineon

Kleinere Akteure sammeln derzeit viel Risikokapital ein

Neben Branchengrößen wie IBM, Google und Amazon spielen allerdings auf dem Quantencomputer-Markt auch immer mehr kleine Hightech-Akteure eine Rolle, die derzeit viel Risikokapital einsammeln und womöglich für überraschende Durchbrüche sorgen könnten. Firmen wie QuiX, ORCA, Quantum Brilliance und XeedQ zum Beispiel arbeiten an verbesserten Photonik- oder an Diamantdefekt-Quantencomputern.

Der Saxonq-Quantencomputer (das eigentliche Herzstück ist rechts auf dem Tisch) beim Silicon-Saxony-Day 2022. Foto: Heiko Weckbrodt

Der Saxonq-Quantencomputer (das eigentliche Herzstück ist rechts auf dem Tisch) beim Silicon-Saxony-Day 2022. Foto: Heiko Weckbrodt

Auch in Deutschland und speziell Sachsen gibt es mehrere Akteure, die an Quantenprozessoren und -rechnern arbeiten. Dazu gehören Saxonq, aber auch Infineon und das Fraunhofer-Photonikinstitut IPMS und das Fraunhofer-Teilinstitut EAS. Die IDTechEx-Analysten gehen davon aus, dass allein die Investitionen in die photonische Quanteninformatik bereits die Marke von einer halben Milliarde Dollar weltweit überschritten haben. Und weitere Investitionen in aller Technologiepfade hin zu einem Quantencomputer-Massenmarkt sind absehbar.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: IDTechEx, Oiger-Archiv

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Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt