Leipziger schlauen Diamanten durch Beschuss mit Stickstoff-Ionen auf
Leipzig, 15. Juli 2022. Die Leipziger Uni-Ausgründung „Saxonq“ will mit einem eigenen mobilen Quantencomputer im noch jungen Markt für quantentechnologische Systeme reüssieren. „Wir haben ein System, das auch schon bei Zimmertemperatur funktioniert“, betont Saxonq-Mitbegründer Prof. Jan Meijer. Nach Angaben des Unternehmens handelt es sich um den erste mobilen Quantencomputer dieser Art weltweit.
Uni-Ausgründung hofft auf Aufträge von Fahrzeugbau, Banken, Medizin und Energiewirtschaft
Als potenzielle Käufer der Leipziger Quantencomputer sehen Meijer und seine Kollegen den Energiesektor, Banken, die Medizin und vor allem auch die Autoindustrie. Die könne solche kleinen, mobilen Systeme zum Beispiel für die Mustererkennungs-Aufgaben beim autonomen Fahren brauchen.
Statt Supraleit-Kernen à la IBM sind Quantenbits hier aus Fehlstellen konstruiert
Anders als bei IBM und andere Branchengrößen setzen die Sachsen für ihren Quantencomputer, der kaum größer als klassischer Büro-PC ist, nicht auf supraleitende tiefgekühlte Rechenwerke. Vielmehr beschießen sie gezielt Diamanten mit Ionen und erzeugen kleine Lücken in Diamantgittern. Dort fehlt dann jeweils ein Kohlenstoff-Atom, dafür hat sich dort ein Stickstoffatom eingeklinkt. Diese Stickstoff-Vakanzzentren (englisch: „Nitrogen vacancy“, kurz: NV) haben eigene quantenmechanische Drehimpulse („Spin“), die als Quantenbits verwendbar sind. Solche Qubits sind die elementaren Zellen, mit denen Quantencomputer immer zugleich mehrere Lösungen für eine Rechenaufgabe auf einen Schlag „ausprobieren“ können.
System mit über 100 Qubits auf der Agenda
Derzeit kommt der Saxonq-Rechner erst auf vier Qubits, was die praktischen Einsatzmöglichkeiten noch sehr eingrenzt. Andere wie eben IBM haben schon Quantencomputer mit über 100 Qubits. „Und da werden wir auch hinkommen“, verspricht Jan Meijer.
2021 aus Felix-Bloch-Institut ausgegründet
Die Professoren Marius Grundmann und Jan Meijer vom Felix-Bloch-Institut für Festkörperphysik der Uni Leipzig hatten die „Saxonq“ gemeinsam mit vier Partnern im Jahr 2021 gegründet. Inzwischen hat das Unternehmen vier Mitarbeiter. Neben der Produktion der selbstentwickelten Quantencomputer programmiert das Team auch Software dafür. Gerade dafür heuert das Unternehmen derzeit auch neue Experten und Expertinnen in Leipzig und Ulm an.
Sachsen will wichtiger Quantentech-Standort werden
„Saxonq“ ist Beispiel für die sächsischen Ambitionen, zu einem wichtigen europäischen Standort der Quantentechnologien zu werden. Beispielsweise hat der Fraunhofer-Institutsteil für die „Entwicklung Adaptiver Systeme“ (EAS) in Dresden ein spezielles Labor für Quantenkommunikation in Betrieb genommen. Auch sind Infineon Dresden, das Fraunhofer-Photonikinstitut IPMS Dresden und weitere Akteure im Freistaat an der Entwicklung von deutschen Quantenprozessoren beteiligt. Im neuen „Center for Advanced CMOS & Heterointegration Saxony“ von Fraunhofer ist eine ganze Pilotlinie für Quantenchips geplant. Globalfoundries Dresden wiederum stellt siliziumbasierte Steuerelektronik für Quantensysteme her. Mit „Quantum Technologies“ gibt es zudem seit 2020 in Leipzig ein Unternehmen, das sich auf Quanten-Magnetsensoren spezialisiert hat. Und mit dem Exzellenzzentrum „Ct.qmat“ ist an der TU Dresden auch ein Grundlagenforschungszentrum mit einem quantenmechanischen Fokus angesiedelt.
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: Auskünfte Jan Meijer beim Silicon-Saxony-Day, Saxonq, WFS, Oiger-Archiv, Northdata
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