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Fraunhofer Dresden baut Quantentech-Labor für 5 Millionen Euro aus

Quantenkommunikationssysteme ermöglichen eine sichere Datenübertragung zwischen Sender (hier im Laboraufbau »Alice«) und Empfänger über einen geheimen Schlüsselaustausch mithilfe von Lichtquanten. Foto: Frank Grätz (BLEND3) für das EAS

Quantenkommunikationssysteme ermöglichen eine sichere Datenübertragung zwischen Sender (hier im Laboraufbau „Alice“) und Empfänger über einen geheimen Schlüsselaustausch mithilfe von Lichtquanten. Diese Photonen sind dabei über große Distanzen miteinander verschränkt, nehmen also augenblicklich den gleichen Zustand wie ihr Gegen-Photon ein – selbst wenn das viele Kilometer weit entfernt ist. Foto: Frank Grätz (BLEND3) für das EAS

Unternehmen können im EAS-Zentrum nun Quantenkommunikations-Chips praktisch testen

Dresden, 2. Juni 2023. Fraunhofer baut sein Applikationszentrum für Quantenkommunikation in Dresden für fünf Millionen Euro aus. Das Team um Dr. Kay-Uwe Giering will dort künftig Unternehmen die Chance bieten, eigene Quantentech-Chips praktisch auszutesten. Das hat der Fraunhofer-Institutsteil für die „Entwicklung Adaptiver Systeme“ (EAS) Dresden mitgeteilt, zu dem das noch junge Quantentech-Labor gehört.

Abhörsichere Quantennetze brauchen auch neue Mikroelektronik

„An optischen Komponenten und ihrer Miniaturisierung für die Quantenkommunikation der Zukunft wird schon seit vielen Jahren geforscht, und es werden dabei große Fortschritte in Europa und Deutschland gemacht“, erklärte Johannes Verst, Geschäftsführer der Initiative „Quantum Business Network“ (QBN), zu der auch das EAS gehört. „Vor allem in puncto sicheres Design von miniaturisierter Mikroelektronik für diese Aufbauten gibt es allerdings noch großen Nachholbedarf. In diesem Sinne ergänzt das Applikationszentrum mit seinen Angeboten unser Netzwerk-Portfolio ideal.“

Staat und Wirtschaft interessieren sich gleichermaßen für Quantentech

Konkret bietet sich im EAS der sächsischen und deutschen Hightech-Wirtschaft eine Test-Umgebung, die sie nicht gerade überall findet: Das Dresdner Quantentech-Labor gehört nämlich zu den ersten in der Bundesrepublik, die Quantenkommunikation über längere Strecken stabil etablieren können. Dabei handelt es sich um Transfers, bei denen die Daten augenblicklich und nahezu abhörsicher beim „Gesprächspartner“ landen, weil Sender und Empfänger quantenmechanisch verschränkt sind. Daher interessieren sich Wirtschaft, Geheimdienste und viele Protagonisten bereits brennende für diese noch junge Technologie.

Derzeit bastelt Fraunhofer an Quanten-Strecke zwischen Dresden und Jena

Im Mai 2022 hatte das EAS das acht Millionen Euro teure Quantenzentrum in Betrieb genommen und rasch erste Quantenverbindungen innerhalb des Institutsgebäudes etabliert. Inzwischen haben die EAS-Spezialisten auch eine innerstädtische Quanten-Kommunikationsstrecke hin zum Fraunhofer-Verkehrsinstitut IVI aufgebaut: Über fünf Kilometer Glasfaserkabel können hier Lichtteilchen (Photonen) Quantenschlüssel austauschen, indem sich auf große Distanzen auf einer Ebene schwingen, also „polarisationsverschränkt“ sind. Derzeit arbeitet das Giering-Team gemeinsam mit Kollegen in Thüringen daran, eine noch längere Quantenstrecke aufzubauen: Sie wollen eine 220 lange Kommunikationslinie zwischen dem EAS in Dresden und dem Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik (IOF) in Jena quantenverschränken. Auch ein Quantennetzwerk nach Bayern ist geplant.

Picosekunden-Stoppuhren gefragt

Um solche abhörsicheren, quantenverschränkten Datennetze aufzubauen, bedarf es spezieller physikalischer und optischer Expertise– und eben auch neuartiger mikroelektronischer Schaltkreise und Bauelemente. Dazu gehören besondere Analog-Digital-Wandler, aber beispielsweise auch superpräsise Chip-Stoppuhren, die Lichtimpulse bis auf die Picosekunde genau messen können, erklärte Giering auf Oiger-Anfrage. In der neuen Ausbaustufe werde das Quantenkommunikations-Labor in Dresden nun so ertüchtigt, dass solche und weitere Quantentech-Chips einfacher konzipiert, entworfen, mit spezieller Gigahertz-Messtechnik in Betrieb genommen und an der Quantenkommunikations-Teststrecke praktisch ausgetestet werden können.

Hoffnung auch auf Impulse für regionale Hightech-Wirtschaft

„Unser Zentrum steht allen Unternehmen offen“, betonte Giering. Konkret stehe das EAS-Team aber auch mit lokalen Akteuren im Gespräch, um erste Nutzer zu identifizieren. Das können einerseits Akteure aus der sächsischen Chipindustrie sein, aber auch Ausgründungen aus der Uni oder den Forschungsinstituten, genauso aber auch Telekommunikations-Unternehmen, die eigene Quantentech-Entwicklungsprojekte vorantreiben wollen.

Ein Fraunhofer-Forscher installiert eine verschränkte Photonenpaarquelle im Applikationszentrum für Quantenkommunikation am Fraunhofer-EAS, das wiederum zum Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen (IIS) gehört. Foto: Blend3 Frank Grätz für das Fraunhofer-IIS/EAS

Ein Fraunhofer-Forscher installiert eine verschränkte Photonenpaarquelle im Applikationszentrum für Quantenkommunikation am Fraunhofer-EAS, das wiederum zum Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen (IIS) gehört. Foto: Blend3 Frank Grätz für das Fraunhofer-IIS/EAS

Sachsen investiert in Quantentech

Mit der neuen Ausbaubaustufe fließen nunmehr bereits 13 Millionen Euro in das neue „Applikationszentrum Quantenkommunikation“ am EAS, das wiederum zum Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen (IIS) gehört. Einen wesentlichen Teil der Investitionen bis zum Jahr 2026 finanziert der Freistaat. Hintergrund dafür sind die sächsischen Bemühungen, in den Quantentechnologien, zu denen neben der Quantenkommunikation auch Quantencomputer und -senoren gehören, eine bundesweite und womöglich auch international führende Position aufzubauen.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: PM IIS/EAS, Auskünfte Gierig, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt