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Sondersubventionen für deutsche Solarfabriken geplant

Ein letzter prüfender Blick, bevor die Serienproduktion in der neuen Solarmodul-Fabrik von Meyer Burger in Freiberg startet. Foto: Meyer Burger

Solarmodul-Produktion in der Freiberger Fabrik von Meyer Burger. Foto: Meyer Burger

Nach „Meyer Burger“-Drohung plant Bundesampel ein Zuschussprogramm à la Mikroelektronik nun auch für Photovoltaik-Betriebe

Berlin/Freiberg/Dresden, 23. Juni 2023. Der deutsche Subventionswettlauf mit Asien und Amerika geht in eine neue Phase: Mit einem neuen Zuschuss-Programm für Solarfabriken will Bundesminister Robert Habeck (Grüne) die Schweizer Solarfirma „Meyer Burger“ davon abhalten, in die USA abzuwandern und ganz generell die vor Jahren verlorene Massenproduktion von Photovoltaik-Technik in Deutschland wieder aufbauen. Das geht aus einem „Interessensbekundungsverfahren“ hervor, das Habeck heute verkündet hat. Der sächsische Umweltminister Wolfram Günther (Grüne), der bereits für solche neuen Solarsubventionen plädiert hatte, begrüßte die Pläne seines Parteikollegen in Berlin.

Robert Habeck. Foto: Susanne Eriksson für das BMWi

Robert Habeck. Foto: Susanne Eriksson für das BMWi

Wirtschaftsminister Habeck: Ist eine Frage der ökonomischen Vernunft und Wirtschaftssicherheit

„Für zentrale Transformationstechnologien brauchen wir eigene Fertigungskapazitäten in Deutschland und Europa“, begründete Habeck seinen Vorstoß. „Das ist nicht nur eine Frage der ökonomischen Vernunft, sondern auch eine Frage der Wirtschaftssicherheit. Wir wollen unsere Industrie dabei unterstützen, dauerhaft eine Photovoltaik-Produktion in Deutschland aufzubauen, indem wir Leuchtturmprojekte finanziell unterstützen. Das stärkt nicht nur unsere technologische, sondern auch unsere energiepolitische Souveränität.“

Meyer Burger hatte gedroht, auf USA umzuschwenken

Nun will Habeck zunächst Meldungen von Solartechnik-Herstellern einsammeln, die für ihre Fabriken gerne staatliche Subventionen ähnlich wie für die Mikroelektronik haben wollen. Erster Kandidat dürfte „Meyer Burger“ sein: Die Schweizer hatten kurz zuvor gedroht, den weiteren Ausbau ihrer Zell- und Modulfabriken in Freiberg und Thalheim zu Gunsten von Fabrikbauten in den USA einzufrieren, weil die Amerikaner mehr Beihilfen zahlen. Weitere Photovoltaik-Firmen, die die deutsche Solarkrise 2012 bis 2018 überlebt hatten, dürften wohl folgen.

Wer Beihilfen will, muss hohe Zuschussversprechen anderer Länder vorzeigen

Dafür will Habeck die Taschen der Steuerzahler weit öffnen: „Konkret will das BMWK Leuchtturmprojekte, vor allem in strukturschwachen Regionen, Zuwendungen nach der sogenannten Matching Clause bis zu der Höhe gewähren, die ein gleichwertiges Investitionsprojekt in einem Drittstaat nachweislich erhalten würde.“ Die Unternehmen sollen weltweit die höchsten Subventionsversprechen sammeln und können sich dann die höchste Zuschussquote aussuchen und bekommt sie von Deutschland. Immerhin müssen die Firmen aber eine „konkrete Förderzusage“ aus einem anderen Staat vorweisen sowie eine Zuschusszusage des deutschen Bundeslandes, in dem sie investieren wollen.

Wolfram Günther. Foto: Pawel Sosnowski für die Sächsische Staatskanzlei

Wolfram Günther. Foto: Pawel Sosnowski für die Sächsische Staatskanzlei

Sachsens Umweltminister Günther: Müssen gefährliche Abhängigkeit von Photovoltaik aus Ostasien überwinden

„Ich bin sehr froh und sehr erleichtert über dieses klare Bekenntnis“, kommentierte Sachsens Umweltminister Günther die neuen Habeck-Pläne. Darauf habe er in den letzten Monaten auf allen Ebenen hingearbeitet, in Brüssel, in Berlin, in Mitteldeutschland, in Sachsen. „Unsere Unternehmen sind technologisch führend und wettbewerbsfähig, wenn sie im fairen globalen Wettbewerb agieren können“, argumentiert Günther. „Diese fairen Rahmenbedingungen müssen jetzt geschaffen werden. So lässt sich ein Wachstum hier bei uns erreichen, mit dem wir unsere hochgradig einseitige und gefährliche Abhängigkeit von Photovoltaik aus Ostasien und China überwinden.“

Milliardenprogramme häufen sich

Die Bundesampel hatte in den vergangenen anderthalb Jahren bereits mehrere neue milliardenteure Sonderprogramme auf den Weg gebracht oder angekündigt, von denen viele auf Pump finanziert werden sollen. Dazu gehören das kreditfinanzierte „Sondervermögen“ von Kanzler Olaf Scholz (SPD) für die Bundeswehr, das 9-Ticket, das Deutschlandticket, Strompreisbremse, Heizkostenzuschuss, Bahn-Investitionsprogramme, Aufrüstung der Ukraine, eine neue Kindergrundsicherung und dergleichen mehr.

10 Milliarden für Intel sind womöglich erst der Anfang

Für Schlagzeilen hatte zuletzt die auf rekordverdächtige 10-Milliarden-Euro erhöhte Subvention für die Intel-Chipfabrik in Magdeburg gesorgt. Allerdings hat Habeck noch weitergehende Pläne, die noch weit teurer werden dürften. Dazu gehören eine auf Jahre angelegte Subvention für die Industriestrompreise sowie umfangreiche Transformations-Beihilfen („Klimaschutzverträge“) für Unternehmen, die umweltfreundlich zu wirtschaften versprechen.

Deutsche Solarindustrie war ab 2012 kollabiert

Speziell die deutsche Solarindustrie war vor allem nach der Jahrtausendwende stark gewachsen und hatte in dieser Zeit umfangreiche indirekte Subventionen durch EEG-Umlage, vorgeschriebene Einspeisevergütung und andere Förderinstrumente bekommen. Als diese vom Staat organisierten Hilfen schrittweise wegfielen, kollabierte die Branche in der Bundesrepublik – nur wenige überlebten die große Pleitewelle bis 2018. Denn die chinesische Konkurrenz hatte ihre Einnahmen derweil in größere Fabriken, Automatisierung und weitere technologische Fortschritte gesteckt und war den Deutschen schließlich deutlich überlegen. Die Bundesampel will nun einen erneuten Anlauf unternehmen, im Zuschuss-Wettbewerb mit anderen Staaten ihre eigene Solarindustrie mit diesmal direkten Subventionen wieder aufzupäppeln.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: BMWK, Smekul, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt