Medizin & Biotech, News, zAufi

Soziale Isolation lässt Hirn schneller altern

Neuartige Computer, deren Speicherzellen ähnlich wie die Neuronen im menschlichen Gehirn auch rechnen können, sollen den Forschern im Deutschen Zentrum für Astrophysik beim Blick in die Kinderstube des Universums helfen. Visualisierung: Dall-E

Visualisierung: Dall-E

Studie aus Leipzig: Wer Menschen im Alter meidet, baut geistig schneller ab

Leipzig, 24. Juni 2023. Wer sich im Alter isoliert und nur noch wenig mit anderen Menschen zu tun hat, beschleunigt Alterungsprozesse im Gehirn. Dadurch steigt das Risiko, geistig abzubauen und chronisch vergesslich zu werden. Das haben Forscherinnen und Forscher der Uni Leipzig und des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften (MPI-CBS) Leipzig durch Analysen der grauen Hirnsubstanz von rund 1900 Menschen ermittelt.

Graue Hirnsubstanz baut stärker ab

Die graue Substanz steuere alle Hirnfunktionen sowie sämtliche Funktionen des Zentralnervensystems, erklären die Wissenschaftler. In ihrer Studie stellte sich heraus, dass bei Menschen älter als 50 Jahre und mit wenig sozialen Kontakten eine beschleunigte Abnahme dieser Substanz im Hippocampus und der Hirnrinde stattfindet. Umgekehrt gelte, „dass Menschen, die ihr soziales Netz bewahren oder ausbauen, ihre Gehirnstruktur und Denkleistung besser erhalten, als solche, die sozial isoliert leben“.

Prävention gegen kognitiven Abbau sollte sehr früh starten

„Das Auffinden dieser Effekte bei gesunden Menschen legt einen kausalen Zusammenhang zwischen sozialer Isolation und einer schnelleren Abnahme der kognitiven Leistungsfähigkeiten nahe“, kommentierte Dr. Veronica Witte, die in der Universitätsmedizin Leipzig und im CBS tätig ist. „Darüber hinaus konnten wir Hinweise finden, dass diese vom Lebensstil abhängige Veränderung des Gehirns schon ab dem Alter von 50 Jahren von Bedeutung ist. Deshalb sollten Präventionsmaßnahmen gegen den kognitiven Abbau bereits sehr früh starten.“ Zudem geht sie davon aus, dass es einen Zusammenhang zwischen sozialer Isolation und Demenz gebe.

MRT, Fragebögen und Gesundheitstests

Für die Studie hatte das Team per Fragebogen die soziale Isolation sowie medizinische Biografie der Probanden und auch den aktuellen Gesundheitszustand der Teilnehmer ermittelt. „Mit einer Kombination kognitiver Tests wurde die Leistung der Probandinnen in Bezug auf Gedächtnis, Aufmerksamkeit und mentale Flexibilität ermittelt“, beschreibt die Uni Leipzig den weiteren Studienaufbau. „Hochauflösende 3-Tesla-MRT-Bilder und computergestützte Auswerteroutinen erfassten die Gehirnstruktur.“

Quelle: Uni Leipzig

Wissenschaftliche Publikation:

Laurenz Lammer, Frauke Beyer, Melanie Luppa, Christian Sanders, Ronny Baber, Christoph Engel, Kerstin Wirkner, Markus Loffler, Steffi G Riedel-Heller, Arno Villringer, A Veronica Witte: „Impact of social isolation on grey matter structure and cognitive functions: A population-based longitudinal neuroimaging study“, in: „eLife“, Fundstelle im Netz und DOI: https://doi.org/10.7554/eLife.83660.

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt