Ab 2030 rechnet Minister dann mit genug Billig-Ökostrom – will aber nachhelfen
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Berlin, 5. Mai 2023. Um eine De-Industrialisierung von Deutschland zu vermeiden, will Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) mit Steuergeldern den Strompreis für Industriebetriebe bis 2030 auf sechs Cent pro Kilowattstunde (kWh) herunter zu subventionieren. Danach gibt es nach Habecks Überzeugung genug preiswerten Ökostrom, so dass sich das Problem von selbst erledigen werde. Damit der aber auch wirklich billig wird, soll der langfristig zumindest indirekt weiter subventioniert werden, indem er von vielen Abgaben befreit wird, um ihn nahezu fast zum Selbstkostenpreis an die Industrie abgeben zu können. Das sieht ein Plan unter dem Titel „Wettbewerbsfähige Strompreise für die energieintensiven Unternehmen in Deutschland und Europa sicherstellen“ vor, den Habeck heute vorgestellt hat.
„Deutschlands Wohlstand basiert auch auf seiner starken industriellen Basis und wir brauchen diese starke Basis auch in Zukunft.“
Robert Habeck, Bundeswirtschaftsminister
Habeck-Plan: Erst Strompreise, dann Brückenstrompreis, dann Billigökostrom
Die Abfolge ist demnach die: Im Moment wirkt die ebenfalls staatlich finanzierte Strompreisbremse, danach wirkt ein „mittelfristiger Brückenstrompreis für energieintensive Unternehmen“, den der Staat bis 2030 subventioniert, und danach sind Wind-, Solar- und anderer Ökostrom so billig, dass der Bund nicht mehr eingreifen muss. Dabei hat das Wirtschaftsministerium offensichtlich nicht nur vor Augen, dass viele Stahlwerke, Glas- und Alu-Hütten bald dicht machen müssen, wenn Deutschland weiter zu den Ländern mit den höchsten Strompreisen weltweit gehört, sondern auch andere Industrien, die der Bund gerne haben oder zurückhaben möchte, viel Strom verbrauchen: Chipwerke zum Beispiel, Akku-Fabriken, aber auch die Siliziumschmelzen für die Solarindustrie und dergleichen mehr.
Industrie soll Ökostrom nahe am Selbstkostenpreis bekommen
Da die Bundes-Ampel fest überzeugt ist, dass ihre Energiepolitik nicht Ursache, sondern Ausweg aus der deutschen Spitzenposition bei den Strompreisen ist, sieht sie in Wind- und Solarstrom auch die Billigenergiequelle der Zukunft. Um das sicherzustellen, will Habeck die Zinskosten von Wind- und Solarparkbetreibern durch Staatsbürgschaften subventionieren, langfristige Ökostromlieferverträge (PPA) zwischen Anbietern und Industriebetrieben fördern und – zunächst bei Meeres-Windkraftanlagen, dann auch bei anderen Ökostromanbietern – über sogenannte „Contract for Difference“-Modelle bei Bedarf bezuschusste Garantiepreise erreichen. Auch sollen Abgaben wie etwas Netzentgelte wegfallen, wenn Wind- oder Solarparks Industriebetriebe in ihrer lokalen Nachbarschaft mit Strom beliefern oder wenn die Wind- und Solaranlagen wegen drohender Netzüberlastung ansonsten angeschaltet werden müssten.
Zuvor hatte es aus der Industrie und von weiteren Akteuren bereits mehrfach die Forderung gegeben, die Bundesampel müsse etwas gegen die hohen deutschen Energiepreise tun. Erst kürzlich hatte der sächsische Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) deshalb einen auf vier Cent pro kWh herunter subventionierten Industriepreis gefordert. Dass eine dauerhafte Subventionierung aber keine Lösung sein dürfte (siehe DDR) ist auch vielen Ampel-Politikern klar.
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: BMWK, Oiger-Archiv
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