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Bürokratiemonster CO2-Zoll

Die Wirtschaftskammern warnen vor der wachsenden Bürokratie in Deutschland. Visualisierung: Dall-E

Die Wirtschaftskammern warnen vor der wachsenden Bürokratie in Deutschland. Visualisierung: Dall-E

IHK Dresden kritisiert immer weiter wachsenden Aufwand für die Wirtschaft

Dresden, 17. Oktober 2023. Vor den negativen Folgen einer ausufernden Bürokratie für die ohnehin schwächelnde ostsächsische Wirtschaft hat die Industrie- und Handelskammer (IHK) Dresden gewarnt. „Das Korsett aus immer neuen Reglungen, Gesetzen und Vorgaben wird in der Summe für die Betriebe immer enger“, kritisiert IHK-Sprecher Fiehler. Statt für jede neue Vorschrift zwei alte zu streichen, wie von EU, Bund und Ländern immer wieder versprochen, steige die Normenflut gerade in Deutschland immer mehr. Dabei komme freilich vieles davon letztlich aus Brüssel und nicht unbedingt aus Berlin. Als Beispiele nennt IHK-Präsident Andreas Sperl das neue Lieferkettengesetz, Energieeffizienz-Vorgaben und die Nachhaltigkeits-Berichtspflichten.

„Grenzausgleichsmechanismus“ soll offiziell „den Klimawandel bekämpfen“

Als besonderes Bürokratie-Monster zeichnet sich der jüngste Versuch der EU ab, die durch eigene Umweltauflagen verursachten wachsenden Wettbewerbsnachteile europäischer Firmen und die Abwanderung von Industrien aus Europa durch Abwehrzölle gegen günstigere internationale Konkurrenten, Lieferanten und Standorte. Damit dies nicht zu sehr nach einem Bruch der internationalen Freihandelsregeln aussieht, nennen die Brüssler Kommissare und Kommissarinnen um Ursula von der Leyen (CDU) ihre vor allem gegen China und andere asiatische Staaten gerichteten Schutzzölle „Carbon Border Adjustment Mechanism“ (CBAM), auf Deutsch: „CO2-Grenzausgleichsmechanismus“. Offiziell sollen diese Angaben laut Europaparlament „den Klimawandel bekämpfen“. Die Argumentation dabei: Wenn sich andere Staaten nicht an die EU-Klimaschutzregeln halten und damit die weltweit CO2-Bilanz verschlechtern, dann müssen sie dafür einen Kohlendioxid (CO2) basierten Zoll bei Exporten in den EU-Raum zahlen.

Neue Teuerungsschübe für Endverbraucher zu erwarten

In der Praxis dürfte dies einerseits zu weiter steigenden Preisen für die europäischen Endverbraucher führen. Ein Beispiel: VW & Co. könnte es dann leichter fallen, seine teuren Elektroautos im EU-Raum zu verkaufen, auch wenn die Chinesen eigentlich preiswertere und bessere E-Autos bauen. Ob diese Teuerungsspirale dazu beiträgt, den Umstieg der Menschen auf Elektromobilität zu fördern, sei einmal dahin gestellt.

300 Datenfelder pro Produkt

Andererseits haben EU und Bundesregierung die Datenerfassung für ihre CO2-Steuer auf die Unternehmen weiter delegiert: Sobald ein in- oder ausländisches Unternehmen im EU-Raum irgendein ein Produkt über 150 Euro verkaufen will, muss es von sämtlichen Lieferanten die Kohlendioxid-Bilanz bei der Produktion jedes Zulieferteils abfragen und dokumentieren. „Das reicht bis hin zu Allerweltserzeugnissen wie Schrauben“, berichtet Sperl. Laut IHK Dresden sind dabei jeweils 300 Datenfelder auszufüllen – „und diese Daten muss man erst mal von den Zulieferern bekommen“, so Fiehler. Von daher sei auch dies wieder ein Beispiel für neue bürokratische Auflagen, die vermeintlich europäischen Unternehmen helfen sollen, tatsächlich aber für enormen Aufwand sorgen.

Kleine Zulieferer müssen „freiwillig“ mitmachen

Bei CO2-Zöllen, Lieferketten-Gesetz sowie anderen neuen Vorschriften und Vorgaben werde von den Politikern zwar oft behauptet, dies betreffe im Wesentlichen nur die großen Konzerne, sagt der IHK-Präsident Sperl. „In der Praxis müssen sich aber auch die kleinen und mittelständischen Unternehmen ,freiwillig’ beteiligen, weil sie sonst aus dem Markt gedrängt werden.“

EU will Zölle auf weitere Warengruppen ausdehnen

Derzeit gelten die neuen Schutzzölle für Importe von Eisen und Stahl, Zement, Aluminium, Düngemittel, Elektrizität und Wasserstoff. „Unter bestimmten Bedingungen sind auch indirekte Emissionen einbezogen und bestimmte Vorprodukte sowie einige nachgelagerte Produkte wie Schrauben und ähnliche Artikel aus Eisen oder Stahl“, heißt es in einer Mitteilung des Europaparlaments. Künftig will die EU ihre „Klimaschutz“-Zölle auf immer mehr Warengruppen ausdehnen.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: IHK DD, Oiger-Archiv, Europaparlament, EU-Kommission

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt