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Globalfoundries verdreifacht Kapazität in Dresdner Chipfabrik

Die Stromspar-Chips von Globalfoundries sollen eine Schlüsselrolle in der hochautomatisierten Fabrik der Zukunft und im "Internet der Dinge" spielen. Foto: Sven Döring, Globalfoundries

Blick in die Globalfoundries-Fabrik in Dresden. Foto: Sven Döring für Globalfoundries

US-Auftragsfertiger investiert auch ohne Ipcei-Sondersubventionen eine Milliarde Dollar in Sachsen

Dresden, 29. September 2022. Der Mikroelektronik-Auftragsfertiger Globalfoundries (GF) baut angesichts der großen Kundennachfrage die Produktionsanlagen in seinem Dresdner Chipfabrik auch ohne staatliche Sonderförderung aus. Das geht aus Erläuterungen von Konzernchef Thomas Caulfield, Standort-Chef Manfred Horstmann und weiteren Unternehmensvertretern zum GF-Technologiegipfel in Dresden hervor.

Konzernchef Thomas Caulfield beim "Globalfoundries Technology Summit" (GTS) in Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Konzernchef Thomas Caulfield beim „Globalfoundries Technology Summit“ (GTS) in Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Ende 2023 soll Dresdner Fab auf 850.000 Wafer pro Jahr kommen

Demnach investiert der US-Konzern von 2020 bis 2023 eine Milliarde Dollar (derzeit rund eine Milliarde Euro), um die Fertigungskapazität an seinem deutschen Standort bis Ende 2023 auf rund 850.000 Siliziumscheiben (Wafer) pro Jahr nahezu zu verdreifachen. Zum Vergleich: 2020 kam das Werk auf rund 300.000 Wafer der 300-Millimeter-Klasse. Deutsche Staatszuschüsse aus dem zweiten Mikroelektronik-Programm für „Wichtige Projekte von gemeinsamem europäischen Interesse“ (ME-Ipcei 2) spielen in der Ausbau-Kalkulation anscheinend keine Rolle (mehr). Größere bauliche Veränderungen oder allzu viele neue Jobs sind allerdings nicht geplant. Derzeit beschäftigt GF rund 3400 Menschen in Dresden.

Manfred Horstmann ist seit Oktober 2020 Geschäftsführer von Globalfoundries Dresden. Foto: GF Dresden

Manfred Horstmann ist Geschäftsführer von Globalfoundries Dresden. Foto: GF Dresden

Wachsendes Interesse an Stromspar-Schaltkreisen aus Dresden

Hintergrund: Hatte die sächsische Chipfabrik von GF nach der Umrüstung auf die sogenannte „FD-SOI“-Chiptechnologie („Fully Depleted Silicon on Insulator“) zunächst lange um Kunden und eine vernünftige Auslastung ringen müssen, hat sich diese Situation inzwischen umgedreht: Die Nachfrage steigt, die Fabrik ist stark ausgelastet. Denn die besonders stromsparende „FD-SOI“-Halbleitertechnik stößt mittlerweile auf wachsendes Interesse in der Industrie, insbesondere bei Autoherstellern. Denn für neue Autos mit Akku, Elektroantrieb und zahlreichen Fahrer-Assistenzsystemen fällt der Stromverbrauch der Bord-Elektronik immer mehr ins Gewicht und beeinflusst die Reichweite. Fabrikchef Horstmann rechnet damit, dass schon bald ein Fünftel der gesamten Produktionskapazität im Dresdner GF-Werk durch Auto-Chips ausgelastet sein werden – zum Beispiel Mikrokontrollbausteine für Motorsteuerungen und Fahrerassistenz-Systeme.

Vereinfachte Ansicht vom Aufbau eines klasissischen Transistors (links) und eines FD-SOI-Transistors. Grafik: hw

Vereinfachte Ansicht vom Aufbau eines klassischen Transistors (links) und eines FD-SOI-Transistors. Grafik: hw

Nachfrage vor allem aus Autosektor und Industrie

Außerdem hat die – nicht erst seit Corona – generell weltweit gestiegene Mikroelektronik-Nachfrage die Auftragsbücher bei Globalfoundries zuletzt gut gefüllt. Der Ukraine-Krieg, die Energiekrise und die sich anbahnende Rezession haben daran bisher kaum etwas geändert. Waren noch vor kurzem Smartphones, Rechnerwolken-Datenzentren und Konsumelektronik die großen Treiber für die Halbleiterwirtschaft, kommt die Nachfrage nun vor allem aus dem Automobilsektor und der allgemeinen Industrie – insbesondere von jenen Betrieben, die auf produktivitätssteigernde „Industrie 4.0“-Konzepte setzen.

Gesamter Konzernverbund soll bis 2025 um 50 % zulegen

GF-Chef Caulfield will daher die Gesamtkapazitäten im Konzernverbund von 2020 bis 2025 um 50 Prozent steigern. Das betrifft unter anderem die Standorte im französischen Crolles, in Dresden, in Malta bei New York, Singapur und Burlington. Das einst von IBM übernommene Werk in East Fishkill bei New York mit seinem speziellen Produktionsprofil will GF dagegen zum Jahresende an „ON Semiconductor” abstoßen.

STM-Fabrik in Crolles. Foto: STM

STM-Fabrik in Crolles. Foto: STM

Für Crolles sprachen Subventionen, französische Atomkraft und Partnerschaft

Konkret in Frankreich baut Globalfoundries demnächst gemeinsam mit dem Partner „ST Microelectronics“ und dank Subventionen aus Paris eine neue große Chipfabrik. Neben den staatlichen Beihilfen aus dem zweiten Mikroelektronik-Programm für „Wichtige Projekte von gemeinsamem europäischen Interesse“ (ME-Ipcei 2) und der Chance, alle Kosten und Risiken mit dem Partner STM zu teilen, spielte bei der Entscheidung für Crolles übrigens laut der Caulfield-Präsentation auch die „stabile und kostengünstige Energieversorgung durch das Netzwerk französischer Nuklearkraftwerke“ ein wesentliche Rolle. Insofern kann man nur vermuten, dass die schleppenden Ipcei-Entscheidungen und die hohen Energiekosten in Deutschland die Bereitschaft der Amerikaner etwas gedämpft haben mögen, in Dresden die Kapazitäten noch stärker auszubauen oder gar eine weitere Chipfabrik zu bauen.

Ipcei-Anträge konzentrieren sich

Aber dennoch investiert die Konzernspitze eben auch in Dresden. Auf Ipcei-2-Zuschläge wollten die Amerikaner jedoch hier offensichtlich nicht mehr weiter warten. Zwar hat GF auch in Deutschland staatliche Subventionen aus diesem Topf beantragt. Doch die konkreten Entscheidungen von Bund und EU schleppen sich schon seit geraumer Zeit dahin – ähnlich übrigens wie bei dem neuen „Chipgesetz“ der Europäischen Union. Genaue Angaben, für welche Vorhaben Globalfoundries nun eigentlich Ipcei-2-Sonderzuschüsse beantragt hat, macht das Unternehmen zwar nicht. Aber womöglich handelt es sich um ähnliche Projekte zum Ausbau des eigenen Chiptechnologie-Portefeuille, wie sie bereits im ersten Ipcei-Programm eine Rolle gespielt haben – nicht aber um Investitions-Subventionen wie seinerzeit beim Chipfabrik-Bau von Bosch in Dresden. Diese subventionierten Portefeuille-Projekte im Zuge von Ipcei 1 hatten und haben GF Dresden dem Vernehmen nach sehr geholfen, Kunden aus der Autoindustrie und weiteren Sektoren zu finden.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quelle: GF-Technologiegipfel 2022 in Dresden, Ausführungen von Caulfield, Horstmann u. a., Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt