IWS Dresden entwickelt neuartige Fügezangen, damit auch lokale Handwerker Leichtbau-Abfallfahrzeuge bauen und reparieren können.
Dresden, 27. Oktober 2020. Um die Nerven der Anwohner, die Stadtluft und die Umwelt zu schonen, liebäugeln viele Kommunen mit elektrischen Müllautos, die den Abfall in den Innenstadt-Kernen leise und abgasfrei entsorgen. Weil solche Fahrzeuge aber schwere Akkus oder Brennstoffzellen als Energiespeicher haben, sind hier einfache Leichtbautechnologien gefragt. Was heißt: Am besten wäre es, wenn die städtischen Handwerker solche Müllstromer selbst zusammenbauen und auch reparieren könnten. Deshalb hat das Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik (IWS) Dresden nun gemeinsam mit Partnern neuartige Laser-Fügezangen konstruiert, die Leichtbau zum Kinderspiel machen. Nun erwägen die Dresdner Ingenieurinnen eine Firmenausgründung, um ihre Superzangen zu vermarkten.
Projekt zielt auf neue Generation elektrischer Mülltransporter
Die Zangen sind ein Teil des Forschungsverbundes „Utilitas“ („Ultraleichte Aufbaustrukturen für Nutzfahrzeuge im kommunalen Servicebetrieb“), für den sich sechs mitteldeutsche Forschungseinrichtungen und Unternehmen zusammengetan hatten. Sie wollen gemeinsam aus Leichtmetallen und Faserverbundkunststoffen bessere Sammelbehälter konstruieren, die schwere Stahlaufbauten klassischer Müllwagen ersetzen und etwa ein Drittel leichter sind. „Diese neue Generation elektrischer Fahrzeuge wäre dann in der Lage, ähnlich viel Abfall pro Fahrt zu transportieren wie ein klassisches Klein-Müllfahrzeug“, betonte Fraunhofer-Ingenieurin Annett Klotzbach, die am IWS Dresden die Gruppe „Kleben und Faserverbundtechnik“ leitet.
Utilitas-Technologien soll Kleinserien rentabel machen
Letztlich sollen die „Utilitas“-Technologien den Städten auch helfen, ihre Umweltschutzziele mit lokal verfügbaren Ressourcen zu erfüllen. „Deshalb entwickelt der Verbund nicht nur den Behälter, sondern auch praxisnahe Fertigungstechnologien dazu“, betonte die Ingenieurin. „Wichtig ist dabei, dass man die neuen Aufbauten auch in Kleinserien rentabel bauen und in Werkstätten vor Ort zügig wieder reparieren kann.“
Laser und Hitze fügen Alu und Kunststoff zusammen wie verschraubt
Um dies zu ermöglichen, hat das Dresdner Team die die neuartige Fügetechnologie „HeatPressCool-integrativ“ (HPCi) eingesetzt. Dabei raut ein Laser zunächst die Alu-Bauteile für das elektrische Müllfahrzeug auf. Dabei entstehen Gräben im Metall, dünner als eine Stecknadel und nur etwa 200 Mikrometer tief. Dann presst das Werkzeug das Kunststoffbauteil an die Alustrebe und erwärmt das Metall kurz. Dabei schmilzt der Thermoplast auf der Aluminiumoberfläche, fließt in die lasergeformten Gräben und verankert sich dort beim Erkalten. Nach wenigen Sekunden sind Aluminium und Verbundkunststoff dauerhaft und fest verbunden – so als ob sie solide verschraubt seien.
Erklärvideo zur neuen Füge-Technologie (Video: Fraunhofer IWS):
Firmen-Ausgründung soll Serienproduktion der Superzangen übernehmen
Die neuen Fügezangen eignen sich auch für den Leichtbau in Flugzeugen, Eisenbahnen, Industriehallen und Schiffen, aber auch für die Produktion von Geschirrspülern und anderen Haushaltsgeräten. Für die Serienproduktion der Geräte, die etwa so groß wie eine Handbohrmaschine sind, will das Fraunhofer-Team demnächst ein Unternehmen ausgründen.
Beteiligt am Projekt „Utilitas“ sind sechs Partner: das Fraunhofer IWS Dresden, die Professur für Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung der TU Chemnitz, die Marko Pfaff & Co. Spezialfahrzeugbau GmbH, die Car Systems Scheil GmbH & Co. KG, die Profil Verbindungstechnik GmbH & Co. KG und die EBF Dresden GmbH.
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: Fraunhofer IWS, Interview Klotzbach
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